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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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oder nur theoretisch –, reagieren.
    Roxane erschauderte wieder, als ihr Bilder von einem solchen Unterfangen durch den Kopf fuhren. Sie hob die Hände und rieb ihre Oberarme, die sich so anfühlten, als ob eiskalte Finger sie gepackt hätten.
    »Sera ist hier«, sagte Ahmed plötzlich hinter ihr. Roxane wirbelte herum, aber er hob rasch die Hände, um ihrem Wortschwall zuvorzukommen. »Aus Angst, dass sie jemandem auffallen könnte, habe ich ihr ein Schlafmittel gegeben. Sie wird bald aufwachen. Wenn du wartest, bringe ich sie zu dir.«
    Roxane folgte ihm, als er den Raum verließ, aber sie blieb in einiger Entfernung von der Tür stehen, um nicht entdeckt zu werden. Nach ein paar Minuten hörte sie Seras verschlafene Stimme und Ahmed, der ihr versicherte, dass alles in Ordnung sei. Als sie hereinkamen, klammerte sich Roxanes Schwester wie ein Äffchen an Ahmed und vergrub ihr hübsches kleines Gesicht an seinem Hals in den Falten seines Gewands. Roxane streckte die Arme aus.
    »Sera.«
    Ahmed reichte ihr das Kind, trat stirnrunzelnd ein paar Schritte zurück, verschränkte die Hände und wandte ihnen dann den Rücken zu.
    »Sera«, flüsterte Roxane. Sie trug ihre Schwester zu dem Stuhl neben dem Fenster, setzte sich und nahm sie auf den Schoß. »Ich habe dich gesucht. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht …« Sie schaukelte das Mädchen hin und her und drückte ihre Wange an das glänzende schwarze Haar des Kinds.
    Sera war noch benommen und sich ihrer Umgebung nicht bewusst. Sie öffnete kurz die Augen und fragte nach ihrem Hund. Roxane sah zu Ahmed hinüber, der mit einem kurzen Nicken andeutete, dass Courage in Sicherheit war.
    »Ich habe von Colonel Max geträumt …«, murmelte Sera. »Von Papa. Ich habe geträumt … ich habe geträumt, dass er tot ist.«
    Roxane beruhigte das Kind und küsste es leicht auf die Stirn. Dieser Gedanke war ihr auch durch den Kopf gegangen, denn sie hatte die Meuterer darüber reden hören, dass sie einige Offiziere umgebracht hätten, »dumme« Männer, die sich auf die Loyalität ihrer Untergebenen verlassen hätten.
    »Sera, warum bist du in die Stadt gegangen? Habe ich dir nicht gesagt, dass unsere Pläne abgesagt sind? Und habe ich dir nicht verboten, ohne mich aus dem Haus zu gehen?«
    Sera wimmerte und schmiegte sich enger an Roxanes Brust.
    »Schon gut. Das spielt jetzt keine Rolle mehr, Sera. Hauptsache, wir sind wieder zusammen. Unser Freund Ahmed hat uns beide gerettet, und wir werden hier bleiben, bis es sicher genug ist, um das Haus zu verlassen«, flüsterte Roxane und strich Sera über das Haar. Sie spürte, dass es im Nacken verfilzt war, und als sie zerstreut die Hand hob, stellte sie fest, dass ihre ungekämmten Locken in dem gleichen Zustand waren.
    »Wann wird es sicher sein? Wann können wir gehen?«, fragte Sera träge.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Roxane.
    »Das wird noch eine Weile dauern«, warf Ahmed von der anderen Seite des Zimmers ein.
    »Ich will nach Hause«, jammerte Sera kläglich.
    Roxane senkte den Kopf und drückte ihre Schwester an sich. Sie stimmte Ahmed in Gedanken zu, sprach ihre Befürchtung aber seinetwillen nicht laut aus.
    Die Explosion, die sich etwa eine Stunde später ereignete, schleuderte Roxane auf die Knie. Sie warf sich über Sera, um sie vor den von der Decke fallenden Trümmern zu schützen. Gläser rollten vom Tisch und zersplitterten. Der Myna-Vogel auf seiner Stange kreischte verärgert und sprang in die Höhe, bevor er sich mit gesträubtem Gefieder wieder niederließ. Ohne nachzudenken rannte Roxane zum Fenster und betrachtete die pilzförmige Wolke aus gelbem Rauch und Geröll, gefolgt von einer roten Staubwolke, die die erste unaufhaltsam nach oben in den weißen Himmel drückte. Ahmed kam herbeigelaufen und riss sie vom Fenster weg.
    »Weg da!«, befahl er barsch. »Es steht nicht nur dein Leben auf dem Spiel.«
    Roxane wich vom Fenster zurück. Zum ersten Mal wurde ihr klar, dass ihr Freund ein enormes Risiko eingegangen war, um sie vor den Dienern des Königs zu retten.
    »Was war das?«, fragte sie kleinlaut.
    »Ich nehme an, das war das Magazin«, erwiderte Ahmed.
    »Wer hat es angezündet?« Roxane sprach, ohne sich ihre Worte vorher zu überlegen. Eigentlich sprach sie mehr zu sich selbst als zu dem Mann, der neben ihr auf dem Teppich auf und ab lief. Er blieb stehen und warf ihr einen wütenden Blick zu.
    »Glaubst du etwa, nur weil das mein Volk ist, kenne ich jeden ihrer Pläne und Schachzüge?

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