Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)

BETRIFFT DICH. UND ES BETRIFFT DICH JETZT – IN DIESEM MOMENT.
    »Wenn wir uns streiten, tun wir genau das, was sie wollen«, sagte Will. »Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn wir zusammenhalten und uns gegen sie wehren? Dass wir von der Schule fliegen?«
    »Ist das nicht schlimm genug?«, fragte Brooke.
    »Sag du es mir. Einen Tag vor meiner Ankunft hier hat eine Gruppe von Männern in schwarzen Limousinen drei Mal versucht, mich zu entführen.« Will schwieg einen Moment, um diese Information sacken zu lassen. »Und allmählich frage ich mich, ob Lyle und Todd nicht irgendetwas damit zu tun haben.«
    Die vier starrten ihn verblüfft an. »Das kann nicht dein Ernst sein«, meinte Ajay.
    »Hast du dafür Beweise?«, hakte Brooke nach, die Augen weit aufgerissen.
    »Lasst ihn reden«, forderte Elise von den anderen und wandte sich dann wieder an Will: »Schieß los.« Das war keine Bitte, sondern ein Befehl.
    »Ich kann noch nicht beweisen, dass sie darin verwickelt sind. Aber ich habe heute etwas gesehen, das vermuten lässt, dass die Kidnapper Verbindungsleute im Center haben, die mit ihnen zusammenarbeiten. Ich hab auch schon eine Idee, wo ich nachsehen muss, um diesen Verdacht zu bestätigen. Und falls ich recht habe … falls Lyle und Todd tatsächlich etwas damit zu tun haben … dann sind wir alle in Gefahr.« Will schaute in die Runde: Jetzt hatte er ihre Aufmerksamkeit.
    »Das musst du der Schulleitung melden«, fand Brooke.
    »Einen Teil habe ich ihnen schon berichtet«, erläuterte Will. »Aber ich kann ihnen nichts von Lyle erzählen, weil ich nicht weiß, wem ich vertrauen kann. Weder hier noch anderswo. Abgesehen von euch vieren.«
    »Alter«, sagte Nick mitfühlend. »Was können wir tun?«
    »Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?«, fragte Brooke nervös.
    »Du hast doch gehört, was Lyle gesagt hat«, erinnerte Will sie. »Er hat uns soeben den Krieg erklärt und dabei leider die Regeln auf seiner Seite. Wenn sich das System gegen uns wendet, müssen wir zurückschlagen – und zwar mit allen Mitteln.«
    Die anderen am Tisch wechselten verhaltene Blicke. Will hatte bei jedem von ihnen eine Saite zum Klingen gebracht, außer bei Brooke, die ganz steif und verschreckt dasaß.
    »Du meinst, wir müssen die Regeln brechen«, folgerte sie.
    Nr. 55: WENN DU BEI DER VORBEREITUNG VERSAGST, BEREITE DICH AUFS VERSAGEN VOR.
    »Wenn es sein muss«, bestätigte Will. »Es sei denn, ihr wollt euch von Lyle und seinen Schakalen weiterhin herumschubsen lassen. Aber ich mache da nicht mit und ihr solltet das auch nicht tun.«
    »Wo ich herkomme, pflegt man zu sagen: Tauch bei einer Messerstecherei nicht mit einem Schokoriegel in der Hand auf«, bemerkte Nick.
    »Professor Sangren hat heute etwas Ähnliches gesagt«, pflichtete Will ihm bei und wandte sich an Brooke: »Zur Hölle mit Moral und Ethik, die angeblich die Basis der Zivilisation bilden. Das Leben ist nichts weiter als ein Kampf auf Leben und Tod, bei dem nur die Stärksten überleben.«
    »Er hat recht und ich verrate euch auch, warum«, sagte Elise mit Nachdruck. »Schon mal was vom Dunning-Kruger-Effekt gehört?«
    »Nein«, gestand Will.
    »Das ist wissenschaftlich bewiesen. Teil eins: Idioten und Stümper überschätzen ihre Intelligenz und ihre Fähigkeiten. Sie sind so dumm, dass sie nicht erkennen können, was für Schwachköpfe sie tatsächlich sind. Also haben sie ein unsinniges Überlegenheitsgefühl, das wiederum zu einem unsinnigen Selbstvertrauen führt. So setzt sich der Kreislauf fort, der ihre eingebildete Überlegenheit verstärkt. Teil zwei: Wirklich kluge und begabte Menschen unter schätzen ihre Fähigkeiten generell und leiden unter ähnlich unsinnigen Minderwertigkeitsgefühlen und Selbstzweifeln.«
    Daraufhin schwiegen zunächst alle.
    »Ich glaube, ich kann für alle sprechen«, meinte Nick schließlich, »wenn ich sage … hä?«
    »Es bedeutet, dass Unwissenheit Selbstvertrauen fördert«, erklärte Ajay. »Intelligenz schafft Unsicherheit. Deshalb handeln die Dummen mit blinder Zuversicht, während die Klugen durch Selbstzweifel gelähmt werden.«
    »Und so kommt es, dass die Spatzenhirne das Sagen haben«, folgerte Elise. »Wie krank ist das denn?«
    »Total«, erwiderte Nick. »Dummheit kann man nicht lernen.«
    »Nein, es ist eine Gabe«, bestätigte Elise und starrte Nick an. »Man wird einfach damit geboren.«
    »Allerdings hilft es zu begreifen, womit wir es hier zu tun haben«, meinte Ajay