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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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indem er Cattis Augenbrauen hob. »Der alte Dämon ließ uns aus der Hölle mitgehen. Wir waren verwirrt und ohne Verstand, und sie band uns mit ihren Leinen, fütterte uns und bereitete uns vor …«
    »Fütterte euch? Wie?«, warf Illvin ein. Seine Stimme zitterte.
    »Mit Seelen. Daher kann sie so viele zu Felde führen: Sie gibt die Dämonen ab und lässt sie an anderen Seelen zehren, nicht an ihrer eigenen. Zuerst an Tieren, Dienern, Sklaven, Gefangenen. Als Joen dann mit den Feinheiten dieses Verfahrens vertraut geworden war, wählte sie die Opfer ganz bewusst nach ihrem Wissen oder ihren Talenten. Sie ließ uns in den Körpern, bis wir die Dinge vereinnahmt hatten, die sie uns wissen lassen wollte. Dann riss sie uns heraus. Und schließlich waren wir würdig, ihre besten Zauberer-Sklaven zu übernehmen. Würdig selbst für die Vereinigung mit einer Prinzessin! Wenn es nur eine hinreichend verachtete Prinzessin war.«
    »Goram«, meinte Illvin drängend. »War mein Knecht eines von diesen Opfern? Dämonenfutter?«
    »O ja! Er war ein Hauptmann der Reiterei aus Chalion, wenn ich mich recht entsinne. Aber kein Futter für uns. Uns gab sie zuerst einen Finken, dann das kleine Dienstmädchen, und dann einen Gelehrten aus Chalion, den Privatlehrer. Wir durften ihn ganz und gar auszehren. Er sollte sowieso hingerichtet werden, weil er dem Weg des Bastards folgte. Als Nächstes kam die jokonische Kurtisane an die Reihe. Sie kam besser mit dem Lehrer zurecht, als wir erwartet hätten. Vermutlich, weil sie sich beide gleichermaßen zu Männern hingezogen fühlten. Joen verachtete sie für genau das Geschick, das sie ihr rauben wollte – also ließ sie die Frau anschließend gehen.
    Lebend, doch ohne Verstand durfte sie ihr Glück auf der Straße probieren.«
    Dy Cabon und Illvin sahen gleichermaßen entsetzt aus. Foix’ Gesicht war beinahe ausdruckslos. Dy Cabon sagte: »Du meinst, Fürstin Joen reißt irgendwie die Dämonen aus ihrem Wirt, während dieser noch lebt ! Trennt sie von den Seelen ihrer Opfer, wie die Heilige von Rauma es getan hat?«
    Die Mundwinkel des Dämons hoben sich zu einem hässlichen Lächeln. »Ganz im Gegenteil! Joens Absicht ist es, die Seele und den Dämon zusammenzubringen, nicht, sie zu trennen. Wenn wir genug verzehrt haben, zieht sie uns heraus und reißt die Seele in Stücke. Sie nimmt mit, was wir brauchen; den Rest lässt sie als Abfall zurück. Der Vorgang ist gleichermaßen schmerzhaft für beide Seiten, wie wir euch versichern können. Aber es hilft wohl dabei, uns zu verunsichern und untertänig zu halten.«
    Ista wusste nicht, weshalb der Dämon sich plötzlich so mitteilsam zeigte. Aber sie war fest entschlossen, weiterzumachen, solange die Redseligkeit anhielt. »Der alte Dämon«, wiederholte sie. »Was bedeutet das?«
    »Äh. Joens Erbe«, entgegnete der Dämon. Ista fand, dass er nun mit der Stimme eines Gelehrten sprach, nüchtern und präzise. Sein Ibranisch besaß einen Akzent, der unverkennbar zu Zentralchalion gehörte und ganz anders war als Cattilaras weichere, nördliche Sprechweise. Und ebenso wenig sprach die junge Gräfin in derart abgezirkelten Sätzen: »Sollen wir euch die Geschichte des alten Dämons erzählen? Die Feinde unserer Feinde sind nicht unsere Freunde. Und doch, weshalb nicht? Wir wissen, was uns erwartet, und warum sollte es euch anders ergehen. Narren.«
    Er wartete, bis der Körper wieder Atemluft zum Sprechen besaß, und fuhr fort: »In den Tagen des Ruhmes für den Goldenen Feldherren, da schwärmten die Männer von den Inseln herbei auf der Suche nach einem Fortkommen an seinem Hof, oder nach der Beute auf seinen Schlachtfeldern. Unter denen, die kamen, war auch ein alter, sehr alter Zauberer. Auf den Inseln, unter den Gläubigen der Vielfalt der Götter, war er schon lange seiner dämonischen Magie nachgegangen, und er bewegte sich unauffällig und unentdeckt zwischen ihnen. Sein Dämon war noch älter als er und blickte auf Dutzende von Leben zurück. Das Chaos und die Verwirrung des bevorstehenden Krieges zogen sie an wie ein lockendes Parfüm. Aber das war ein gewaltiger Fehler, denn der Löwe von Roknar war ein Günstling des Vaters selbst, und viele Gaben der Götter waren ihm zuteil geworden, darunter auch die des zweiten Gesichts.
    Der alte Zauberer wurde entdeckt, angeklagt, verurteilt und verbrannt. Doch mit seinen gewaltigen angehäuften Fähigkeiten vollbrachte es der uralte Dämon, den sterbenden Wirt zu verlassen. Er entzog sich

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