Paladin der Seelen
nicht die Letzten, sondern die Ersten, die sie unter ihren Willen zwang – ausgenommen Sordso.«
Wieder änderten sich die Stimme des Dämons und seine Sprechweise. »Sie hat mich ihrem Dämon ausgeliefert, als ich mich weigerte, einen quintarischen Bastard-Lord zu heiraten. Ihre Augen leuchteten vor Triumph, als sie es tat. Alles, alles muss genau so gemacht werden, wie sie es sagt, immer und überall, und bis in die kleinste Einzelheit. Nur für Sordso gilt das nicht, ihr goldenes Küken. Oh, wie mein Herz lacht, selbst noch in diesem lebenden Tod, wo ich weiß, dass sie schließlich auch meinen Bruder Sordso übernommen hat.« Cattis – Umerues – Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Ich habe ihn gewarnt, sich ihr zu widersetzen. Hat er zugehört? Natürlich nicht. Ha!«
»Cattilara meinte, du wurdest ausgeschickt, um Porifors zum Übertritt zu bewegen«, sagte Ista zu dem Dämon. »Daher auch die Einbeziehung der Kurtisane, nehme ich an …«
Illvins Gesichtsausdruck, auf der anderen Seite des Bettes, ließ vieles vermuten. Erinnerung spiegelte sich darin, aber auch Bedauern und Grauen. Ista fragte sich, ob diese halb verdauten Seelen im Laufe der Zeit alle in einer Persönlichkeit aufgingen oder für immer getrennt blieben.
»Wen solltet Ihr nach dem Befehl Eurer Mutter verführen? Illvin? Arhys?«, fragte Ista. »Oder beide?«
Ein versonnenes Lächeln zeigte sich auf den Umerue-Lippen. »Lord Illvin. Auf den ersten Blick war er hübsch. Aber dann haben wir Arhys gesehen. Warum den Zweitbesten wählen, den stellvertretenden Befehlshaber, mit all den verwickelten Intrigen zu Revolte und Machtergreifung, die folgen würden, wenn wir einfacher und angenehmer Porifors von der Spitze her in Besitz nehmen konnten?« Auf Ibranisch fügte sie hinzu: »Lord Arhys, ja«, und: »Arhys. Hm.« Dann, seufzend und ohne erkennbare Sprache: »Ah.«
»Wie es scheint, war die Entscheidung einstimmig«, murmelte Illvin trocken. »Das Dienstmädchen, die Prinzessin, die Kurtisane und ohne Zweifel auch der Gelehrte. Alle Feuer und Flamme, seit sie ihn das erste Mal gesehen haben. Ich frage mich, ob der Vogel vielleicht auch weiblich war? Dann wäre er gewiss auf seinem Finger gelandet. Und so wurde Joens Plan durcheinander gebracht von einer noch älteren Magie als der der Dämonen.« Er runzelte die Stirn, halb belustigt, halb schwermütig. »Zu meinem Glück.« Einen Augenblick drang seine tiefe Erschöpfung fast bis zur Oberfläche vor, als würde das Gewicht der ganzen Welt auf ihm lasten; dann funkelten seine dunklen Augen, und er richtete sich auf. »Wie wurde dieser Oberdämon aus seiner langen Gefangenschaft befreit? Ihr habt gesagt, Ihr wüsstet darüber Bescheid, Majestät?«
»Zumindest kann ich es erraten. Das ist der Zeitpunkt, erkennt Ihr das nicht? Vor drei Jahren, am Tag der Tochter, wurde der Todesfluch des Goldenen Heerführers von Chalion genommen, und von meiner Familie. All seine verstreuten, pervertierten Gottesgaben wurden eingesammelt und von den Göttern zurückgenommen, durch ihren auserwählten Heiligen. Und wenn an diesem Tag alles zurückgenommen wurde, so auch die Macht, die den Dämon eingekerkert hielt.«
Illvin tauschte einen Blick mit dy Cabon. Der Geistliche nickte nachdenklich.
Ista meinte grüblerisch: »Ich frage mich, ob Joen ihren Dämon schon zwei Dekaden früher erhalten hätte, wären Arvol, Ias und ich erfolgreich gewesen und hätten den Fluch bereits vor zwanzig Jahren aufgehoben. Und wer hätte dann die Vorherrschaft über Joens Körper gehabt?«
Dy Cabon schaute mit einem Ausdruck verhaltener theologischer Neugier auf Cattilara hinunter. » Ich frage mich, ob nicht derselbe roknarische Hexenmeister auch für den früheren Ausbruch von ungeformten Dämonen verantwortlich war, der Chalion zu Fonsas Zeiten heimsuchte …« Dann schüttelte er den Kopf, ließ sich nicht mehr durch historische Mutmaßungen ablenken. Immerhin standen sie derzeit einem Ausbruch gegenüber, der sehr viel drängender war.
Warum erzählt die Kreatur uns das alles?, fragte sich Ista. Um Furcht und Verwirrung in dieser kleinen Versammlung zu verbreiten? Um seine eigene Sorge auf andere zu übertragen? Sie schaute zu ihren Gefährten, sah Foix’ Gelassenheit, dy Cabons Nachdenklichkeit, Illvins kluge Aufmerksamkeit. Wenn das der Plan war, funktionierte er nicht. Aber vielleicht hatte der Dämon einfach nur so viel Menschlichkeit geraubt, dass er nun Gefallen daran fand, vor einer aufmerksamen
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