Palazzo der Liebe
Erleichterung anhörte, errötete Sophia unwillkürlich, was Stephen natürlich nicht verborgen blieb.
„Warum sollte sie?“, fragte er mit einem amüsierten Lächeln.
„Sie … sie schien es …“
„Als ihr Zuhause zu betrachten?“, vollendete er den Satz für sie.
„Ja …“
„Auf eine Art stimmt das sogar, denn der Palazzo della Fortuna war tatsächlich Ginas Zuhause, aber lange bevor sie den Marchese d’Orsini heiratete“, klärte Stephen sie auf. „Damals war sie noch ein Kind.“
„Oh!“
Zwar hätte Sophia gern mehr gehört, doch ihr Begleiter ließ erste Anzeichen von Ungeduld erkennen. „Also, was ist? Sollen wir jetzt doch zum Palazzo fahren, nachdem alles geklärt ist? Oder hast du immer noch Einwände vorzubringen?“, fügte er mit leichtem Sarkasmus hinzu.
„Tut mir leid“, murmelte Sophia verlegen. „Aber ich …“
„Du hast gehört, was Gina gesagt hat, nicht wahr?“
„Ja“, gab sie zu.
„Und wie viel hast du gehört?“
„Nicht besonders viel …“
„Würde es dir etwas ausmachen, ein wenig präziser zu sein?“ Lag da etwa ein gereizter Ton in seiner Stimme? Erschrocken sah sie auf, aber Stephens Miene war undurchdringlich.
„Irgendetwas wie … es wird ihr nur in die Hände spielen, falls dieses dumme Ding …“
„Mehr nicht?“
„Nein, aber ich verstehe nicht, was sie damit gemeint haben könnte.“
Schlagartig entspannte sich sein Gesicht. „Darüber kann ich dich aufklären“, sagte er mit einem ironischen Lächeln. „Der Satz endete mit … irgendwelche amourösen Absichten verfolgt.“
Heiße Röte überzog Sophias Wangen.
„Aber das tue ich nicht!“, platzte sie heraus. Und sobald sie erkannte, wie übertrieben sie reagierte, vertiefte sich die Farbe noch.
„Und warum bringt dich diese alberne Mutmaßung dann so sehr aus der Fassung?“, neckte Stephen.
Mehr als zuvor gelangte Sophia zu der Überzeugung, dass er und die Marchesa doch ein Liebespaar waren. Ob sie sich zusammen über sie lustig machten?
„Ich habe schon viel zu viel von deiner kostbaren Zeit in Anspruch genommen“, sagte sie kühl. „Wenn du mich jetzt bitte zum Touristenbüro bringen könntest …“
„Du bist also immer noch entschlossen, nicht im Palazzo zu wohnen? Willst du dich ernsthaft von Ginas alberner Feindseligkeit derart beeinflussen lassen?“
„Nein, das ist es nicht – ich fühle mich einfach wohler in einem Hotel.“
„Unsinn“, erklärte er. „Du lässt dich viel zu sehr von Ginas kindischer Eifersucht aus der Fassung bringen.“
„Fest steht, dass sie mich nicht hierhaben will.“
„Da der Palazzo della Fortuna mir gehört, ist Ginas Wille völlig irrelevant“, erklärte er autoritär. „Und ich allein entscheide, wen ich dorthin einlade.“
Graue Augen trafen auf grüne, und sekundenlang schien die Luft zwischen ihnen vor elektrischer Spannung zu knistern.
„Und wie lautet deine Antwort, wenn ich dich jetzt noch einmal bitte, mein Gast zu sein?“
Sophia schluckte und sagte dann: „Ich würde sehr gern im Palazzo wohnen.“
„Gut, wenn ich gewusst hätte, dass ein paar Daumenschrauben reichen, um dich zur richtigen Antwort zu bewegen, hätte ich sie schon viel früher angelegt“, murmelte Stephen, beugte sich vor und gab Sophia einen Kuss auf den Mund, bevor er sich hinters Steuer stellte und den Motor anwarf.
4. KAPITEL
Während das schnittige Boot sich seinen Weg durch die anderen Wasserfahrzeuge auf dem Kanal bahnte, saß Sophia wie in Trance da.
Obwohl der Kuss sie nur flüchtig gestreift hatte, glaubte sie immer noch, Stephens Lippen auf ihren zu spüren. Nie zuvor hatte etwas sie tiefer berührt.
Hoffentlich bekam Stephen nichts von ihrer völlig übersteigerten Reaktion auf seine unbedachte harmlose Geste mit. Denn mehr war es für ihn sicher nicht gewesen, während es für sie ein Ereignis darstellte, das ihr Leben völlig auf den Kopf stellte. Konfrontiert mit ihrer unerwarteten Verletzlichkeit, überlegte Sophia, ob sie ihre Entscheidung, Stephens Einladung doch anzunehmen, nicht bald bereuen würde.
Denn obwohl sie längst akzeptierte, dass sie sich Hals über Kopf in Stephen Haviland verliebt hatte, kannte sie ihn eigentlich gar nicht.
Und irgendwie machte er den Eindruck, als lasse er sich auch nicht gern in die Karten schauen, während sie es mit ihrer geplatzten Buchung und dem kindischen Sträuben gegen seine Gastfreundschaft bereits fertiggebracht hatte, wie eine komplette Närrin auszusehen.
Kein
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