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Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)

Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)

Titel: Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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zwei Finger hoch und sagte etwas, das Will nicht hören konnte. Aber er verstand es auch so: »Das macht zwei.«
    Dann schüttelte Dave kurz den Kopf und rauschte hinauf in die Wolken, als sei er von einer Kanone abgeschossen worden, immer höher, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Will zog die Blende vor sein Fenster, schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, er sei jemand anderes und woanders.
    Irgendjemand, irgendwo.
    Er hatte den runden Aufnäher hinten auf Daves Jacke gut erkennen können und versuchte, seinen Geist zu beruhigen, indem er sich das Bild in Erinnerung rief. Drei Dinge waren in dem Kreis abgebildet: Bei dem Tier, dessen Umriss er gesehen hatte, handelte es sich um ein rotes Riesenkänguru. Daneben befand sich die Zeichnung eines Ritterhelms und schließlich die Silhouette eines Hubschraubers. Darüber stand das Wort ANZAC .
    Und obwohl Will sie nicht sehen konnte, spürte er, dass dieses Mädchen ihn noch immer anschaute. Aus dem Inneren seines Geistes. Ihre eindringlichen Augen stellten ihm eine stumme Frage:
    Bist du Erwacht?

DAN MCBRIDE
    Vierzig Minuten später landeten sie ohne weitere Zwischenfälle in Denver. Keiner der Passagiere sagte ein Wort, während sie zum Ausgang schlurften, alle waren dankbar, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Wills Anschlussflug hatte wegen des Gewitters eine Stunde Verspätung. Das gab ihm Zeit, seine Spuren zu verwischen.
    Bei einer anderen Fluglinie fand er einen fast unbesetzten Mitternachtsflug nach Phoenix. Er reichte der übermüdeten Frau am Schalter seine Bordkarte nach Chicago und schob ihr ein Bild in den Kopf – von einer Bordkarte für den Flug nach Phoenix. Dann schickte er ihr eines mit seinem Namen auf der Passagierliste im Computer. Die Frau checkte ihn ein und Will schlenderte davon.
    Bevor er an Bord der Maschine nach Chicago ging, wiederholte er den Vorgang kurz darauf – allerdings in umgekehrter Richtung: Die Mitarbeiterin entfernte seinen Namen von der Liste. »Bilder schieben« wurde immer einfacher; dieses Mal war er danach zwar müde, aber nicht völlig ausgelaugt. Als er auf seinem Platz saß, setzte er die Sonnenbrille auf und sondierte das Flugzeug. Keine Gefahr. Mit etwas Glück würden seine Verfolger glauben, dass er den Flug nach Phoenix genommen hatte.
    Will war so erschöpft, dass er innerhalb weniger Minuten in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel. Er wachte erst mehrere Stunden später wieder auf, als die Maschine sich im Anflug auf Chicago befand und der Pilot das Fahrgestell ausfuhr.
    Es war 05.45 Uhr, als Will das leere Terminal des O'Hare Airport in Chicago betrat.
    An der Gepäckausgabe hielt ein älterer, weißhaariger Mann ein Schild hoch, auf dem in Druckbuchstaben MR WEST stand. Als er Will entdeckte, winkte er und kam auf ihn zu. »Du musst Will sein«, sagte er.
    »Ja, Sir.«
    »Dan McBride vom Center. Ich bin ein Kollege von Dr. Robbins. Es ist mir eine Freude, dich kennenzulernen.« McBride schaute Will freundlich und wohlwollend in die Augen. Er war über 1,80 Meter groß, aufrecht und agil. Sein rötliches Gesicht sah so wettergegerbt und faltig aus wie das eines Mannes in den Siebzigern, aber der Schwung, mit dem er sich bewegte, passte eher zu jemandem, der nur halb so alt war. Sein Händedruck war so fest, dass es wehtat.
    Will drückte ebenso entschlossen zu, damit er nicht vor Schmerz zusammenzuckte.
    »Darf ich deine Tasche nehmen? Wartest du noch auf weiteres Gepäck?«
    »Nein, Sir, das ist alles«, antwortete Will und reichte ihm seine Reisetasche.
    »Dann können wir ja gehen. Der Wagen steht gleich da drüben.« McBride deutete auf die Tür und ging voran. Es war nicht zu übersehen, dass er hinkte – ein Problem mit den Knien oder der Hüfte –, aber er stapfte so energisch zum Ausgang, als betrachtete er körperliche Schmerzen nur als kleine Unannehmlichkeit. Will hörte den für Neuengland typischen Akzent in seiner knappen und präzisen Ausdrucksweise heraus. »Wie geht es dir?«, erkundigte McBride sich, als würde es ihn wirklich interessieren. »Anstrengende Nacht gehabt?«
    »Sieht man das?«
    »Ich wette, die meisten Passagiere waren Geschäftsreisende auf dem Weg zur nächsten Besprechung. Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt wie ein verknöcherter alter Akademiker klinge, aber für mich sind solche Nachtflüge ein Symbol dafür, dass die Anbetung des schnöden Mammons uns dazu gebracht hat, unserer eigenen Menschenwürde mit äußerster Geringschätzung zu

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