Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
packte.
»Entschuldigung, Sir«, sagte Will kleinlaut. »Ich leide noch immer unter der Zeitverschiebung. Konnte nicht schlafen.«
»Kein Problem. Da fällt mir ein: Dr. Robbins lässt fragen, ob du dich mit deinen Eltern in Verbindung gesetzt hast. Wegen der medizinischen Unterlagen und diesen zusätzlichen Untersuchungen.«
»Ja«, bestätigte Will, krümmte sich aber innerlich. »Wir haben gestern Abend telefoniert. Sie schicken die Sachen mit der Post. Und sie haben keine Einwände gegen weitere Tests.«
»Ausgezeichnet«, freute McBride sich.
Als sie gemeinsam den Raum verließen, beschloss Will, Mc-Bride zu vertrauen und ihn einfach zu fragen: »Sir, wissen Sie irgendetwas über … geheime Gesellschaften oder Bünde, hier an der Schule?«
Verwundert blieb der Lehrer auf dem Gang stehen. »Wieso fragst du das, Will?«
»Ich habe da so ein Gerücht gehört. Über eine Gruppe, die sich die Ritter Karls des Großen nennt.«
McBride nickte. »Also, ich kann mich zwar nicht an eine Gruppe mit diesem Namen erinnern, aber du könntest es in der Archer Library versuchen. Sie besitzt ein großes Archiv über die Geschichte der Schule.«
»Danke, das ist eine gute Idee«, meinte Will.
»Gewöhne dich übers Wochenende ein«, sagte McBride und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Und versuch, etwas Schlaf nachzuholen.« Erneut zwinkerte er Will zu.
Will sah ihm nach, wie er davonhumpelte und trotz seiner kaputten Knie Haltung bewahrte.
Verdammt. Die medizinischen Unterlagen habe ich völlig vergessen . Das war ein Problem. Aber er wusste bereits, wie er es lösen konnte.
»Hi, Nando, hier ist Will. Passt es gerade?«
»Hi, Will. Ja, ich hab Zeit.«
Will hatte sich im Bad eingeschlossen und flüsterte in sein Handy. »Ich hab mir Sorgen gemacht, als du dich gestern nicht mehr gemeldet hast. Die Schwarzkappen sind doch direkt auf dich zugekommen.«
»Alles cool, Bruder. Freddie und ich haben sie abgehängt. Bin gestern Abend zurück nach Ojai gefahren. Muss wieder malochen, meinen Taxi-Job machen. Was gibt's?«
»Hier im Krankenhaus braucht man ein paar medizinische Unterlagen von meinem Dad und wir glauben, sie sind in unserem Haus. Meinst du, du könntest da mal vorbeifahren und sie holen, wenn die Luft rein ist?«
»Klar.«
»Wir haben einen Schlüssel bei der Hintertür deponiert. Lass uns telefonieren, wenn du da bist, dann sage ich dir, wo du nachsehen musst.« Vor Wills innerem Auge erschien ihr Haus in Ojai. Seit seiner Abreise waren erst drei Tage vergangen, aber sie kamen ihm vor wie drei Monate. Diese Version von ihm selbst – Will West 1.0 – schien erschreckend veraltet zu sein.
»Wenn du Empfang hast, werde ich versuchen, dir ein Video zu streamen«, sagte Nando.
»Super Idee«, flüsterte Will begeistert. »Ich werde dafür sorgen.« Dann beendete er das Gespräch und kehrte in sein Zimmer zurück, um sich auf seinen letzten Kurs an diesem Tag vorzubereiten. Die Gestalt auf seinem Tablet war weiter gewachsen, wie eine Skulptur, die aus einem Gesteinsblock gemeißelt wurde. Sie besaß mittlerweile schon Haare – in der richtigen Farbe und Länge – und mit jeder Sekunde, die verging, bildeten sich die Muskeln deutlicher heraus.
Noch ein paar Stunden und aus diesem kleinem Menschlein ist mein Double entstanden .
Will schob den Schreibtisch ein Stück zur Seite und öffnete das Geheimversteck. Als er das Handy hineinlegte, bemerkte er, dass sich der Hohlraum unter den Dielen ein paar Zentimeter in Richtung Wand erstreckte. Er fuhr mit der Hand hinein und tastete den Boden ab. Erst als er das Handgelenk drehte, um die Unterseite der Dielen abzutasten, stieß er auf einen eckigen Gegenstand, der mit einem Stück Klebeband am Holz befestigt war. Er riss das Band ab und holte den Gegenstand hervor.
Es handelte sich um ein kleines Stück Metall, so lang und etwa halb so breit wie ein Dominostein. Genau in dem Moment, in dem Will die lose Bodendiele wieder über die Öffnung schob und den Schreibtisch an seinen Platz rückte, klingelte das schwarze Telefon. Erschrocken zuckte er zusammen und antwortete beim zweiten Klingeln.
»Will, hier ist Dr. Robbins«, meldete sich die Psychologin forsch. »Mr McBride hat mir gesagt, dass du die Erlaubnis deiner Eltern für die Untersuchungen hast.«
»Ja, das ist richtig.«
»Sehr gut. Dr. Kujawa möchte dich gern morgen früh sehen. Da Samstag ist, verpasst du keinen Unterricht. Komm bitte um acht Uhr in die Klinik, okay?«
»Okay.«
»Schön.
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