Palazzo der Lüste
gekleidet, boten sie ein bezauberndes Bild, was Donini auch nicht verhehlte, ihnen zu sagen.
Cecilia erinnerte sich an Nicolòs bösartige Bemerkung, die junge Dame hätte nur zwei Kleider – dieses eine stand ihr jedenfalls ausgesprochen gut. Doninis Kompliment nahm sie mit einem Nicken entgegen, während Lucrezia mit einem koketten Lächeln ihren Sonnenschirm drehte.
»Das Kleid hat einen Pariser Schnitt«, lächelte sie.
Die Gondeln glitten majestätisch durch den Canal Grande. Andere Boote geringerer Persönlichkeiten oder Lastkähne mussten ausweichen, und es gab mehr als einen Ruderer, der, wenn er auch kein Schimpfwort rief, den Patriziern einen finsteren Blick zuwarf. Die Gesellschaft war aber viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich darum zu kümmern.
Cecilia genoss es, die Paläste auf beiden Ufern zu betrachten. Was sie bei ihrer Ankunft vermisst hatte, wurde ihr jetzt gegönnt. Im strahlenden Sonnenlicht präsentierte sich Venedig von seiner schönsten Seite. Donini bemerkte ihr Interesse und nannte die Namen einiger Paläste und die sie bewohnenden Familien. Er plauderte über architektonische Details, die Architekten. Cecilia freute sich über die Unterhaltung mit ihm.
»Wo in Venedig haben Sie gelebt, bevor Sie nach Alexandria übersiedelten?«, fragte er auf einmal.
Cecilia gelang es, ihren heiteren Gesichtsausdruck beizubehalten und nur einen winzigen Moment zu zögern, bevor sie antwortete: »In Canareggio, in der Nähe des Ghettos.«
Das war kein allzu vornehmes Viertel, und sie hoffte deshalb von weiteren Nachfragen verschont zu bleiben. Ihre Rechnung ging auf, was Enrico Donini anging. Lucrezia Trebiso fragte dagegen mit jugendlicher Unschuld: »Ist es dort nicht furchtbar finster?«
»Furchtbar finster«, bestätigte Cecilia und machte dazu auch ein möglichst finsteres Gesicht.
»Oh.« Lucrezia zog einen Schmollmund. »Meine Mama erlaubt mir nicht, dorthin zu gehen.«
»Sie tun recht daran, auf Ihre Mama zu hören.«
Das Gespräch erstarb, und die Gondeln verließen den Canal Grande und fuhren hinaus auf die Lagune, die von Gondeln, Lastkähnen und Flussschiffen stark befahren war; Cecilia meinte sogar, eine schnelle Brigg zu sehen. Sie kamen an dem Schiff so dicht vorüber, dass sie es beinahe mit der Hand hätte berühren können. Die Ruderer hatten alle Hände voll zu tun, um einen Zusammenstoß mit anderen Booten zu vermeiden und gleichzeitig den Verband nicht auseinanderfallen zu lassen.
»Ich finde es so schade, dass Signore Capelli nicht dabei sein kann«, begann Lucrezia ein neues Gespräch. »Er hat leider viel zu tun. Ich sah ihn gestern in der Casa Foscarini, und er hat es sehr bedauert, heute nicht dabei sein zu können. Armer Nicolò.«
Du bist mit ihm beim Vornamen, dachte Cecilia, deren Aufmerksamkeit erwacht war, sobald sein Name genannt wurde. Lucrezia Trebiso hatte ihn gestern gesehen, während er ihr seit Tagen kaum einen Gruß gegönnt hatte. Zorn kochte in ihr hoch. Befand sich Nicolò doch in den Fängen der Blonden, obwohl er das Gegenteil behauptete? Sie warf Lucrezia einen Seitenblick zu und hätte sie am liebsten ins Wasser gestoßen und das Ganze wie einen Unfall aussehen lassen. Leider war die Lagune spiegelglatt. Sie krampfte ihre Hand um den Griff des Sonnenschirms.
»Wir werden auch ohne ihn Spaß haben«, brachte sie heraus.
»Dabei hat er mir eine Gondelfahrt und ein Picknick versprochen – neulich in der Oper. Sie erinnern sich doch?«
»Ich erinnere mich, und sicherlich hat er seine Mutter gebeten, dieses Versprechen für ihn einzulösen.« Die kleine Gans sollte sich nur nicht so wichtig fühlen.
»Davon war nicht die Rede. Er muss es nachholen. Ich werde ihn dazu überreden. Sie müssen mich unterstützen.« Eine Hand in einem rosa Glacéhandschuh legte sich auf Cecilias Unterarm.
»Natürlich«, presste diese heraus. Ich werde Nicolò überreden, aber dir werde ich ganz bestimmt nichts sagen. Die Versuchung, die andere über Bord zu stoßen, wurde beinahe übermächtig.
Die Gondelfahrt und das Picknick hatten für Cecilia danach viel von ihrem Reiz verloren. Alles war wunderbar: die Sonne schien, die Gondeln hatten in einer malerischen Bucht angelegt, der Picknickplatz lag idyllisch in einem Waldstück, die Speisen waren köstlich, aber die ganze Zeit kreisten ihre Gedanken darum, ob Nicolò dies vielleicht gern mit Lucrezia genossen hätte. Und als würde die ihre
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