Palast der sinnlichen Traeume
begrüßte sie ihn ruhig.
„Hallo, Lucy.“
Sams Aufregung hatte sich in Schüchternheit verwandelt. Er versteckte sich hinter seiner Mutter, die Arme fest um ihr Bein geschlungen.
Lucy befürchtete schon, Khaled würde über die Reaktion seines Sohnes in Wut geraten, doch er ließ sich, ohne die Miene zu verziehen, auf die Knie sinken, sodass er und Sam sich auf Augenhöhe befanden.
„Hallo, Sam. Mein Name ist Khaled. Ich bin ein Freund deiner Mummy.“
Sams dunkle Augen weiteten sich. Er steckte den Daumen in den Mund. Einige Sekunden verharrte er so, dann zog er ihn wieder heraus und krähte: „Das ist ein komischer Name.“
„Sam!“
„Stimmt, er klingt komisch, nicht wahr?“, antwortete Khaled ungerührt. „Es ist ein arabischer Name. Ich komme von einer Insel am anderen Ende der Welt. Sie heißt Biryal.“
Lucy verspannte sich, aber Khaled sagte nichts mehr. Sam hingegen zuckte bloß die Schultern. „Woher kennst du meinen Namen?“
„Deine Mutter hat ihn mir verraten. Sie hat mir ein bisschen über dich erzählt.“
„Und wir gehen in den Zoo?“
„Wenn du möchtest.“
Sam nickte begeistert. Als Khaled aufstand, atmete Lucy seinen ihr so vertrauten Duft ein. Ihr stockte der Atem.
„Magst du erst einen Kaffee?“, fragte sie und schob nervös eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Irgendwie musste es ihr gelingen, ihre Fassung wiederzufinden.
„Das wäre schön, wenn Sam nichts dagegen hat, unseren Ausflug noch ein paar Minuten aufzuschieben.“
Da sie ihren Sohn kannte, erwiderte Lucy rasch: „Natürlich nicht. Sam, warum zeigst du Khaled nicht den Zoo aus Lego, den du gestern gebaut hast? Ich bin sicher, er würde ihn gerne sehen.“
„Oh ja“, warf Khaled ernst ein, woraufhin jede Schüchternheit von Sam abfiel. Er griff nach Khaleds Hand und zog ihn ins Wohnzimmer.
Lucy beobachtete, wie Khaleds Finger sich um die kleine Hand seines Sohnes schlossen. In seinen Augen glitzerte es verdächtig.
Wie hatte sie jemals auf den Gedanken verfallen können, sie müsse Sam und Khaled einander vorenthalten? Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter und eilte in die Küche, um den Kaffee aufzusetzen.
Während sie das Pulver in die Maschine löffelte, lauschte sie den Stimmen, die aus dem Wohnzimmer drangen. Sam bewegte sich in Khaleds Gegenwart völlig natürlich und erklärte ihm all seine Tiere, um die er einen Zaun aus Legosteinen gebaut hatte.
„Das ist ein Zebra. Es ist gestreift. Hast du schon mal eines gesehen?“
„Ja, das habe ich. Und du hast recht, Zebras besitzen Streifen.“
Unwillkürlich musste Lucy lächeln. Es bedeutete eine enorme Erleichterung, dass Khaled wusste, wie er mit Sam umgehen musste. Sie schenkte den Kaffee in zwei Tassen und machte sich auf den Weg nach nebenan. Beim Anblick von Khaled, der neben Sam ausgestreckt auf dem Boden lag, blieb sie wie angewurzelt stehen.
„Hier ist dein Kaffee“, murmelte sie leise. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie sich an die augenscheinliche Harmonie zwischen Vater und Sohn je gewöhnen würde.
„Danke.“ Khaled erhob sich – er bewegte sich ein bisschen steif, wie Lucy auffiel. Beinahe hätte sie ihn nach seinem Knie gefragt, entschied sich jedoch dagegen. Khaled hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er über seine Verletzung nicht sprechen wollte.
„Können wir jetzt gehen?“, quengelte Sam.
„Ich habe Khaled gerade seinen Kaffee gebracht, mein Schatz. Ein paar Minuten brauchen wir noch.“
Sam setzte seine Schmollmiene auf. Dreijährige, schoss es Lucy durch den Kopf, können das wirklich gut. Es war Khaled, der die Situation rettete. Er hob eine abseits liegende Giraffe auf. „Ich glaube, die hier braucht ein Gehege.“
Nach kurzem Zögern nahm Sam das Tier und trabte zu seiner Tonne voller Legosteine.
Lucy umfasste ihre Tasse mit beiden Händen und musterte Khaled über den Rand hinweg. Der Schlaf hatte ihm gutgetan, fiel ihr auf. Er wirkte wach und entspannt. Er sah gut aus. Sie wurde mutiger und ließ ihren Blick ausgiebig über die vertrauten Züge wandern.
„Du hast dir die Haare geschnitten.“ Die Worte waren heraus, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte.
Khaled lächelte schief. „Der Sohn eines Königs sieht anders aus als der Rugbyspieler.“
„Für mich warst du nie ein Königssohn“, gestand Lucy. „Für mich warst du immer nur Khaled.“
„Ehrlich gesagt habe ich mich auch nie so wahrgenommen.“
Lucy runzelte die Stirn. „Aber du wusstest, dass du
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