Palzki ermittelt: 30 Rätsel-Krimis (German Edition)
sie bei passender Gelegenheit zu ihrem Bruder in die Badewanne
setzen wollte, erfuhr ich erst bei einer späteren Verhandlungsrunde. Paul konterte
mit dem Wunsch nach einem kleinen Hund, höchstens so schwer wie er selbst. Sodass
er noch bequem auf ihm reiten und Melanie jagen könne.
Das Problem,
oder vielmehr eines der Probleme, war, dass ich dem Wunsch nach Haustieren nicht
unbedingt positiv gegenüberstand.
»Wer kommt
für Fütterung und die Reinigung auf? Wer geht Gassi?«
»Spinnst
du, Papa?«, konterte meine schlagfertige Tochter. »Ich gehe doch mit meinen Piranhas
nicht Gassi.«
Wenn dieses
Argument von meiner Frau gekommen wäre, dann hätte es alle anderen Bedenken gleich
mit vom Tisch gefegt. Doch meinen Kindern gegenüber hatte ich hoffentlich noch eine
gewisse Portion Restautorität. Zumindest im Ansatz.
»Und wer
reinigt das Aquarium oder badet den Hund?« Auch damit kam ich nicht wirklich weiter.
»Der Hund
kann doch im Pool der Nachbarn baden«, meinte Paul. »Dann wäre er immer sauber.«
»Meine Fische
werden nicht schmutzig, die sind immer im Wasser.« Sie lächelte listig mit einem
Blick zu ihrem Bruder. »Meistens jedenfalls.«
Ich musste
meine Taktik ändern. Zuerst nahm ich mir Paul vor. »Du weißt, dass ein Hund jeden
Tag mehrmals raus an die frische Luft muss? Was machst du, wenn es regnet, schneit
oder stürmt?«
Er brauchte
nur eine Sekunde für seine Antwort. »Mama sagt doch immer, dass du zu wenig Bewegung
hast, Papa. Wenn es regnet, darfst du mit dem Hund raus. Mama ist damit bestimmt
einverstanden.«
Irgendwie
ging die Diskussion in die falsche Richtung. Ich konzentrierte mich auf Melanie.
»Ein Aquarium muss fast jeden Tag sauber gemacht werden. Weißt du, wie viel Arbeit
das ist? Außerdem muss man die Fische beschäftigen, sonst sterben sie an Langeweile.«
Ha, damit würde ich gewinnen.
»So viel
Arbeit kann das doch wohl nicht sein. Was soll in einem Aquarium schmutzig werden?
Da sind doch bloß Wasser und Fische drin, die machen keinen Abfall. Außerdem kann
ich den Piranhas abends den Fernseher einschalten, dann haben sie Abwechslung.«
»Du hast
doch überhaupt keinen Fernseher in deinem Zimmer.«
»Noch nicht.«
Sie grinste.
In diesem
Moment hatte ich den wahrscheinlich rettenden Einfall. »Ich diskutiere das Thema
mit eurer Mutter. Mal sehen, was sie dazu meint.«
Als ich am nächsten Morgen zur Arbeit
ging, dachte ich noch, einen Arbeitstag lang von Tieren verschont zu bleiben. Leider
verschätzte ich mich damit gehörig.
Kaum hatte
ich mich in meinem Büro nach einer Stunde halbwegs akklimatisiert und die wichtigsten
Zeitungen überflogen, als ich zu einem Einsatz gerufen wurde. Jeronimus Hildtenbrand
hatte in einer Entführungsgeschichte um Hilfe gebeten, ja sogar gefleht. Sein Sebastian
von Waterloo sei verschwunden.
Dazu muss
man wissen, dass der halbseidene Hildtenbrand einer der bekanntesten und gleichzeitig
berüchtigtsten Hundezüchter weit und breit war. Sein amtsbekannter Ausspruch ›Der
will doch nur spielen‹ war jedem Richter, und das waren nicht wenige, ein Gräuel.
Der Züchter wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und entwickelte sich als Heranwachsender
zu einer Persönlichkeit, die die gängige Gesetzgebung nicht allzu ernst nahm. Sein
bescheidener Reichtum, der sich in etwa linear zu der Anzahl seiner Vorstrafen vermehrte,
wäre ihm sicherlich irgendwann einmal zum Verhängnis geworden. Zu seinem Glück gewann
er in dieser als kritisch zu sehenden Lebensphase knapp zwei Millionen Euro im Lotto.
Wie so manchem anderen stieg auch Hildtenbrand der unerwartete Reichtum zu Kopf.
Eine Villa mit vier Hektar Grundbesitz sowie eine Armada an Angestellten, die sich
um Haus und Hof kümmerten, gehörten nun ihm. Dass dies langfristig nicht funktionieren
konnte, bemerkte er nicht und es interessierte ihn auch nicht. Seine Karriere als
Kleinkrimineller wurde obsolet, wegen der sich schnell ausbreitenden Langeweile
stieg er in die Luxus-Hundezucht ein.
Ein livrierter
Diener führte mich durch die Eingangshalle in eine Wohnanlage, die groß wie ein
Möbelhaus war.
Jeronimus
Hildtenbrand, wie gewohnt im ballonseidenen Jogginganzug, kam mir mit tränenüberflutetem
Gesicht entgegen. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind, Herr Palzki. Wollen
Sie Platz nehmen und etwas trinken? Vielleicht einen Martini?« Er zeigte auf eine
Ledercouch, die mit Hundehaaren in allen Farben übersät war. Ich verneinte und verkniff
mir den Spruch mit dem
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