Palast der sinnlichen Traeume
Jahres.“
„Aber …“ Sie schüttelte den Kopf. Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie diese Entwicklung hätte voraussehen müssen. Was hatte sie denn erwartet? Dass Khaled jeden Sonntag nach London zu Besuch kommen oder mit Sam hin und wieder in den Zoo gehen würde? Hatte sie wirklich geglaubt, alles würde so einfach sein? „Biryal ist so …“ Sie konnte sich Sam nicht in diesem kargen und rauen Land vorstellen, nicht in diesem Palast.
Entsetzen breitete sich in ihr aus, als ihr die weitere Bedeutung ihres Gedankens klar wurde. Palast. Prinz Khaled.
Prinz Sam.
Einen Moment vermeinte sie, Mitgefühl in Khaleds dunklen Augen aufflackern zu sehen. „Sam ist mein Erbe, Lucy“, sagte er, als habe er ihre Gedanken gelesen. „Eines Tages wird er König sein.“
„Aber … aber er ist ein uneheliches Kind“, protestierte sie. „Wenn du einmal heiratest … du wirst andere Söhne haben …“
„In Biryal ist es Tradition, dass der König den Sohn aussucht, der ihm auf den Thron folgt – ob ehelich oder nicht, spielt keine Rolle.“
„Vielleicht bekommst du mehr Kinder“, beharrte Lucy. Der Gedanke, Khaled könne eine andere Frau heiraten und mit ihr Kinder zeugen, behagte ihr zwar überhaupt nicht, war aber immer noch besser, als die massiven Veränderungen zu akzeptieren, die ein Leben in Biryal für Sam bedeuten würden.
„Es wird keine weiteren Kinder geben“, erwiderte Khaled gepresst. „Außerdem habe ich mich schon für Sam entschieden.“
Erschrocken schüttelte sie den Kopf. „Aber ich will nicht, dass Sam König wird!“
„Eines Tages wird er es sein“, wiederholte er ruhig. „Das ist ebenso sein Schicksal wie meines.“
Lucy presste die Handballen gegen die Schläfen, um die Welt und ihre schreckliche Realität wenigstens für ein paar Sekunden auszublenden. Warum hatte sie vorher nicht genauer darüber nachgedacht, was passierte, wenn sie Khaled von Sam erzählte?
Weil, erkannte sie mit plötzlicher Klarheit, ich wollte, dass er es weiß. Und weil ich ihn wiedersehen wollte.
Und sie wollte, dass Sam, im Gegensatz zu ihr, mit einem Vater aufwuchs.
Hatte sie insgeheim gehofft, dass Khaled sich so verhalten würde? Es beschämte sie, ihren tiefsten Sehnsüchten gegenüber so blind gewesen zu sein. Sie hatte sich eingeredet, nach Biryal zu kommen und Khaled von seinem Sohn zu berichten, sei das Richtige. Ihre Pflicht sozusagen.
Jetzt allerdings fragte sie sich, ob sie es nicht auch aus ihren eigenen egoistischen Gründen getan hatte. Denn egal wie die Geschichte weiterging, sie wollte Khaled immer noch in ihrer Nähe haben. Immer noch mit ihm zusammen sein.
Und nun würden sie alle darunter zu leiden haben. Sam, schoss es ihr durch den Kopf, vielleicht am meisten.
4. KAPITEL
Der königliche Jet von Biryal erhob sich in einen wolkenlosen Himmel und überquerte einen blau schimmernden Ozean. Müde lehnte Lucy sich in dem weichen Ledersitz zurück. Die vergangenen vierundzwanzig Stunden hatten sie erschöpft.
Angefangen mit dem Frühstück, bei dem ihr klar geworden war, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Für sie nicht und für Sam auch nicht. Und, fügte sie fairerweise hinzu, für Khaled ebenfalls nicht.
Nachdem sie zögernd zugestimmt hatte, erst einen Tag später mit Khaled nach England zu fliegen, war hektische Betriebsamkeit ausgebrochen.
Der Reiseleiter der englischen Rugbymannschaft musste informiert werden, was zur Folge hatte, dass binnen einer Stunde das gesamte Team Bescheid wusste.
Kurz darauf klopfte Eric an ihre Zimmertür.
„Du bleibst? Bei Khaled?“, platzte er heraus, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte.
„Ja, Eric. Es hat sich herausgestellt, dass Khaled Anteil an Sams Leben nehmen möchte.“
„Und du erlaubst das?“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Willst du das etwa?“
„Mir bleibt kaum eine Wahl. Und Khaled hat ein Recht darauf, seinen Sohn kennenzulernen.“
„Und was ist mit dir? Möchtest du wieder mit ihm zusammen sein?“
Sehr zu ihrem Verdruss spürte sie, dass sie errötete. „Das geht dich nichts an.“
„Nein?“, fragte er leise, woraufhin in ihrem Kopf alle Alarmglocken zu schrillen begannen.
„Eric …“
„Schon gut.“ Er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Ich will es gar nicht wissen.“ Mit diesen Worten wandte er sich zum Gehen.
„Warum“, sprudelte es aus ihr heraus, „hast du mir nicht gesagt, wie schwer Khaleds Knieverletzung wirklich ist? Er leidet
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