Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
ihr Lager auf, in einem Hain aus Walnussbäumen, gerade außerhalb der Schussweite von Armbrüsten oder Katapulten. Zelte wurden aufgestellt und Koppeln zum Festmachen der Pferde vorbereitet. Auf der entfernt liegenden Seite des Haines stellten Diener einige besonders große Zelte aus grünem Tuch auf. Mehrere dieser Männer trugen die Gewänder der Sänftenträger. Zur Linken im Tal rückte eine weitere Kolonne entlang des Flusses vor und bedrohte die Stadtmauern. Dahinter trieb ein Trupp Soldaten geplünderte Schafe und Vieh in die Arme ihrer Marketender – das künftige Abendessen.
    Ansonsten wirkte die Landschaft trügerisch friedlich – menschenleer, hoffte Ista. Nur ein paar Scheunen oder weit entfernte Nebengebäude schienen in Flammen zu stehen, vermutlich Schauplätze eines kurzen, verzweifelten Widerstands. Der Feind hatte die Felder nicht oder noch nicht in Brand gesteckt. Gingen sie etwa davon aus, diese Gegend bis zur Erntezeit fest in ihrem Besitz zu haben? Der dritte Heerzug bezog vermutlich Stellung hinter der Burg, entlang der Anhöhe.
    Die Zugbrücke war hochgezogen, die Tore der Burg geschlossen. Auf der anderen Seite der tiefen, wasserlosen Kluft, die unterhalb des Walles verlief, stand der Unterhändler der Jokoner, barhäuptig. Ein blauer Wimpel bezeichnete sein Amt und hing in der Nachmittagshitze schlaff vom Speer herab, den er in der Hand hielt. Flankiert wurde der Mann von zwei angespannten Wachen, die meergrüne Wappenröcke über ihre Rüstung trugen.
    Als der Unterhändler nach oben blickte, holte Ista scharf Luft. Es war der Offizier, der in dem aus Rauma zurückweichenden Stoßtrupp als Dolmetscher gedient hatte. War seine neue Verpflichtung eine Belohnung oder eine Strafe? Er bemerkte Ista nicht, denn sie stand halb hinter der Mauerkrone verborgen. Doch daran, wie seine Augen sich beunruhigt weiteten, war deutlich zu erkennen, dass er Arhys als den schwertschwingenden Verrückten erkannte, der ihm in jener Schlucht beinahe den Kopf abgeschlagen hätte. Arhys’ versteinerte Miene ließ keinen Schluss darauf zu, ob er dieses Erkennen erwiderte.
    Der Jokoner befeuchtete die Lippen und räusperte sich. »Ich komme unter dem Schutz der Parlamentärsflagge von Fürst Sordso zu Burg Porifors«, begann er in lautem, klarem Ibranisch. Er hielt den Schaft mit dem blauen Wimpel so, wie ein Mann einen Schild halten würde, und drückte das Ende ein wenig fester in den trockenen Boden zu seinen Füßen. Es galt als sehr unhöflich, einen Boten zu erschießen – die Art von Vergehen, die einem Offizier später kühlen Tadel von Kameraden und Befehlshabern einbrachte. Viel zu spät allerdings, aus der Sicht des Boten, um noch als Trost empfunden zu werden. »Dies sind die Forderungen des Fürsten von Jokona …«
    »Stört es Euch nicht, Viergläubiger«, unterbrach Arhys ihn mit weithin hörbarer Stimme, »dass Euer Fürst zu einem dämonenbesessenen Zauberer geworden ist? Solltet Ihr als gläubiger Mann ihn nicht eher verbrennen anstatt ihm zu gehorchen?«
    Die Wachen zeigten keine Regung. Ista fragte sich, ob sie eigens wegen ihrer fehlenden ibranischen Sprachkenntnisse ausgewählt worden waren. Doch der Ausdruck, der kurz auf dem Gesicht des Unterhändlers erschien, ließ erahnen, dass Arhys’ Worte ihn getroffen hatten. Dennoch gab er scharf zurück: »Man sagt, Ihr wärt schon seit drei Monaten tot. Stört es Eure Leute nicht, dass sie einem wandelnden Leichnam folgen?«
    »Kaum«, sagte Arhys. Er achtete nicht auf das leise Murmeln seiner Bogenschützen, die hinter ihm versammelt standen. Die Blicke, die sie tauschten, drückten die verschiedensten Empfindungen aus: Unglauben und Unruhe, Furcht und Begreifen. »Ich denke allerdings, dass es für Euch ein Problem darstellen könnte. Denn wie wollt Ihr mich töten? Selbst ein Zauberer dürfte da vor Schwierigkeiten stehen.«
    Mit sichtlicher Mühe zwang sich der Unterhändler dazu, wieder seine ursprünglich vorbereitete Rede vorzutragen. »Dies sind die Bedingungen des Fürsten von Jokona: Ihr werdet die Königinwitwe Ista unverzüglich ausliefern, als Faustpfand für die weitere Zusammenarbeit. Alle Offiziere und Soldaten Eurer Garnison werden die Waffen niederlegen und vor den Toren der Burg kapitulieren. Dann sollen Eure Leben verschont werden.«
    »Damit wir als Dämonenfutter zusammengetrieben werden?«, murmelte dy Cabon, der ein Stück weit entfernt auf dem Wehrgang kauerte und zwischen zwei Zinnen hindurchspähte. Unwillkürlich

Weitere Kostenlose Bücher