Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
wurde gestohlen«, verriet sie mit gedämpfter Stimme. »Unterlagen und zwei Computer. Im Moment durchforstet die Polizei sein ganzes Büro, um zu sehen, was sonst noch fehlt.«
»Irgendeine Idee, wer es gewesen sein könnte?«
»Bis jetzt noch nicht. Wenn Sie …«
Will legte auf. Jemand hatte Dads Forschungsunterlagen gestohlen, noch in derselben Nacht. Das mussten die Schwarzkappen gewesen sein. Aber warum? Hatte seine Arbeit etwas mit dieser ganzen Geschichte zu tun? Woran konnte Dad geforscht haben, das all den Aufwand rechtfertigte?
Will nahm eine Visitenkarte aus der Tasche und wählte mit dem Handy, das Nando ihm gegeben hatte, dessen Nummer.
Er ging nach dem zweiten Klingeln dran. »Nando.«
»Nando, hier ist Will. Du hast mich gestern Abend zum Flughafen gefahren.«
»Junge, wie geht es dir? Ich hab gerade eben an dich gedacht. Bist du gut in Frisco angekommen?«
»Ja. Wollte ich dich nur schnell wissen lassen.«
»Und wie geht es deinem alten Herrn?« Will hörte eine Autohupe. Nando brüllte etwas auf Spanisch, vom Hörer abgewandt. »Sorry, Mann. Ich bin bei der Arbeit.«
»Es geht ihm besser, danke. Aber ich werde wahrscheinlich eine Weile hierbleiben und wir sind irgendwie in einer blöden Situation. Könntest du mir vielleicht einen kleinen Gefallen tun?«
»No problema! Worum geht's?«
»Mein Dad fürchtet, jemand könnte in unser Haus einbrechen«, erklärte Will.
»Euer Haus hier in Ojai?«
»Ja. Ich hab vergessen abzuschließen und der Doktor sagt, mein Dad darf sich im Moment auf keinen Fall aufregen. Könntest du mal vorbeifahren, damit ich meinem Dad sagen kann, dass alles in Ordnung ist?«
»Bin schon unterwegs. Wie lautet die Adresse, Kumpel?«
Will nannte sie ihm.
»Ich sehe, du benutzt das Handy, das ich dir gegeben habe«, bemerkte Nando. »Nicht zurückverfolgbar, darauf kommt es an, Alter. Ich seh mal nach und ruf dich dann pronto zurück.«
Als Will sich umdrehte, sah er, dass Lillian Robbins in der Tür stand. Er befürchtete schon, sie könnte das Gespräch mitgehört haben, doch während sie auf ihn zukam, erkannte er, dass sie mit etwas anderem beschäftigt war.
»Ich muss jetzt auflegen«, verkündete Will. »Danke, Mom. Ich melde mich später wieder bei dir.« Er steckte das Telefon in die Tasche, als Robbins zu ihm trat.
»Ich muss erst etwas mit dir klären, bevor ich es Mr Rourke gegenüber erwähne«, sagte sie ernst. »Es geht um das, was du mir gestern über den Test im September erzählt hast: dass du absichtlich versucht hast durchzufallen. Stimmt das, Will?«
»Ich habe nicht wirklich versucht durchzufallen. Ich habe mich nur nicht angestrengt.«
»Aber dein Ergebnis ist besser als alle anderen. Wie konnte das passieren, wenn du dich nicht einmal bemüht hast?«
»Keine Ahnung.«
»Will, die wichtigere Frage, die das aufwirft, lautet: Warum solltest du so etwas tun?« Robbins schaute ihn aufrichtig besorgt und prüfend an.
Daraufhin sagte er ihr die Wahrheit: »Es hängt mit einer Regel meiner Eltern zusammen.«
»Was für eine Regel?«
Es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen. Er hatte sich nie wirklich gefragt, warum sein Dad Regel Nr. 3 auf seine Liste gesetzt hatte. Aber jetzt hatte sich die Situation vollkommen verändert. »Ich soll keine Aufmerksamkeit auf mich lenken«, verriet Will.
»Warum sollten deine Eltern wollen, dass die Leute denken, du wärst nicht so klug – so außergewöhnlich klug –, wie du tatsächlich bist?«, überlegte Robbins laut.
»Sie sind doch Psychologin, oder? Doktor der Psychologie.«
»Ja.«
»Dann sagen Sie es mir. Ich weiß es nämlich nicht«, gestand Will.
»Deine Eltern haben ausdrücklich von dir verlangt, dass du dich mit deinen Leistungen zurückhalten sollst, ohne irgendeine Erklärung?«
»Es hieß immer nur: ›Wir haben unsere Gründe.‹ Ende der Diskussion.«
Dr. Robbins dachte einen Moment nach. »Und nachdem du dann alle Rekorde gebrochen hast, stellst du fest, dass du verfolgt wirst.«
»Genau.«
»Vielleicht hatten sie wirklich ernsthafte Gründe, sich Sorgen zu machen«, überlegte sie.
»Vielleicht.« Will erinnerte sich an seinen Höllenflug und dachte insgeheim: Du kennst nicht einmal die halbe Wahrheit .
»Ich kann dir versprechen, dass du hier in Sicherheit bist. Wir haben viele Schüler aus Familien, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen, und wir nehmen das Thema Sicherheit sehr ernst.«
Bevor Will etwas erwidern konnte, betrat Stephen Rourke das Büro und ging auf
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