Palast der Suende - Roman
durchfuhr sie Panik. Was machte sie hier? Was war, wenn sie erwischt wurden?
Es war zu spät. Der Mann hatte mit seinen rhythmischen Stößen begonnen. Sie war so naß, daß er leicht in sie hineinglitt, und sie vergaß die Angst vor Entdeckung, und sogar die Scham, die sie eben noch über ihr Verhalten empfunden hatte, wurde in den Hintergrund gerückt. Da war nichts anderes als Lust. Ihre inneren Wände klammerten sich an den Schaft, der sie durchbohrte, und sie stöhnte und hielt dagegen.
Er hob und senkte sich, zuerst langsam, dann immer schneller und schließlich wurden seine Stöße so wild, daß die Wand des Kiosks nachzugeben schien.
Claire begleitete jeden seiner Stöße mit lautem Stöhnen. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, ihr ganzer Körper, einschließlich des Gehirns, war nur auf ihren bevorstehenden Höhepunkt gerichtet.
»Kommen Sie, das müssen Sie sich anschauen, mein Freund.«
Der Mann, der am Fenster stand, winkte den anderen heran. Dieser saß am Schreibtisch, legte seinen Füller ab und trat ans Fenster. Er benötigte ein paar Sekunden, ehe sich seine Augen an das gleißende Sonnenlicht gewöhnt hatten, das den Platz da unten beschien, und selbst dann hätte er beinahe übersehen, was den anderen Mann so sehr beschäftigte.
Aber dann gewahrte er das aktive Pärchen im Schatten des Zeitungskiosks.
Die beiden Männer schauten in atemlosem Schweigen zu, als die Frau, ohne von ihren Zuschauern zu wissen, ihre Beine um die Hüften ihres Liebhabers schlang. Es war ein aufregendes Bild, die blassen Beine gegen den derben dunklen Stoff der Hose zu sehen, wie sie zuckten und jede Bewegung mitmachten.
Ihr Rock war nur noch ein schmaler Streifen um ihre Hüften, die Bluse war geöffnet, und die Männer konnten ihre Brüste sehen, mit einem glänzenden Schweißfilm überzogen und tanzend im Rhythmus der Stöße ihres Liebhabers. Ihre Lippen waren geöffnet, den Kopf hatte sie zurückgeworfen, und sie sahen den langen schlanken Hals der Frau.
»Che bellezza«, murmelte der erste Mann, sein Gesicht gerötet und voller Gier.
Der andere kannte diesen Blick. »Du willst, daß ich ihr folge?« fragte er.
»Naturalmente.«
Sie spürte, wie der Mann in ihr starr wurde und seinen Erguß verströmte, während sie noch am Rand des eigenen Höhepunkts zitterte. Aber diesmal blieb ihr die Befriedigung versagt. Ihr Liebhaber war von seiner eigenen Lust zu sehr überwältigt, als daß er ihr Verlangen wahrgenommen hätte; er fiel schlaff gegen sie, und wenn die Kioskwand nicht gewesen wäre, hätten sie sich beide auf dem Boden wiedergefunden. Hechelnd standen sie eine ganze Weile so da, Claires Beine immer noch um die Hüften des Mannes geschlungen. Aber dann zog er sich aus ihr zurück, und er stellte sie langsam wieder auf den Boden. Claire lehnte sich gegen die Holzwand, sie brauchte ein oder zwei Minuten, ehe sie sich gefaßt hatte. Sie zog den Rock hinunter und begann, die Knöpfe ihrer Bluse zu schließen.
Obwohl sie den zweiten Orgasmus nicht erreicht hatte, waren ihre Gliedmaßen schwer und gehorchten auch nicht ihren Befehlen. Sie zuckte zusammen, als ein weißer Hund mit schwarzen Flecken von der Straße auf den Platz lief, und dann rief jemand einen Gruß hinüber auf die andere Seite des Kanals. Die Stadt erwachte wieder zu neuem Leben.
Der Mann knöpfte rasch sein Hemd zu, steckte es in die Hose und hob ihre Hand an seine Lippen.
»Grazie, signorina«, sagte er, küßte ihre Handfläche und ging hinüber zum Baum und holte seinen Rucksack, der dort noch lag. Er schnallte ihn um, winkte ihr noch einmal zu und verschwand in der Straße.
Claire fuhr sich durch die Haare. Sie konnte kaum glauben, was sie gerade getan hatte. Es war ihr, als wäre die Episode einer anderen Frau widerfahren. War es möglich, daß der Verlust von Sean sie aus den Angeln gehoben hatte? War sie dabei, eine Nymphomanin zu werden?
Sie grinste bei diesem Gedanken. Sie war erst neunzehn gewesen, als sie ihn getroffen hatte, und nicht sehr erfahren. Die Erfahrung heute und vorher mit Nick war wahrscheinlich nur aus biologischen Zwängen heraus geschehen, um einige der Dinge nachzuholen, die sie bisher verpaßt hatte.
Sie sah ihr Höschen auf dem staubigen Boden liegen und trat es rasch unter den Kiosk.
Die Straßen hatten sich wieder gefüllt, als Claire in Richtung ihres Hotels ging. Sie war davon überzeugt, daß man ihr das jüngste Abenteuer im Gesicht ablesen konnte: Ihre Haut glühte,
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