Paladin der Seelen
sich beinahe darüber, wieder auf dem Pferd zu sitzen. Beinahe.
Nachdem Ista im blütengeschmückten Eingangshof vom Pferd gestiegen war, machte Lady Cattilara behutsam die Andeutung, dass eine Dame im Alter der Königin womöglich ein Nachmittagsschläfchen zu schätzen wüsste. Ista überlegte gerade, ob sie beleidigt sein oder sich freuen sollte, als ein Jauchzer von dem sich schließenden Tor her ertönte. »Ho, Burg Porifors! Kurier von Burg Oby!«
Bei der vertrauten, übermütigen Stimme wirbelte Ista auf den Fersen herum. Auf einem schaumbedeckten hellbraunen Klepper ritt Liss auf den Hof. Sie trug ihren Wappenrock mit der Burg und dem Leoparden und hielt eine der amtlichen ledernen Botentaschen, deren Wachssiegel an den Schnüren tanzten. Ihr Hemd unter dem Wappenrock war so schweißnass wie das Pferd, und auf ihrem sonnenverbrannten Gesicht spiegelte sich Erstaunen, als sie sich umblickte und die vielen Kübel mit den bunten Blumen und dem frischen Grün erblickte.
»Liss!«, rief Ista erfreut.
»Ha, Majestät! Ihr seid tatsächlich hier!« Liss schüttelte die Steigbügel ab, schwang ein Bein über den Hals des Pferdes und sprang zu Boden. Grinsend kniete sie zu Istas Füßen nieder wie ein Höfling. Ista fasste sie an den Händen und zog sie hoch. Beinahe hätte sie Liss umarmt.
»Wie kommst du hierher, auf diesem Pferd – hat Ferda dich gefunden?«
»Das Pferd ist eine ziemlich lahme Schnecke. Und Ferda? Ist Ferda in Sicherheit? He, Pejar!«
Der Ritter an Istas Seite grinste breit. »Der Tochter sei Dank, du hast es geschafft!«
»Wenn die Geschichten, die ich gehört habe, wahr sind, wart ihr alle schlimmer dran, als ich es je gewesen bin!«
Ista sagte besorgt: »Ferda ist vor nicht einmal drei Stunden aufgebrochen – du musst ihm auf der Straße nach Tolnoxo begegnet sein, nicht wahr?«
Liss runzelte die Stirn. »Ich bin über die Straße von Oby gekommen.«
»Aber wie bist du … na, komm, setz dich erst einmal zu mir und erzähl mir alles! Wie ich dein Striegeln und deine Fürsorge vermisst habe!«
»Ja, liebste Königin, aber erst einmal muss ich meine Briefe übergeben, denn heute bin ich wieder Kurier. Dann muss ich mich um das Tier kümmern. Es gehört mir nicht, den fünf Göttern sei’s gedankt! Es gehört der Kurierstation auf halbem Weg zwischen hier und Oby. Ich wäre übrigens auch für einen Eimer Wasser dankbar.«
Ista winkte Pejar, und dieser nickte und lief los.
Cattilara und ihre Damen schlenderten herbei. Die Gräfin lächelte das Kuriermädchen verwirrt an und wandte sich dann fragend an Ista: »Majestät …?«
»Das ist meine treue und tapfere königliche Zofe Annaliss aus Labra. Liss, begrüße Lady Cattilara dy Lutez, Gräfin von Porifors, und ihre Damen …« Ista ging Cattilaras Damen der Rangfolge nach durch. Diese blickten das Kuriermädchen mit großen Augen an, während Liss die Vorstellungen mit einer Abfolge von freundlichen kleinen Verneigungen begleitete.
Pejar stürzte mit einem überschwappenden Eimer Wasser herbei. Liss griff danach und steckte den Kopf hinein. Mit einem erleichterten Seufzer zog sie ihn wieder heraus, dass ihr nasser schwarzer Zopf in einem Bogen Wassertropfen durch die Luft schleuderte. Fast hätten sie Cattilaras zurückweichende Damen getroffen. »Ah! So ist es schon besser. Bei den fünf Göttern, Caribastos ist in dieser Jahreszeit ein heißes Land.« Sie ging mit dem Eimer zum Pferd und klopfte dem Tier den Hals.
Als das Pferd herandrängte, um an das Wasser zu gelangen, sagte Pejar eifrig: »Wir waren uns sicher, dass du das Dorf an der Kreuzung gewarnt haben musst, aber wir hatten keine Ahnung, wohin du anschließend geritten bist.«
»Als ich ins Dorf kam, war mein Kurierpferd am Ende, aber mein Wappenrock und mein Kurierstab haben die Leute bewogen, mir ein anderes Tier zu leihen. Es waren keine Krieger bei ihnen, um die Jokoner zu bekämpfen, also bin ich so schnell nach Osten geritten, wie ich den armen, schnaubenden Ackergaul nur antreiben konnte. Blieben die Dorfbewohner vor Schaden bewahrt?«
»Als wir kurz vor Sonnenuntergang dort angekommen sind, waren sie alle geflohen«, sagte Pejar.
»Ah, gut. Nun, gleich nach Sonnenuntergang am gleichen Abend erreichte ich eine Kurierstation an der Hauptstraße nach Maradi. Ich konnte die Leute dort überzeugen, dass ich nicht von Sinnen bin, und sie haben die Jagd eröffnet. Glaubte ich zumindest. Ich habe dort geschlafen und bin am nächsten Morgen gemächlicher nach
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