Pamiu Liebling der Goetter
halbe Stunde Fußweg vom Palast entfernt, und er hatte sie seit gut zwei Jahren nicht mehr gesehen. Auf dem Weg dorthin dachte er an das letzte Treffen mit seinen Eltern. Seine Mutter hatte ihn steif und unbeholfen in die Arme genommen, und er war nicht in der Lage gewesen, diese Umarmung zu erwidern. Er hatte keinerlei Gefühle für die Frau, die ihm das Leben gegeben hatte. Seinen Vater zu berühren wäre Pamiu nicht im Traum eingefallen. Er hatte wie in alten Zeiten vor ihm gestanden und an ihm hinabgeblickt. „Die Götter gaben mir einen Sohn, der ebenso eine Tochter hätte sein können“ war sein abschließendes Urteil, dann hatte er sich umgedreht und war gegangen.
Als Pamiu jetzt das Anwesen seiner Eltern erreichte, vernahm er Stimmengewirr und lautes Lachen aus dem Garten des Hauses. Überall waren Fackeln entzündet, und Gäste gingen ein und aus. Sie haben mich nicht eingeladen, fuhr ihm durch den Kopf. Doch er lud sie ja ebenfalls nicht auf seine Feste ein. Trotzdem spürte er den alten Schmerz in sich aufkommen und lehnte sich an die Außenmauer. Er brauchte nur um die Ecke zu gehen, dem Diener, der die Gäste begrüßte, sagen, dass er der Sohn der Familie sei, und er wäre anstandslos eingelassen worden. Doch wohin hätte er gehen sollen, mit wem sich unterhalten. Seine Mutter würde nicht mit offenen Armen auf ihn zulaufen, und sein Vater würde ihn nicht voller Stolz seinen Freunden vorstellen. Seine Schwester war ein Schatten der Vergangenheit, verblasst wie ein alter Traum. Er wandte sich vom Haus ab, um zurück zum Palast zu gehen, der nun sein Zuhause war. Er dachte an Neferiabet, wie sie Nitokris mit einem Honigkuchen zu locken versuchte, und sein Herz wurde etwas leichter und wärmer. Auf dem gesamten Rückweg dachte er an sie, bis er die letzten Stunden fast vergessen hatte.
Hetepheres erwachte vom Lärm der Diener und vom Klagen der Frauen. Sie stand langsam von ihrem Bett auf und warf einen Blick in ihren Kupferspiegel. Sie war alt geworden. Jetzt sah man es nicht nur in ihrem Gesicht, sondern sie fühlte auch, dass ihr Körper die Kraft verlor. Sie wartete auf das Erscheinen ihrer Dienerin, die ihr die Nachricht vom Tod ihres zweiten Sohnes überbringen würde. Kerzengerade saß sie auf ihrem Ruhebett, während sie dem immer lauter werdenden Klagen und Rufen lauschte. Sie hielt sich die Ohren zu, doch der Lärm hämmerte weiter in ihrem Kopf. Zu ihrer Überraschung war es nicht die Dienerin, die ihre Gemächer betrat, sondern der Pharao. Sie fragte sich, weshalb er in seiner Trauer immer noch so gut aussah, während mit der Lebenskraft ihrer Söhne auch die ihre aus ihrem Körper zu schwinden schien.
Der König trug einen schlichten Schurz und einen breiten Halskragen, denselben Wesech, den er getragen hatte, als sie ihn zum ersten Mal getroffen hatte, damals ... Sie rief sich zur Ordnung und vertrieb die sentimentalen Gefühle aus ihrem Herzen. Snofru blieb vor ihr stehen und blickte sie an. Er hatte nicht geweint wie bei Nefermaat, nicht geweint wie bei Tahemet, fuhr es ihr mit schmerzlicher Erkenntnis durch den Kopf – und er würde auch nicht weinen, wenn sie tot wäre, was sollte also das Mitleid?
„Unser Sohn ist tot – ermordet.“ Die Stimme des Königs klang unerwartet alt.
„Und was willst du jetzt von mir – nach so langer Zeit, in der du meinen Gemächern ferngeblieben bist?“
Er streckte ihr die Hand entgegen. „Ich will mit dir um ihn trauern.“
Hetepheres wandte den Blick ab. „Ich habe dir nichts mehr zu geben, mein Gemahl. Du hast mich geleert bis zur Neige.“
„Ich habe Fehler gemacht.“
Sie nickte. „O ja, das hast du. Und ich habe an sie gedacht in all den Jahren, in denen ich frierend vor Einsamkeit alleine auf meinem Lager lag. Jetzt sollst du selbst erfahren, was Einsamkeit bedeutet. Ich brauche dich nicht mehr.“
Snofru zog seine Hand langsam zurück. „Du willst wirklich, dass ich gehe?“
„Ja, ich will, dass du gehst.“
Der Pharao senkte den Blick und wandte sich zum Gehen. Als die Tür sich hinter ihm schloss, schossen der Großen Königlichen Gemahlin Tränen in die Augen. Sie streckte ihre Hand der Tür entgegen, doch sie blieb geschlossen.
Khufu holte weit aus und warf den Speer über seinen Kopf hinweg auf die Zielscheibe. Er traf wie meistens genau die Mitte und zeigte ein zufriedenes Lächeln über sein Ergebnis. Das, was Pamiu an Geschicklichkeit besaß, glich der Prinz an Kraft aus. Er wandte sich zu seinem Freund
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