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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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angenehm; es war die beste Jahreszeit für eine Reise. Der Duft von Feldthymian und Salbei erfüllte die warme Nachmittagsluft.
    Der Geruch von Blut, Schweiß und Stahl würde sie alle noch früh genug einholen.
    Der Weg wurde breiter und verlief um einen bewaldeten Abhang herum, ehe er wieder in ein Tal führte. Ferda und dy Cabon ritten vorneweg, gefolgt von Foix und einer der jungen Wachen. Liss ritt dicht hinter Ista, und der Rest folgte hinterdrein.
    Ista spürte es zuerst, als eine Woge des Gefühls: eine verwirrte Bedrohung; Schmerz und Verzweiflung; eine furchtbare und erstickende Enge. Im nächsten Augenblick setzte ihr Pferd die vier Beine stocksteif auf den Boden, hielt abrupt an, blieb zitternd stehend, riss ruckartig den Kopf empor und schnaubte.
    Aus dem Schatten der Bäume brach ein Bär hervor. Sein wuchtiger Schulterkamm ragte hoch über seinen gesenkten Kopf, und sein bronzefarbenes Fell kräuselte sich wie Wasser im Schein der tief stehenden Sonne. Für eine solch massige und kurzbeinige Kreatur bewegte er sich unglaublich schnell, und sein Knurren schnitt durch die Luft wie eine Säge.
    Sämtliche Pferde und Maultiere bäumten sich auf und drohten durchzugehen. Der junge Krieger vor Ista – Pejar war sein Name – stürzte nach links, als sein erschrockenes Reittier nach rechts ausbrach. Ista sah nicht mehr, wie Pejar zu Boden prallte, denn inzwischen hatte sie mit ihrem eigenen Pferd zu kämpfen, das einen schrillen Schrei ausstieß und auf die Hinterhand stieg. Zu spät versuchte Ista, die Zügel zu verkürzen und nach der Mähne zu greifen. Der Sattelknopf schlug ihr hart in den Leib, und der Sattel wurde unter ihr weggerissen; dann wirbelte ihr der Boden entgegen. Der Aufprall verschlug ihr beinahe den Atem. Benommen richtete sie sich auf und schnappte nach einem umherschlagenden Zügel, verfehlte ihn jedoch.
    Inzwischen galoppierten die Pferde in alle Richtungen auseinander, und die wütenden Reiter rissen an den Zügeln und versuchten verzweifelt, die Tiere wieder unter Kontrolle zu bringen. Pejars Pferd war mit leerem Sattel über die Straße galoppiert und hatte sich schon weit entfernt; Istas Reittier folgte ihm, buckelte dabei und trat aus. Der junge Mann lag auf dem Boden und starrte entsetzt auf den Bären, der geifernd über ihm aufragte. War das Tier tollwütig, dass es auf diese Weise angriff? Die Bären in den Bergen waren in aller Regel scheu und gingen Menschen aus dem Weg. Und dieses Tier war keine Mutter, die ihre Jungen verteidigte. Es war ein ausgewachsenes Männchen.
    Es ist kein Bär!
    Atemlos und fasziniert, stolperte Ista näher heran. Trotz des anfänglichen Eindrucks von beängstigender Kraft war der Bär schwächlich und krank. Aus der Nähe war zu erkennen, dass der Pelz räudig war und in großen Büscheln ausfiel. Das Tier war von gewaltigem Körperbau, doch seine Muskeln wirkten ausgezehrt. Er bewegte sich auf zittrigen Beinen und schaute nun zu Ista empor, als wäre er von ihr ebenso fasziniert wie sie von ihm.
    Sie hatte den Eindruck, dass die Essenz seines Wesens, seine Bärenhaftigkeit, von innen heraus verzehrt wurde. In den Augen, die ihren Blick erwiderten, glühte eine Intelligenz, die nichts mit dem Verstand eines Tieres zu tun hatte. Ein Dämon hat von ihm Besitz ergriffen und ihn fast schon verschlungen. Und nun braucht er einen neuen Wirt.
    »Wie kannst du es wagen«, stieß Ista zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du gehörst nicht in diese Welt, Dämon. Geh zurück zu deinem verfluchten Herrn.«
    Sie hielten einander mit Blicken fest. Ista trat näher heran. Der Bär wich vor dem leichenblassen Jüngling am Boden zurück. Ein weiterer Schritt. Und noch einer. Der Bären-Dämon drückte den Kopf bis fast zum Boden herab. Seine Augen waren weit aufgerissen und weiß umrandet. Er schnüffelte und wich ängstlich immer weiter zurück.
    »Ich komme, Majestät!« Mit einem atemlosen Ruf erschien Foix am Rande von Istas Blickfeld. Sein Mantel bauschte sich, und er führte sein Breitschwert in einem kraftvollen Bogen, legte seine ganze Kraft in den Schlag. Seine Lippen waren verzerrt und entblößten die zusammengebissenen Zähne.
    »Foix, nein!«, rief Ista. Doch es war zu spät.
    Mit einem einzigen Schlag trennte die schwere Klinge dem Bären den Kopf von den Schultern und bohrte sich in die Erde darunter. Ein Blutschwall schoss aus dem Hals der Kreatur, und der Kopf rollte über den Boden davon. Eine der Vorderpranken zuckte; dann fiel der

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