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Pala und die seltsame Verflüchtigung der Worte

Titel: Pala und die seltsame Verflüchtigung der Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Immer wenn so was passiert, entsteht ‘ne Stilblüte.«
    »So eine Blume da?«, vergewisserte sich Pala, während sie auf das üppig wuchernde Feld deutete.
    »Manche sind auch blau.«
    »Anscheinend kommen solche sprachlichen Unglücksfälle ziemlich häufig vor.« Kopfschüttelnd setzte sie ihren Marsch fort.
    Mehrmals entdeckte Pala am Feldrand weiße Blümchen, deren Krone aus winzigen Einzelblüten bestand und in der Mitte blutrot war. Wie ein Echo hallte in ihr der schon überwunden geglaubte Grimm. »Und was sind das für Blumen?«, fragte sie.
    Das Nuschel schüttelte sich angewidert. »Rühr sie niemals an! Sind Zornblumen. Sie vergiff’n das Herz.«
    Pala schluckte. »Ich werde es mir merken.«
    Nach einer Weile kamen sie an ein buntes Kürbisfeld. Genau genommen waren auch diese braunen, roten, blauen, gelben, manchmal tatsächlich auch grünen, gurkenartigen Gewächse nur Phantasiegebilde, doch Pala fehlte der rechte Antrieb sich nach dem Namen dieser mal runden, mal länglichen Früchte zu erkundigen. Sehr viel verlockender war da schon der See, den sie am Ende des Ackers sah. Schnell lief sie auf die schimmernde, auffallend glatte Wasserfläche zu und blieb erst stehen, als sie das Ufer erreicht hatte. Die bunten Pflanzen wucherten fast bis in den See hinein. Während ein hoch aufgeschossener Trieb Palas Ohr kitzelte, blickte sie nachdenklich auf das Wasser hinab. Es war flacher als jede Pfütze, der kleinste Kieselstein hätte sich darin wie eine Zwergeninsel ausgenommen.
    Nuschel sprang von ihrer Schulter und musterte aus nächster Nähe das geradezu gespenstisch ruhige Gewässer. Die weißen Haare am Hals des Zwerges standen ihm zu Berge und sein kleiner Körper zitterte vor Erregung.
    »Was ist das für ein See?«, fragte Pala argwöhnisch.
    »Das Platte Meer«, antwortete Nuschel furchtsam.
    »Hast du Meer gesagt?« Sie sah zu dem nahen Ufer auf der anderen Seite hinüber und seufzte. »Ich kann mir schon denken, warum es so heißt: Wenn man versucht hindurchzuwaten, wird man von einer tosenden Brandung verschluckt, und sollte man so dumm sein und herumlaufen wollen, dann wäre das eine lebenslange Wanderschaft.«
    »Stimmt genau.«
    »Na, herrlich!«, stöhnte Pala und schlug das Blatt neben ihrem Ohr wütend zur Seite. »Endlich wieder ein Rätsel!«
    Plötzlich hörte sie einen schrillen Schrei, fuhr erschrocken herum und sah Nuschel, an einer erstaunlich langen Zunge klebend, im Maul einer großen Kröte verschwinden.
    »Wage es ja nicht, du Kotzbrocken!«, rief Pala, bevor das Unkenbiest noch schlucken konnte.
    Ihr strenger Ton schien Wirkung zu zeigen: Das Tier verhielt sich abwartend. Es musste schon die ganze Zeit in dem Kürbisfeld gehockt haben. Niemals zuvor hatte Pala ein so riesiges Amphibienwesen gesehen. Die schlammfarbene Kröte war mindestens so groß wie ein Braunbär, übersät mit Warzen und offenbar mit einem gesunden Appetit gesegnet: Im Feld, zwischen niedergewalzten Pflanzen, lag ein gewaltiger Haufen Kürbisschalen.
    »Spuck sofort meinen Freund wieder aus!«, befahl Pala.
    Die große Kröte blickte sie schweigend aus kalten grünen Augen an und vergaß darüber ganz das Schlucken.
    Palas Sorge um Nuschel wuchs. Konnte die Riesenunke sie überhaupt verstehen? Drohend sagte sie: »Du wirst dir an diesem Happen den Magen verderben. Wir kommen nämlich gerade aus dem Wortsumpf und sind von ihm vergiftet worden. Schau mich nur an, ich spreche die Wahrheit.«
    Unvermittelt wurden die schlitzförmigen Pupillen der Kröte groß und rund. Dann spuckte sie das Nuschel mit einem schnalzenden Geräusch aus. Sich mehrfach überschlagend kullerte es über den Boden, bis es endlich liegen blieb. Pala starrte sorgenvoll auf den spindeldürren Körper – das Fell des Nuschels war schleimverklebt. Es rührte sich nicht. War es etwa tot?
    Mit einem Mal hob sich der winzige Brustkorb, ein tiefer Atemzug durchströmte seine Lungen und schon rappelte sich das Nuschel auf. Wie ein Blitz schoss es zu Pala hin, versteckte sich hinter ihren Beinen und rief von dort: »Kotzbrock’n, Kotzbrock’n…!«
    »Sag ihm, es soll schweigen, sonst fresse ich euch beide«, befahl die Kröte mit einer grollenden Stimme, die sich anhörte, als gehöre sie einer Matrone, die gerade mit einer Schubkarre voll Kieselsteine gegurgelt hatte.
    Um das sinnlose Risiko des Verschlucktwerdens auszuschalten, hieß Pala das Nuschel schweigen. Der klebrige Zwerg gehorchte aufs Wort.
    »Was willst du hier?«, fragte die

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