Palast der sinnlichen Traeume
auch“, gab sie zu.
„Wirklich?“
Sie wandte den Kopf ab, um seinem Blick aus den dunkel und golden schimmernden Augen zu entgehen – Augen, die direkt in ihre Seele zu sehen schienen. „Ja. Sam verdient es, dich kennenzulernen … und du ihn.“
Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Erst als die Limousine vor ihrem Haus hielt, streckte Lucy instinktiv die Arme nach Sam aus.
„Ich nehme ihn“, sagte Khaled rasch und drückte Sam an sich.
„Bist du sicher?“, fragte Lucy.
Khaled versteifte sich. „Ich denke, ich schaffe es, meinen eigenen Sohn zu tragen“, entgegnete er kalt.
Während er Sam ins Haus trug, konnte Lucy nur ein sehr leichtes Humpeln ausmachen. Wortlos deutete sie aufs Sofa. „Du kannst ihn dort hinlegen. Allerdings sollten wir ihn gleich aufwecken, sonst schläft er heute Nacht nicht mehr.“
Vorsichtig ließ Khaled ihn aufs Sofa gleiten und strich ihm zärtlich die Haare aus der Stirn. „Er sieht aus wie ich als Kind.“
Lucy ging in die Küche und machte sich daran, einen Tee aufzusetzen. „Ja, erst gestern ist mir aufgefallen, dass er deine Augen hat.“
Khaled war ihr gefolgt, jetzt lehnte er mit der Schulter gegen den Türrahmen. „Erst gestern?“
„Wahrscheinlich schon früher“, räumte sie ein. „Ich wollte es mir nur nicht eingestehen.“
„Warst du so fest entschlossen, mich zu vergessen?“, fragte er sanft. „Uns?“
Leid lag in seinen Worten, Kummer und Schmerz. „Du nicht?“, wich sie aus und füllte Wasser in einen Topf. „Ich hoffe, du magst Spaghetti Bolognese. Es ist Sams Lieblingsgericht.“
„Klingt lecker.“
Er beobachtete sie, während sie das Essen zubereitete. Die Spannung zwischen ihnen, so kam es Lucy vor, wurde immer unerträglicher. Gleichzeitig fühlte sie sich unerklärlich von ihm angezogen.
Tu das nicht, flehte sie innerlich. Ich will mich nicht wieder in dich verlieben. Ich will mich nicht mehr daran erinnern, wie es damals war. Ich habe mich verändert. Du hast dich verändert. Wir können nicht …
„Lucy.“ Seine Stimme klang weich und samtig.
Lucy hielt den Kopf weiter gesenkt. „Könntest du den Salat aus dem Kühlschrank holen?“
Wortlos reichte er ihr das Gewünschte. Alles wirkte so normal. Als wären sie eine ganz normale Familie. Doch das Prickeln in der Luft, die Anspannung in ihrem Bauch, fühlten sich alles andere als normal an.
Glücklicherweise schwieg Khaled auch weiterhin. Doch für immer konnten sie die spannungsgeladene Atmosphäre nicht ignorieren. Nicht, dass es ein „für immer“ gab …
„Mummy …“ Ein verschlafener Sam trottete in die Küche. „Ist Khaled noch da?“
„Ja, Sam“, sagte Khaled, woraufhin Sam ihn mit leuchtenden Augen anschaute.
„Bleibst du über Nacht?“
Hatte Lucy es sich nur eingebildet, oder zögerte Khaled wirklich, bevor er antwortete? „Nein, Sam. Aber vielleicht können wir uns morgen wiedersehen?“
„Morgen muss ich arbeiten“, warf Lucy ein. „Das Six Nations Turnier fängt demnächst an.“
„Ja, ich weiß.“ Khaleds Miene hatte sich verfinstert, doch um Sam nicht zu beunruhigen, zuckte er nur die Schultern. „Wir sprechen später darüber.“
Oh ja, auf diese Unterhaltung freute sie sich jetzt schon! Zweifellos würde er ihr einige königliche Befehle erteilen, was ihren Job und ihre Lebensführung anging. Und was sollte sie tun, wenn er drohte, es auf einen Sorgerechtsstreit ankommen zu lassen?
Zum Glück verlief der weitere Abend friedlich. Khaled half sogar, Sam zu baden. Ungläubig schaute Lucy zu, wie er am Rand der Wanne kniete, unter den aufgekrempelten Hemdsärmeln kamen starke Arme zum Vorschein. Wie immer verspürte sie beim Anblick seiner bronzefarbenen Haut einen Stich.
Sie war dieses Gefühl so leid – das Gefühl, dass nichts mehr so war wie zuvor. Bevor sie Khaled wiedergesehen hatte, hatte es keine tiefe Sehnsucht in ihrem Innern gegeben. Ein gemeinsames Leben hatte sie sich nicht einmal im Traum gewünscht.
Vor Khaled. Vor Khaled, der sich in ihr und Sams Leben geschmuggelt hatte und sich so verhielt, als gehöre er hierher. Der binnen eines Tages einen Platz in Sams Herzen erobert hatte. Alles fühlte sich so normal und natürlich und richtig an.
Aber das war es nicht.
Es würde nicht halten. Irgendwann würde alles wieder auseinanderfallen, und Khaled würde gehen.
Und mein Herz brechen.
Nein, so durfte sie nicht denken. Ihr Herz war von der ganzen Geschichte überhaupt nicht betroffen. Das erlaubte sie nicht.
Doch
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