Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
würzige, süßliche Rauch von Rourkes Tabak erfüllten die Luft. Will bekam keine Luft mehr.
»Ich bin der dritte Direktor in der Geschichte des Centers. Diese Rede habe ich fünfzehn Mal gehalten. Es ist die gleiche, die Tom Greenwood vor fast einhundert Jahren vor seiner Gründungsklasse und den anderen dreiundvierzig Klassen hielt, die er danach willkommen hieß. Genau wie sein Sohn Franklin, der nach ihm achtunddreißig Jahre lang Direktor war.«
»Beeindruckend«, meinte Will.
»Ich stelle mir manchmal vor, wie Dr. Greenwood damals in einer warmen Sommernacht allein hier draußen gestanden hat. Wie er zu den Sternen schaute und seinen Träumen von diesem kühnen Experiment nachhing, das er in die Welt gebracht hatte. Genau hier, mitten im Landesinneren, am Rand der Prärie. Als unser Land selbst kurz davor stand, sein eigenes Potenzial zu erkennen. Welch perfekter Ort zum Träumen.«
Welch perfekter Ort zum Sterben, dachte Will.
Mit diesem Gedanken kippte er bewusstlos nach vorn und landete mit dem Gesicht auf dem transparenten Boden.
BROOKE SPRINGER
Will hörte leise klassische Musik und dann Geflüster. Er öffnete die Augen und fand sich auf einem Bett in einem schwach erleuchteten Raum wieder. Weiße und graue Flächen wurden erkennbar, als er seine Umgebung allmählich schärfer sah.
»Er ist wach«, sagte jemand.
Dan McBride saß an seinem Bett und betrachtete ihn mit sanftem, besorgtem Blick. Lillian Robbins trat einen Augenblick später zu ihm. Eine junge Krankenschwester in einer weißen Uniform erschien auf der anderen Seite des Betts.
»Wo bin ich?«, fragte Will.
»Auf der Krankenstation«, erklärte McBride. »Du hast uns einen ganz schönen Schreck eingejagt, junger Mann.«
»Wie fühlst du dich?«, erkundigte sich Dr. Robbins.
Ein stechender Schmerz fuhr durch Wills Kopf, als er sich zu bewegen versuchte. Er fasste sich mit der Hand an die linke Schläfe, dort, wo es am meisten wehtat, und ertastete einen dicken Verband. Ein Clip an seinem linken Zeigefinger war mit einem Pulsfrequenzmonitor verbunden, den die Schwester jetzt kontrollierte.
»Ganz okay, glaube ich. Was ist passiert?«, fragte er.
»Eine Abwehrreaktion auf den Infinity Room«, sagte McBride. »Du bist ohnmächtig geworden und hast dir beim Sturz den Kopf aufgeschlagen. Die Wunde musste mit sechs Stichen genäht werden.«
Will bemerkte ein kleines Pflaster in seiner rechten Armbeuge. »Was ist das?«
»Wir haben dir Blut abgenommen, um ein paar Untersuchungen durchzuführen«, erläuterte Robbins. »Nur zur Sicherheit.«
»Wenn es dich tröstet, kann ich dir sagen, dass du nicht der erste neue Schüler bist, der in diesem Raum unter Reizüberflutung gelitten hat. Und ich selbst habe schon seit Jahren keinen Fuß mehr hineingesetzt.«
»Dr. Rourke lässt ausrichten, dass es ihm sehr leidtut«, teilte Robbins ihm mit.
Will schloss die Augen gegen den Schmerz. »Wie lange war ich bewusstlos?«
»Ungefähr zwanzig Minuten«, sagte Robbins. »Dr. Rourke hat dich selbst hierhergefahren.«
»Wie lange muss ich hierbleiben?«
»Bis sie alles überprüft haben«, meinte McBride. »Und heute wird nicht mehr Rugby gespielt, junger Mann.«
Der Vorhang vor Wills Bett wurde zur Seite gerissen und eine weibliche Stimme sagte spöttisch: »Aber ein Preis des Theater-Clubs ist dir auf jeden Fall sicher.« Ein Mädchen in Wills Alter, gekleidet in Rock und Bluse der Schuluniform, hielt den Vorhang in der Hand. Sie war schlank und sportlich und hatte schulterlanges, leicht lockiges weizenblondes Haar und kornblumenblaue Augen. Ihr verschmitztes Lächeln passte nicht so recht zu den feinen Zügen ihres sommersprossigen Gesichts. »Für die theatralischste Neuaufnahme aller Zeiten«, fügte sie hinzu. »Den Direktor von Kopf bis Fuß vollzubluten, sorgt garantiert für allgemeine Aufmerksamkeit.«
Meine hat sie definitiv, dachte Will.
»Will, das ist Brooke Springer«, stellte Dr. Robbins sie vor. »Brooke ist für die ersten Tage deine Ansprechperson.«
»Sie führt dich herum und hilft dir, dich einzugewöhnen«, ergänzte McBride.
»Sie geben mir immer die hoffnungslosen Fälle«, frotzelte Brooke mit zuckersüßem Lächeln.
»Es geht mir schon viel besser«, behauptete Will. »Werde ich eine Narbe zurückbehalten?«
»Von deiner Verletzung oder davon, dass du mit mir Zeit verbringst?«, hakte Brooke nach.
»Vermutlich kann ich mir hier jederzeit weitere Wunden versorgen lassen.«
Brooke kicherte.
Gutes Zeichen,
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