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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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»Wenn meine Zofe ihr Pferd versorgt hat, wird sie dringend ein Bad benötigen, so wie ich bei meiner Ankunft. Und eine Leihgabe an Kleidung, wenn es recht ist. Ihre Sachen wurden wie die meinen von den Jokonern gestohlen.« Tatsächlich hatte Liss ihre äußerst dürftige Garderobe hauptsächlich in ihren Satteltaschen gehabt. Ista vermutete jedoch, dass Cattilaras Damen ihre Nase nicht nur so hoch trugen, um dem Geruch nach Pferd und Schweiß zu entgehen, den das niedrig geborene und hoch gestimmte Kuriermädchen verströmte.
    »Und was zu futtern bitte, liebste Königin«, rief Liss über die Schulter.
    »Das Essen soll deines Rittes würdig sein. Ein Ritt, dessen Ruhm mit meinem nächsten Brief selbst Cardegoss erreichen wird«, versprach Ista.
    »Solange es schnell da ist, könnt Ihr auftragen, was Ihr wollt!«
     
    Liss blieb lange in den Ställen, schließlich aber stellte sie sich in Istas neuen Gemächern vor. Cattilaras Damen, die Töchter örtlicher Landadliger, hatten sich beinahe überschlagen für die Ehre, der Königinwitwe zu Diensten zu sein. Liss war da wohl eher eine lästige Pflicht, der sie sehr viel weniger eifrig nachkamen. Doch Liss bekam ihr Bad, unter Istas strenger Aufsicht. Zwischendurch schnappte sie sich immer wieder Bissen von einem Tablett mit Brot und Oliven, Käse und getrockneten Früchten, und kippte einen Becher lauwarmen Kräutertee nach dem anderen hinunter. Ihre stinkende Reitkleidung wurde von den Dienern mitgenommen, um erst einmal gründlich gewaschen zu werden.
    Cattilaras abgelegte Kleider passten viel besser zu Liss’ Größe und Alter als zu Istas, auch wenn sie im Brustbereich ein wenig zu großzügig für Liss geschnitten waren. Sie lachte vor Vergnügen und wedelte mit einem der hängenden, hauchdünnen Ärmel, und Ista lächelte über die Freude und Ausgelassenheit des Kuriermädchens.
    Noch jemand nahm Liss’ Anwesenheit mit ungetrübter Freude zur Kenntnis: die heilkundige Akolythin, die nun endlich die Gelegenheit erhielt, zu ihrem vernachlässigten Platz im Tempel und zu ihrer Familie zurückzukehren. Liss war noch nicht ganz trocken, da hatte die Akolythin schon ihre Anleitung beendet, wie Ista Verletzungen zu behandeln seien, hatte ihr einen Vorrat an Verbänden und Salben übergeben, ihre Sachen eingesammelt, eine angemessene Entlohnung von Ista eingesteckt und war nach Hause geeilt.
     
    An diesem Nachmittag wurde das Abendessen in einem kleineren Saal eingenommen, der an den Innenhof mit dem sternförmigen Brunnen grenzte. Es stellte sich heraus, dass es diesmal eine fast ausschließlich weibliche Versammlung war, unter Lady Cattilaras Vorsitz. Diesmal wurde kein Stuhl rituell freigehalten.
    »Nimmt Lord Arhys heute nichts zu sich?«, fragte Ista, als sie ihren Platz zur Rechten der Gräfin einnahm. Oder sonst irgendwann? »Ich nehme an, sein Wechselfieber bereitet Euch Sorgen.«
    »Nicht annähernd so große Sorgen wie seine militärischen Verpflichtungen«, erwiderte Lady Cattilara mit einem Seufzer. »Er ist mit einigen seiner Männer zu einer Patrouille entlang der Nordgrenze aufgebrochen. Bis zu seiner Rückkehr muss ich mit der Angst leben. Wann immer er ausreitet, leide ich Todesqualen vor Sorge um ihn, obwohl ich mir nichts anmerken lasse. Doch sollte ihm jemals etwas passieren … Ich glaube, ich würde verrückt.« Sie nahm einen Schluck Wein und hielt den Becher grüßend zu Ista hoch. » Ihr werdet das verstehen, da bin ich sicher. Ich wünschte, ich könnte ihn ständig an meiner Seite halten.«
    »Sind seine großartigen Fertigkeiten im Kampf nicht Teil seiner Anziehungskraft?« Die zugegeben erschreckend war. »Fesselt ihn, und Ihr löscht vielleicht gerade das aus, was Ihr an ihm bewundert – in dem Versuch, es zu bewahren.«
    »O nein«, stellte Lady Cattilara fest. Sie stritt den Einwand zwar ab, antwortete aber nicht darauf, wie Ista bemerkte. »Ich halte ihn dazu an, mir jeden Tag zu schreiben, wenn er unterwegs ist. Wenn er es einmal vergäße, wäre ich ziemlich wütend auf ihn.« Ihre Mundwinkel hoben sich, und ein Lachen lag in ihren Augen. »Zumindest für eine ganze Stunde! Aber er vergisst es nicht. Wie auch immer, vor Einbruch der Dunkelheit sollte er zurück sein. Ich werde vom Nordturm aus nach ihm Ausschau halten. Und wenn ich dann sein Pferd sehe, wird mein Herz nicht mehr schwer sein, sondern tausend Mal in der Minute schlagen!« Ihr Gesicht wurde weich vor Vorfreude.
    Ista nahm einen großen Bissen Brot.
    Das Essen war

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