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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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anderen. »Was ist mit euch – Katreus? Glaukos? Jesa? Deukalion? Ihr alle?«
    Er erhielt keine Antwort.
    Er ging an Aiakos vorbei und las die stumme Bitte in seinem Gesicht. Asterios nickte leicht und schwieg, wie er all die Jahre ihr gemeinsames Geheimnis bewahrt hatte. Als er bei Mirtho stand, berührte er ihre Hand und mußte an Merope denken, die von der gleichen Mutter geboren worden war.
    »Schwester der Einen Mutter, vertraust wenigstens du meinen Worten?« fragte er hoffnungsvoll.
    »Moiras Wille, die unser aller Schicksal bestimmt, ist unergründlich«, sagte die alte Frau langsam. »Für jeden von uns hat Sie andere Aufgaben vorgesehen. Wenn du überzeugt davon bist, in die Berge gehen zu müssen, dann gehe, Asterios! Ich werde hierbleiben, bei Pasiphaë, wo mein Platz ist, und ich der Göttin seit vielen Jahren gedient habe.«
    »Du hast mir einmal gesagt, ich sei zum Retter Kretas bestimmt«, sagte Asterios traurig. Er trat einen Schritt zurück und sah die ganze Versammlung an. »Aber wie soll ich euch retten, wenn ihr nicht einmal bereit seid, mir zuzuhören? Wenn kein einziger von euch meinen Bildern glauben will?« Ein paar Augenblicke blieb er stumm. Dann schien sein Entschluß gefaßt. »Ich breche noch heute auf«, sagte er, auf einmal sehr ruhig. »Hinauf in die Berge, zu dem steinernen Doppelhorn, an dessen Flanken viele Höhlen liegen.«
    »Nach Archanes?« fragte Deukalion überrascht.
    »Ja, nach Archanes«, bekräftigte Asterios. »Zu den großen Höhlen, in denen die Mutter allen Seins seit Urzeiten verehrt wird. Unterwegs werde ich allen, die ich antreffe, sagen, was sie erwartet. Meine Helfer sollen sich verteilen, um wenigstens die Menschen hier in der Umgebung aufzuklären. Viel allerdings können wir ohne eure Unterstützung nicht ausrichten.« Er drehte sich zur Seite. »Hatasu?« sagte er fragend.
    »Ja«, sagte sie mit hocherhobenem Kopf. »Ich gehe mit dir.«
     
    Es war ein buntgewürfelter Zug, der sich langsam nach Süden schlängelte. Einige ritten, die meisten gingen zu Fuß. Sie trugen Bündel und Taschen und führten Lastentiere mit sich, auf die sie Decken und Vorräte gebunden hatten. Noch gab es warme Tage, die Nächte aber waren bereits kühl und klamm.
    Asterios lief voran, obwohl sein Fieber wieder gestiegen war. Die ganze Zeit über ging ihm Tyrn, der Heilige vom Berg, nicht aus dem Sinn. Alles in ihm drängte nach seiner Gegenwart, die ihm Klarheit geschenkt hatte. Hatte er richtig gehandelt, sich für die Höhlen von Archanes zu entscheiden? Oder wäre es nicht besser gewesen, den ängstlichen Menschen, die ihm folgten, Tyros’ Schutz anzuempfehlen?
    Hatasu beobachtete ihn besorgt. Sie hatte mit Iassos vereinbart, daß sie beide gemeinsam Asterios zum Reiten zwingen würden, wenn er zu schwach würde. Der Parfumhändler, Hamys und zwei seiner Gehilfen hatten sich dem Treck ohne Zögern angeschlossen. Ein paar Dienerinnen und Diener aus dem Palast waren dabei, und unterwegs stießen ständig weitere Frauen, Männer und Kinder zu ihnen.
    Noch immer waren Asterios’ Gehilfen unterwegs, um möglichst viele zu warnen. Die meisten reagierten ungläubig und lachten sie aus. Aber es gab auch einige, die ihnen glaubten und sich mit ihnen oder allein auf den Weg machten.
    Kein einziges Mitglied der Königsfamilie hatte sich ihnen angeschlossen. Pasiphaë betete im Hain, Mirtho wich nicht von ihrer Seite. Akakallis und ihre Familie steckten mit Xenodike zusammen; Katreus und Glaukos taten, als ob das Ganze sie nichts anginge. Minos war irgendwo im Palast verschwunden.
    Es hatte einen kurzen Augenblick gegeben, in dem Aiakos beinahe zum Gehen bereit gewesen war. Dann aber hatte er es sich anders überlegt. Hatasu weinte, als er ihr mitteilte, er würde Knossos doch nicht verlassen.
    »Du mußt mich verstehen, Susai«, tröstete er sie und küßte ihre Wangen. »Ich bin alles, was Minos noch geblieben ist. Von vier Freunden, die sich einst Treue geschworen haben, sind heute nur noch wir beide übrig. Ich kann ihn jetzt nicht allein lassen. Nicht jetzt, da furchtbare Gefahr droht.«
    »Du glaubst ihm also – deinem Sohn?« Sie wagte es zum erstenmal, das Wort auszusprechen.
    »Ich habe ihm immer geglaubt. Von Anfang an«, sagte Aiakos bestimmt. »Niemals zuvor habe ich einen Schüler wie Asterios gehabt.« Er zögerte und legte die Hand auf ihren Kopf. »Ich bin froh, daß ihr zusammen seid«, sagte er leise. »Daß ihr endlich wißt, daß niemand euch trennen kann. Ich

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