Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
mit unverändertem Gesichtsausdruck. »Lass mich wissen, wie du mit der Ausrüstung zurechtkommst. Suchst du Coach Jericho?«
»Ja, wo kann ich ihn finden?«
»Er wird dich finden«, erwiderte Jolly.
»Danke, Jolly«, meinte Will. »Irgendetwas sagt mir, dass ich mich an Sie wenden muss, wenn ich wissen will, was hier so abgeht.«
Nepsted starrte ihn an. »Glaub mir, du willst gar nicht wissen, was hier abgeht.« Er deutete mit dem Kinn auf die Sachen, die Will auf dem Arm hielt; das Sweatshirt mit dem Logo des Paladins lag ganz oben. »Weißt du, was ein Paladin ist?«
»Eine Art Ritter«, vermutete Will. »Aus dem Mittelalter.«
»Ein heiliger Krieger«, betonte Nepsted. »Dem Kampf gegen das Böse verschrieben.«
»Apropos böse«, sagte Will und zeigte auf das Wappen auf dem Sweatshirt. »Bei allen Versionen des Wappens, die ich gesehen habe, inklusive dieser hier, hat der Paladin irgendeinen gewöhnlichen Schurken besiegt. Aber das Wappen auf dem Schild der Statue draußen vor der Halle zeigt den Gegner des Paladins mit Hörnern und einem gegabelten Schwanz. Eher wie ein Teufel oder Dämon.«
Nepsted zwinkerte zwei Mal. »Das ist bisher noch keinem neuen Schüler aufgefallen.«
Will trat näher und zeigte wieder auf das Sweatshirt. »Warum hat man den Dämon aus dem Logo herausgenommen?«
Bevor Nepsted antworten konnte, schrillte das schwarze Telefon in dem Käfig so laut, dass die Stahltheke vibrierte. Jolly hob ab. »Geräteraum, Nepsted. Einen Augenblick.« Nepsted legte auf und musterte Will. »Besuch mich wieder. Wenn du bereit bist.« Mit diesen Worten drehte er seinen Rollstuhl um und fuhr quietschend den Gang hinunter in den flackernden Schatten.
Bereit? Wofür?
Will folgte den Nummern, bis er seinen Spind am Ende einer Reihe in einer entlegenen Ecke gefunden hatte. Gespannt zog er seinen neuen Trainingsanzug und die Laufschuhe an. Als ihm einfiel, dass er keine vertrauensselige Person war, zumindest nicht in Umkleidekabinen, schob er sich seinen Geldbeutel und die Sonnenbrille in die Hosentasche.
Dann nahm er aus dem Augenwinkel wahr, wie sich jemand durch die Reihen der Bänke und Schränke bewegte: ein großer Kerl mit breiten Schultern, in Fliegerjacke und Springerstiefeln.
»Dave?«, fragte Will.
»Komm mit«, hörte er Daves Stimme in seinem Kopf.
Will hastete ihm nach, um die Spinde herum zu derselben Tür, durch die Lyle vorhin verschwunden war. Sie stand einen Spalt offen. Vorsichtig spähte Will hinein und blickte in einen langen, dunklen Korridor.
»Dave?«, flüsterte Will. »Dave, bist du da?«
Seine neuen Spikes knirschten auf dem Beton, als er zögernd einen Schritt vorwärts machte; er tastete sich an der Mauer entlang und wartete darauf, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Die Luft hier fühlte sich zwanzig Grad wärmer an als in der Umkleide – feucht und fast tropisch. Schon bald erreichte er eine Treppe und stieg langsam die Stufen hinunter. Dabei bewegte er sich unter einem leichten Zischen hindurch – als würde Dampf aus einem defekten Rohr entweichen.
»Hier entlang«, hörte er Dave sagen.
Am Fuß der Treppe bog der Gang im rechten Winkel nach links ab. Die Tür weiter oben fiel mit einem lauten metallischen Knall zu. Will erstarrte. Als er hinter sich jedoch niemanden hörte, ging er weiter und tastete sich im Dunklen durch einen endlos langen Korridor. Schließlich sah er vor sich am Boden einen Lichtstreifen. Er erkannte, dass das Licht unter einer Tür hervordrang. Wenig später hörte er Stimmen von der anderen Seite.
»Sie bewegen sich schneller, als wir dachten, Kumpel«, sagte Dave. »Echt unheimlich. Du musst es dir ansehen, damit du weißt, womit wir es zu tun haben. Setz die Brille auf, geh zu der Tür und öffne sie.«
Diese Aufforderung gefiel Will ganz und gar nicht, aber er setzte trotzdem die Sonnenbrille auf. Dabei erinnerte er sich an den letzten Satz, den sein Dad in das Regelheft geschrieben hatte.
ÖFFNE ALLE TÜREN UND ERWACHE.
Will schloss die Finger um den Knauf, drehte ihn, zog die Tür auf und schaute vorsichtig in den Raum dahinter. In der Mitte befand sich ein blendend weißes Licht, um das sich eine Gruppe von Leuten versammelt hatte. Es ließ sich schwer sagen, um wie viele Personen es sich handelte – bei diesem Licht war es schwer, überhaupt etwas zu erkennen –, aber Will konnte ausmachen, dass mit ihren Zügen etwas nicht stimmte. Sie hatten keine menschlichen Gesichter.
Das runde Objekt, das sie
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