Palast der sinnlichen Traeume
immer noch unter den Schmerzen.“
„Ich habe getan, worum er mich gebeten hat“, erwiderte Eric langsam. „Wir sehen uns in London, Lucy.“
Noch vor ihrer Abreise hatte Khaled seinem Vater die Neuigkeiten über seinen unehelichen Sohn überbracht. Lucy wusste nicht, wie König Ahmed darauf reagiert hatte, aber sie konnte es sich lebhaft vorstellen. Mit kalkweißem Gesicht kam Khaled aus dem Audienzsaal. Anschließend herrschte im gesamten Palast neugieriges Geflüster.
Und jetzt saß sie in diesem überaus luxuriösen Flugzeug und befand sich auf dem Weg in ihre Heimat. Wie lange würde Khaled in England bleiben und glückliche Familie spielen? Wie lange würde es dauern, bis er sich mit ihr und Sam langweilte? Und, viel wichtiger, wollte sie, dass er ihrer überdrüssig wurde?
Ihre geheimen Wünsche kamen ihr so verworren vor. Sie wusste nicht, was sie wirklich wollte. Sicherheit, meldete sich eine leise Stimme in ihrem Kopf. Sie wollte, dass Sam sicher war. Und sie wollte ihr Herz keinen Gefahren mehr aussetzen.
War es dafür vielleicht schon zu spät?
Kühle Finger berührten ihre Hand. Lucy schlug die Augen auf. Khaled hatte sich über den Mittelgang zu ihr hinübergebeugt. Er lächelte.
„Möchtest du einen Drink?“
Sie nickte. Er war ihr so nahe, dass sie die goldenen Sprenkel in seinen Augen sehen konnte. Sie atmete seinen Duft ein. „Einen Orangensaft, bitte.“
Khaled hob die Hand, erteilte dem heraneilenden Steward einen Befehl in seiner Sprache und lehnte sich dann wieder auf seinem Sitz zurück.
„Geht es dir gut?“
„Alles in Ordnung“, versicherte sie ihm.
„Mir ist klar, wie viel sich in den vergangenen Tagen in deinem Leben geändert hat“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. „Das muss sehr schwer für dich sein.“
„Danke für dein Feingefühl“, entgegnete sie ironisch.
„Gern geschehen“, murmelte er mit einem kleinen Lächeln. „Wo ist Sam jetzt?“
„Er ist bei meiner Mutter.“
Khaled nickte. „Gefällt es ihm dort?“
„Ja. Mum und er mögen sich sehr. Sie hat mich in den vergangenen Jahren sehr unterstützt.“
„Ich nehme an, es war problematisch für dich, als alleinerziehende Mutter weiter deinem Beruf nachzugehen.“
„Sam ist jede Schwierigkeit wert.“
„Passt deine Mutter auf ihn auf, wenn du arbeitest?“ Kaum merklich hatte sich ein scharfer Unterton in seine Stimme geschlichen, ob Neugier oder Vorurteile der Grund waren, vermochte Lucy nicht einzuschätzen. Trotzdem fühlte sie sich auf einmal unbehaglich und wappnete sich für einen Kampf.
„Manchmal. Seit er drei geworden ist, geht er in eine Kita, davor war er bei einer Tagesmutter.“
Khaled nickte langsam. „Holst du Sam morgen von deiner Mutter ab?“, fragte er nur. Lucy bejahte leise. „Dann komme ich übermorgen zu dir.“ Er hielt inne und rieb sich das Kinn. „Du brauchst ihm nicht zu sagen, wer ich bin. Damit können wir warten, bis er sich an mich gewöhnt hat.“
Wie lange würde das dauern? Es fiel ihr schwer, sich Khaled mit einem Kind vorzustellen. Würde er Sam bezaubern? Oder keine Ahnung haben, was er mit einem lebhaften Dreijährigen anfangen sollte? Und wann würde er wieder abreisen?
Warum fürchtete sie sich vor seiner Abreise, wenn sie doch nichts mehr herbeisehnte, als dass er wieder aus ihrem Leben verschwand?
„Das klingt sehr vernünftig“, meinte sie. Anschließend fiel sie in unruhigen Schlaf und wurde erst wieder wach, als das Abendessen serviert wurde.
Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen und hatte den blauen Himmel schwarz gefärbt. Nur die zwei kleinen Lampen an den Tragflächen sandten helle Lichtsignale in die Dunkelheit.
Khaled erhob ein Glas mit Wein und wartete, bis auch sie ihres erhoben hatte. „Auf unsere Zukunft“, sagte er lächelnd.
Lucys Finger fühlten sich eiskalt an, als sie das Glas an die Lippen hob. Unsere Zukunft. Deutlichere Worte hätte er nicht finden können. Er hatte vor, Teil ihres Lebens zu bleiben, Anteil an Sams Leben zu nehmen. Vor ihnen lag tatsächlich eine gemeinsame Zukunft.
Wie würde es sein, fragte sie sich, Khaled regelmäßig zu sehen? Die Aussicht machte ihr Angst. Denn ihn in ihr Haus zu lassen war nicht dasselbe, wie ihn in ihr Herz zu lassen.
„Woran denkst du?“, fragte er. „Du hast die Stirn gerunzelt, als würdest du versuchen, eine sehr schwere Rechenaufgabe zu lösen.“
„Nein, nichts dergleichen.“ Lucy nippte an dem dunkelroten samtigen Wein. „Ich habe nur meine
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