Palast der Stuerme
mit seinem Freund „Porky“ Rogers war alles fest abgemacht. Als Claire weiterlas, entfuhr ihr ein kleiner Laut, denn im nächsten Abschnitt fragte Teddy an, ob er nun während der Sommerferien einige Wochen bei ihr in Omarah verbringen könne.
Was sollte sie jetzt nur tun? So lange hatte sie Teddys Existenz vor Raoul verschwiegen, da konnte sie jetzt kaum anfragen, ob ihr kleiner Bruder zu Besuch kommen durfte. Zudem war Teddy nicht dumm. Ihm hatte sie erzählt, sie hätte aus Liebe geheiratet. Teddy würde nicht lange brauchen, um zu erkennen, wie wenig Respekt Raoul seiner frisch angetrauten Ehefrau entgegenbrachte. Sie hasste die Vorstellung, ihren Bruder enttäuschen zu müssen, doch ihr würde nichts anderes übrig bleiben. Sie musste sich eine plausible Ausrede einfallen lassen. Vielleicht sollte sie ihm sagen, sie hätte nicht genügend Geld für sein Flugticket. Ja, das könnte funktionieren. Er war so daran gewöhnt, dass sie auf jeden Pfennig achten musste, er würde es ihr abnehmen. Sie würde ihm später einen Antwortbrief schreiben, und dann konnte sie nur hoffen, dass die Enttäuschung nicht zu groß für ihn war.
Zurück in ihrem Zimmer, schlüpfte sie in eines der edlen neuen Spitzennachthemden. Das Haar umrahmte ihr Gesicht wie eine silberne Wolke. Noch einmal kehrten ihre Gedanken zu der Szene zurück, als sie von der Oase zurückgekommen waren. Vielleicht sollte sie zu Raoul gehen und sich entschuldigen, ihm noch einmal deutlich versichern, dass sie Saud niemals für irgendwelche Ziele, gleich welche, missbrauchen würde.
Bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte – oder sich genauer nach ihren Gründen fragen konnte –, zog sie den passenden pfirsichfarbenen Seidenmantel über, ohne zu ahnen, wie die Farbe ihre seidige Haut zum Schimmern brachte.
Sie klopfte kurz an Raouls Tür, und nach seinem Ruf drückte sie die Klinke herunter. Leicht verdutzt sah sie sich in dem leeren Raum um, bis ihr klar wurde, dass Raoul wohl im dahinterliegenden Bad sein musste. Er rief etwas in Arabisch, und im nächsten Moment kam er auch schon aus dem Bad, nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Überrascht fuhr er sich mit der Hand durch das tropfnasse Haar, als er sie erblickte.
„Ich dachte, es wäre Ali, als es klopfte. Ist alles in Ordnung? Stimmt etwas nicht mit Saud?“ Er gab sich so formell, so distanziert, und Claire wünschte, sie wäre nie in sein Zimmer gekommen. Vor allem nicht unter dem fadenscheinigsten aller denkbaren Vorwände, nur um ihre Sehnsucht nach seiner Nähe zu stillen.
„Saud geht es gut“, versicherte sie und war entsetzt, wie belegt ihre Stimme klang. Sie riss ihren Blick mit Gewalt von seinem Oberkörper los, auf dessen schimmernder Haut die Wassertropfen perlend herunterliefen. „Ich wollte dir nur sagen … dass ich … niemals etwas tun könnte, dass ihn in Gefahr bringt“, stammelte sie noch, bevor sie sich in Panik umdrehte und zur Tür eilte, fortwährend still ihre Dummheit verfluchend, die sie verlockt hatte hierherzukommen.
„Es ist erstaunlich, dass du diese Vorsicht nicht für dich selbst aufbringst.“ Irgendwie gelang es Raoul, vor ihr bei der Tür zu sein. Er lehnte sich mit dem Rücken dagegen und versperrte so den Ausgang. „Denn indem du in mein Zimmer gekommen bist, hast du dich eindeutig in Gefahr gebracht, Claire. Oder war es beabsichtigt?“ Er lächelte ungut. „Hat der Brief deines Liebhabers die Sehnsucht in dir geweckt, die nur ein Mann stillen kann? Heute Nachmittag, als ich zurückkam und dich nicht finden konnte, hätte ich dir am liebsten der Himmel weiß was angetan. Doch jetzt ist meine Wut in andere Kanäle geflossen, und wenn Wut auf das Verlangen trifft, das ich jedes Mal in deiner Nähe empfinde, dann ergibt das eine gefährliche Mischung. Ich begehre dich, Claire“, sagte er samten. „Und indem du in mein Zimmer kommst, zeigst du, dass du mich auch willst.“
„Nein.“ Ihr schwacher Protest hielt ihn nicht auf, er erstickte ihn mit der glühenden Hitze seines Mundes. Seine Zunge drängte sich zwischen ihre Lippen, verleitete sie dazu, ihm die fiebrige Erwiderung zu geben, die sein Verlangen nach ihr nur noch weiter wachsen ließ.
„Zu oft habe ich mir dich genau so vorgestellt“, murmelte er heiser, vergrub seine Finger in ihrem Haar und spielte mit den silbernen Strähnen. „Mein Verlangen nach dir raubt mir alle Energie und meinen Verstand. Bis es endlich gestillt ist, kann ich nicht mehr frei sein. Du
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