Pamiu Liebling der Goetter
Stelle zu sein. Er versuchte die Gedanken zu verscheuchen, doch es gelang ihm nicht.
Neferiabet erhob sich langsam von ihrem Ruhebett und starrte auf den kleinen Blutfleck, der sich auf ihrem Laken abzeichnete. Sie schloss die Augen und kämpfte gegen den Schwindel an, den sie verspürte. Sie fühlte sich taub und leer. Die Erinnerung an die letzten Stunden kam auf grausame Weise wieder in ihr hoch – genauso wie das Gefühl, betrogen worden zu sein. Sie hatte auf Pamiu gewartet, dort in der Oase im Faijum, bis zum letzten Tag hatte sie gehofft, dass er kommen würde. Die Nacht auf der Baustelle in Gizeh hatte sie daran nicht zweifeln lassen. Aber er war nicht gekommen. Stattdessen war ihr Bruder gekommen und über sie hergefallen. Sie hatte nicht geschrien, o nein, diese Genugtuung hatte sie ihm nicht gegeben, und gerade deshalb war er besonders brutal gewesen. Sie hielt sich ihren Unterleib. Dort pochte der Schmerz, aber auch zwischen ihren Beinen brannte es – vor Scham, vor Schmerz und vor Einsamkeit. Jetzt war er fort. Er hatte sie genommen, brutal ihre Beine auseinander gezwungen, obwohl sie sich gewehrt hatte. Während sie mit geschlossenen Augen sein Keuchen vernahm und sein Mund ihre Brustwarzen hart umschloss, hatte sie an Pamiu gedacht. Dreimal hatte sie das alles ertragen müssen, bevor er wortlos aufgestanden war und ihre Gemächer verlassen hatte. Sie konnte noch immer den säuerlichen Gestank seines Atems riechen, den Schweißgeruch seiner Haut, und sie konnte den brutalen Griff seiner Hände fühlen. Sie rief mit gebrochener Stimme nach Nitokris. Sofort war die Katze bei ihr. Sie hatte sich die ganze Zeit versteckt gehalten, so als hätte sie gewusst, dass sie ihr nicht helfen konnte. Zärtlich streichelte Neferiabet das Fell des Tieres. Die Berührung des geschmeidigen Katzenkörpers tat ihr gut. Sie hielt die Tränen zurück, als sie an Pamiu dachte. Er hatte heute die höchsten Ehren erfahren, während sie die größte Schande hatte hinnehmen müssen. Mit einem Mal durchfuhr es sie wie ein Blitz.
„Bei meiner geliebten Hathor – ich könnte schwanger sein.“ Langsam griff sie nach dem verzierten Kupferspiegel, der auf einem Hocker neben ihrem Bett lag, und blickte hinein.
„Du bist eine Königin, Neferiabet. Was auch immer passiert ist, das werden sie dir nicht nehmen. Niemand wird dir mehr irgendetwas nehmen, dafür wirst du ab jetzt sorgen.“
Sie stand auf und begann sich anzukleiden und zu schminken. Sie rief keine ihrer Dienerinnen, denn selbst vor ihnen schämte sie sich. Als sie fertig war, ging sie über ihre Terrasse hinaus in den Garten. Sie brauchte Luft, sie hatte das Gefühl, in ihren Gemächern zu ersticken.
Neferiabet achtete nicht darauf, wohin sie ging, sie wollte eigentlich nur etwas Herumschlendern, doch dann sah sie Hetepheres auf ihrer Gartenterrasse sitzen. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie sich schon so weit von ihren Gemächern entfernt hatte, denn die Große Königliche Gemahlin hatte ihre Räume in einem anderen Teil des Palastes als sie. Sie spürte Hetepheres’ Blicke auf sich ruhen – die kleinen bösartigen Raubtieraugen. Mit einem Mal fühlte Neferiabet sich stark. Hatte sie selbst nicht schon erfahren, dass ihr eigener Blick ebenso verängstigen konnte wie der von Hetepheres? Sie trat auf die Terrasse der Großen Königlichen Gemahlin und verbeugte sich gerade lange genug, dass diese sie nicht bestrafen konnte, aber eben auch merken musste, wie viel Verachtung in dieser Geste lag. Zu Neferiabets Überraschung winkte Hetepheres sie heran.
„Wie ich hörte, hat mein Sohn dich heute besucht.“
Neferiabet spürte Zorn in sich aufkommen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass du mir selbst den zweifelhaften Titel einer Nebenkönigin missgönnst.“
Hetepheres kicherte. „Mein Gott, du bist ebenso dumm wie deine Mutter. Was glaubst du, wer dafür sorgte, dass es dazu kam?“
Neferiabet rang nach Fassung. „Das warst du? Aber weshalb? Worin liegt der Sinn?“
Die Augen der Großen Königlichen Gemahlin funkelten boshaft. „Ich hasse dich. Ich hasse dich ebenso wie deine Mutter, die mir einst die Liebe meines Gemahls stahl. Ich habe dich dein ganzes Leben lang dafür zahlen lassen, Neferiabet – für die Fehler deiner Mutter. Ich hätte dich gleich mit ihr beseitigen sollen.“
„Wovon redest du? Meine Mutter starb bei meiner Geburt.“
Hetepheres funkelte sie an. „Dann hat dein gefall- und machthungriger Freund es dir also
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