Palast der sinnlichen Traeume
würde. Einen solchen Vater hatte es in ihrem Leben nie gegeben. In Sams auch nicht. Doch den Gedanken, dass Khaled in diese Rolle schlüpfte, empfand sie als überaus bedrohlich. Herausfordernd schaute sie ihn an. „Und dafür hältst du dich? Das ist es, was du willst?“
„Ja.“ Das einzelne Wort wirkte so aufrichtig, so von Herzen kommend, dass es ihr einen Moment die Sprache raubte, weil es sie völlig unvorbereitet traf.
Wieder senkte sie den Blick und betrachtete scheinbar interessiert das Silberbesteck. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Resolut blinzelte sie sie beiseite. „Das zu glauben fällt mir wirklich schwer“, sagte sie leise, obwohl sie in Wahrheit etwas anderes sagen wollte. Ihm zu vertrauen fiel ihr schwer. Darauf zu vertrauen, dass er Sam nicht im Stich ließ.
Khaled erwiderte nichts. Einen Moment hatte sie das Gefühl, als versinke die ganze Welt in Schweigen. Nur der Springbrunnen plätscherte munter in der Ferne.
„Du hast eine sehr schlechte Meinung über mich“, entgegnete er schließlich.
„Wie sollte ich eine andere haben? Du hast mich verlassen, Khaled. Du bist ohne ein Wort, ohne eine Erklärung einfach verschwunden, ohne dich von mir zu verabschieden. Ist es ein Wunder, dass ich befürchte, dass du Sam dasselbe antust?“
Khaleds Griff um seine Kaffeetasse wurde so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Willst du mich auf der Grundlage von einer Tat beurteilen, Lucy?“, fragte er. „Einer Entscheidung?“
Lucy lachte ungläubig auf. „Bei dir hört sich das so an, als hättest du nur einen einzigen winzig kleinen Fehler gemacht. Mir hingegen hat deine Entscheidung gezeigt, wer du wirklich bist, und was du von mir hältst. Für mich hat sie unsere Beziehung definiert.“
Khaled löste die Hand von der Tasse. „Und was halte ich von dir?“
Jetzt war es an der Zeit, ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren. „Ich sollte wohl nicht sagen, dass wir eine Beziehung hatten. Denn das haben wir offensichtlich nicht. Wir hatten eine Affäre. Und ich war es dir nicht wert, mir auch nur mit einem Wort zu verraten, dass du das Land verlässt. Für immer.“
„Ich sehe ein, dass ich dir wehgetan habe“, murmelte er. „Aber wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen, Lucy. Um unseres Sohnes willen müssen wir uns vertragen.“
Das kam einer Entschuldigung nicht einmal nahe. Selbst jetzt verweigerte er ihr eine Erklärung. „Das ist nicht wahr, Khaled. Ich stimme mit dir überein, dass ich vielleicht meine Gefühle beiseiteschieben muss. Aber dein schäbiges Verhalten hilft mir nicht gerade, dir in Bezug auf Sam zu vertrauen.“
„Ich fürchte“, erwiderte er, „das musst du aber. Denn Entscheidungen, die Sam angehen, triffst du von nun an nicht mehr alleine.“
Seine Worte jagten einen kalten Schauer über ihren Rücken. „Drohst du mir etwa?“
„Ich beschreibe nur die Tatsachen. Wenn der DNA-Test deine Aussage bestätigt – und davon gehe ich aus –, dann ist Sam nicht nur dein, sondern eben auch mein Sohn. Und ich besitze dieselben Rechte wie du. Außerdem“, fuhr er mit dieser leisen frostigen Stimme fort, „wirst du schon bald begreifen, dass ich über wesentlich mehr Mittel verfüge als du, um das Sorgerecht für mein Kind zu erhalten.“
Die Welt verschwamm vor Lucys Augen. Sie schmeckte bittere Galle in ihrem Mund. Blinzelnd versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber alles, woran sie denken konnte, war Khaleds Drohung.
Mittel. Sorgerecht. Er sprach davon, gerichtlich gegen sie vorzugehen.
Schockiert stand Lucy auf. Mit ein paar wackligen Schritten erreichte sie den Rand der Terrasse. Sie umklammerte das Geländer und atmete tief ein und aus.
Wenn Prinz Khaled el Farrar von Biryal einen Sorgerechtsprozess gegen sie anstrengte, dann, da war Lucy sich sicher, würde sie verlieren. Im besten Fall würden sie sich das Sorgerecht teilen, vielleicht erhielt sie auch nur ein Besuchsrecht.
Sie hörte das Geräusch eines zurückgeschobenen Stuhls, gleich darauf spürte sie eine warme Hand auf ihrer Schulter. „Fass mich nicht an“, stieß sie hervor.
Nach einem kurzen Moment zog Khaled die Hand zurück. Ihre Schulter brannte von der Berührung.
„Lucy“, sagte er ruhig. „Ich will dir nicht drohen. Ich weiß nicht, für was für einen Mann du mich hältst …“ Er brach ab und seufzte. „Nein, ich weiß es. Du denkst, ich bin ein Monster, grausam und gefühllos.“
„Du gibst mir nicht gerade Anlass dazu, meine Meinung zu
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