Pamiu Liebling der Goetter
um. „Hast du das gesehen? Ich könnte jeden verfluchten Libyer durchbohren.“
Pamiu hatte sich hinter ihm an einen Zaun des Platzes gelehnt. Er kannte das gockelhafte Getue seines Freundes schon. Der Prinz war stolz auf seine soldatischen Fähigkeiten und konnte das nicht oft genug erwähnen. Der Übungsplatz der königlichen Leibgarde, auf dem auch der Prinz zu üben pflegte, lag in der sengenden Mittagshitze der Erntezeit, und Khufu lief der Schweiß über die ausgeprägten Muskeln. Pamiu mochte sich nicht bewegen. Allein der Gedanke an einen durchgeschwitzten Schurz bereitete ihm Übelkeit. Außerdem war er nicht halb so gut gelaunt wie sein Freund, der künftige Thronfolger.
„Vielleicht würdest du anders darüber denken, wenn du wüsstest, wie viel Blut in einem menschlichen Körper ist.“
Khufu drehte sich grinsend zu ihm um. „O bitte, spiel nicht schon wieder auf Rahotep an. Vergiss es einfach. Es ist geschehen, und uns steht nichts mehr im Weg. Der Thron ist mir so gut wie sicher und damit auch die Tatsache, dass du einer der mächtigsten Männer im Reich werden wirst.“
Pamiu schob seine langgliedrige Hand unter sein schwarzes, leicht gewelltes Haar, das ihm in den Nacken fiel, und wischte den Schweißfilm fort. „Ich denke, Meritates und die Große Königliche Gemahlin werden davon nicht sehr angetan sein.“
Der Prinz winkte ab und warf einen weiteren Speer auf die Zielscheibe. „Vergiss Meritates. Sie ist meine Schwester und meine Gemahlin, sie hat mir meinen ersten Sohn geboren, dafür liebe und achte ich sie. Aber ansonsten lasse ich es nicht zu, dass Weiber sich um die Belange Kemets kümmern.“
„Und Hetepheres?“
„Hetepheres wird sich wohl oder übel fügen müssen.“
Pamiu trat neben seinen Freund. „Sie hat zwei ihrer Söhne geopfert, um dir den Weg zum Thron zu ebnen. Glaubst du wirklich, dass sie sich so einfach bevormunden lassen wird?“
Khufu rammte einen dritten Speer in den Boden und stemmte die Hände in die Hüften. „Was soll das Gerede, Pamiu? Willst du den Posten als Oberster Baumeister etwa nicht?“
„Du weißt so gut wie ich, dass ich ihn will.“
„Dann hör jetzt auf, mich ständig in Frage zu stellen. Das steht dir nicht zu.“
Pamiu nickte. „Nein, mir steht es lediglich zu, dich von deiner königlichen Familie zu befreien.“
Khufu zog den Dolch aus Pamius Gurt und hielt ihn nah an dessen Kehle. „So ist es, mein Freund. Und wenn du dir darüber im Klaren bist, wird deiner Laufbahn nichts mehr im Weg stehen.“
Pamiu blieb von der Drohgebärde unbeeindruckt. „Du würdest mir nicht die Kehle durchschneiden, Prinz. Du brauchst mich.“
Khufu grinste und nahm die Klinge von seiner Kehle. „So ist es, mein Freund. Doch überspann den Bogen nicht.“ Er griff an die Schneide und reichte Pamiu den Dolch mit dem Schaft zuerst. „Du solltest dein Mordinstrument überarbeiten lassen. Es fehlt ein Stein.“
Pamiu griff nach der Klinge und starrte entsetzt auf die Stelle, an der sich der Mondstein befunden hatte. Er war sich sicher, dass er vor dem Mord an Rahotep noch an seinem Platz gewesen war. Khufu bemerkte den Blick. „Was ist denn nun schon wieder?“
„Der Mondstein – er war gestern noch da.“
„Nun, dann solltest du hoffen, dass ihn niemand findet.“
Pamiu steckte den Dolch zurück in den Gürtel. „Wer hat Rahotep heute Morgen gefunden?“
„Seine Dienerinnen, nehme ich an“, antwortete Khufu, klopfte Pamiu aber dann beruhigend auf die Schulter. „Ich werde versuchen herauszukriegen, ob irgendjemand einen Mondstein gefunden hat.“
Als nach der neunzigtägigen Trauerzeit für den Kronprinzen die Beisetzung stattfand, hatte immer noch niemand einen Mondstein gefunden. Pamiu kam zu dem Schluss, dass er ihn im Badeteich in jener Nacht verloren haben musste. Trotzdem wollte er aus Sicherheitsgründen keinen neuen Stein in den Dolch einsetzen zu lassen. Meritates war schon wieder schwanger, als sie hinter dem von Ochsenkarren gezogenen Sarkophag ihres Bruders einherschritt. Man sah zwar noch nicht viel, aber ihre Hüften waren runder geworden. Hetepheres ließ sich in einer Sänfte tragen. Die Große Königliche Gemahlin hatte sich seit dem Tod ihres zweiten Sohnes nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Der Pharao schien um Jahre gealtert zu sein, wie er in seinem golddurchwirkten Zeremoniengewand mit den Priestern vor dem Sarg ging. Seine Augen waren dunkel geschminkt, um die Ringe darunter zu verbergen, doch die
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