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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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beinahe Bewunderung glich. »Daran hat Grovsner sicher eine Weile zu beißen.«
    Er richtete sich wieder auf und widmete sich erneut dem flachen Teller vor sich.
    »Miss Sheffield.«
    Roxane legte ihren Löffel an den Tellerrand. »Ja, Captain Grovsner?«
    »Haben Sie seit Ihrer Ankunft schon etwas von Kalkutta gesehen? In Indien kann man viel Spaß haben. Sie müssen mir erlauben, Sie herumzuführen, Miss Sheffield.«
    »Das habe ich schon gehört«, erwiderte Roxane und wich seinem Angebot aus. Später würde sie ihm taktvoll erklären, dass sie an seiner Begleitung nicht interessiert war.
    »Meine Freunde geben rauschende Partys«, fuhr der Mann fort und rührte spielerisch in seiner Suppe, anstatt sie zu essen, während er Roxane davon abhielt, ihre eigene zu genießen. »Das Amüsement hier lässt sich mit dem in London vergleichen, auch wenn Sie mir das jetzt vielleicht nicht glauben können.«
    Roxane zog den Kopf ein, als ihr noch halb voller Teller abgeräumt wurde. »Ich mache mir nichts aus Partys, Captain Grovsner«, sagte sie ruhig. »Unter Unterhaltung stelle ich mir eher einen Spaziergang in einem schönen Garten vor.«
    »Die botanischen Gärten hier in Kalkutta sind wunderschön, wie ich gehört habe. Vielleicht erlauben Sie mir …«
    Ein Geräusch an ihrem Ohr ließ Roxane aufschauen. Sie wandte sich von Captain Grovsner ab und sah in Captain Harrisons Augen.
    »Miss Sheffield und ich haben bereits über die Gärten gesprochen, Grovsner. Sie ist sehr interessiert daran.«
    Der Captain hielt ihren Blick fest, obwohl er mit dem Mann an ihrer anderen Seite sprach.
    Nach einer Weile beugte er sich vor und schaute seinen Offizierskollegen an. Sein Gesichtsausdruck wirkte hart und berechnend.
    »Tatsächlich, Harrison?«, meinte Grovsner. »Nun, dann werde ich sie dorthin begleiten.« Selbstbewusst hob der Offizier sein Glas, leerte es in einem Zug und bedeutete mit einem Zeichen, dass er ein weiteres wünsche.
    »Oh ja«, warf Miss Peabody von Colliers anderer Seite plötzlich ein. »Sie sollten unbedingt mit ihm gehen, Miss Sheffield. Sie werden seine Gesellschaft sehr amüsant finden. Alle Damen tun das.«
    »Nicht doch«, wandte Grovsner ein. »Das könnte meinen guten Ruf ruinieren.« Er lachte aufrichtig belustigt über seine Bemerkung, und Rose Peabody stimmte ein. Roxane beobachtete, wie die junge Frau sich in ihrem Stuhl drehte und ihre Hand mit gespreizten Fingern auf Captain Harrisons Arm legte. Sie lächelte, Roxane jedoch nicht.
    »Captain, Sie werden sich doch von ihm nicht die Schau stehlen lassen, oder? Ich möchte auch gern dorthin.«
    Roxane sah, wie der Mann seine Hand auf Rose’ Finger legte. Verärgert drehte sie den Kopf zur Seite und sah daher nicht, wie der Captain die Hand der Frau unwirsch vom Ärmel seiner Uniform entfernte. Sie hörte lediglich Rose Peabodys Gelächter, tief und sinnlich.
    »Wie lange sind Sie schon in Indien stationiert, Captain Grovsner?«, wandte sich Roxane an ihren Tischherrn.
    Grovsner straffte seinen Rücken. »Ich bin auf dem gleichen Schiff gekommen wie Harrison«, antwortete er. »Wir haben zusammen unseren Abschluss in Addiscombe gemacht.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Wir beide kennen uns schon seit vielen Jahren.« Er lachte bedeutungsvoll. »Noch etwas Wein? Oh, Sie haben Ihr Glas noch kaum angerührt. Ich werde noch eins trinken.«
    Roxane widmete sich gedankenvoll wieder ihrem Essen. Sie schnitt ihre Mahlzeit in kleine Stücke, schob sie auf ihrem Teller hin und her, aß aber nichts. Als sie nach einer Weile aufsah, bemerkte sie, dass Captain Harrison sie beobachtete.
    Er lächelte.
    »Ich habe von Miss Stanton gehört, dass Sie ihre Ayah engagiert haben, um Hindustani zu lernen. Stimmt das?«
    »Ja«, erwiderte Roxane. »Und wenn ich das Gefühl habe, so viel gelernt zu haben, dass ich diesen Unterrichtsstunden nicht mehr meine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen muss, dann hoffe ich, Farsi zu lernen.«
    Colliers Lächeln vertiefte sich. »Meine Güte«, sagte er. »Ich bin beeindruckt. Das ist sehr anerkennenswert, Miss Sheffield.«
    »Ich bin nicht so verbohrt, dass mir meine Unzulänglichkeiten für ein Leben hier nicht klar wären. Also will ich lernen.«
    »Und es gibt viel zu lernen«, meinte er.
    »Mein lieber Captain Harrison, dürfte ich Sie einen Moment von der reizenden Miss Sheffield losreißen?«, sagte Rose Peabody affektiert. Sie lehnte sich an seinen Arm und zeigte dabei peinlich viel von ihrem runden, gepuderten Dekolleté. »Wären Sie

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