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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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betroffen. Ruac hatte bestens geschlafen; er gähnte und bog den Rücken durch, als er sich genüsslich streckte. Vivana beneidete ihn von Herzen.
    Sie streifte die Decke ab und betrachtete den goldenen Dunst in der Ferne und den Himmel, der immerzu aussah, als ginge gerade die Sonne unter. Sie fragte sich, wie viel Zeit während ihrer Wanderung durch die Hügel zuhause vergangen war – weniger oder mehr als hier? – und ob Tante Livia ihren Brief inzwischen bekommen hatte. Vivana wünschte, ihre Tante und die anderen Manusch wären hier. Mit ihrem Mut und ihrer unerschütterlichen Fröhlichkeit hätten sie gewiss dafür gesorgt, dass ihr diese Einöde nicht ganz so trostlos erschienen wäre.
    Ihr Vater war ebenfalls wach. Er saß mit dem Rücken an einem Felsen und löffelte Bohnen aus einer Dose. »Ich bin also nicht der Einzige, der nicht schlafen kann«, sagte er, als sie sich zu ihm setzte. Er hielt ihr die Bohnen hin. »Du auch?«
    Sie nickte, und er machte ihr eine Dose auf. »Wo ist Lucien? «
    »Schläft. Ich habe ihm gesagt, dass ich für ihn übernehme.«
    Sie stellte fest, dass sich der Alb in der Nähe des Dämons hingelegt hatte, damit er es sofort mitbekam, wenn dieser etwas Unerwartetes tat. Sein Misstrauen dem Wesen gegenüber kannte keine Grenzen.
    Vivana schlang die Bohnen herunter, obwohl sie kalt nicht gerade erstklassig schmeckten. Ihr Vater war noch mürrischer als an einem durchschnittlichen Morgen zuhause, aber davon abgesehen hielt er sich erstaunlich gut. Sie hatte Schlimmeres erwartet, schließlich stellte das Pandæmonium alles infrage, woran er sein ganzes Leben lang geglaubt hatte.

    Sie war so hungrig, dass sie noch eine zweite Dose aß. Währenddessen lichtete sich der Dunst, und sie entdeckte an der Hügelflanke, versteckt zwischen den Felsen, eine Ruine. Das Gemäuer war viel kleiner als die Bauwerke, die sie in der Ferne gesehen hatte, bestand aber anscheinend aus dem gleichen Material.
    »Ich seh mir das mal an.«
    »Nein«, sagte ihr Vater. »Du bleibst bei mir.«
    »Was soll schon passieren? Hier ist doch nichts.«
    »Das weißt du nicht. Ich komme mit.«
    »Irgendwer sollte auf den Dämon aufpassen«, gab Vivana zu bedenken.
    Mit gerunzelter Stirn blickte er zu ihrem Gefangenen. »Also gut. Aber geh nicht so weit weg.«
    Sie schob sich ein Messer hinter den Gürtel – mehr um ihn zu beruhigen und weniger in dem Glauben, dass sie es brauchen würde – und stieg den Hang hinunter. Ruac wollte mitkommen, also nahm sie den Tatzelwurm auf den Arm.
    Die Ruinen waren nicht einmal fünfzig Schritt von ihrem Lager entfernt und befanden sich auf einer natürlichen Stufe im Hang, ungefähr auf halber Höhe zwischen Talsohle und Hügelkuppe. Von Weitem konnte man die Mauern kaum von den Felsen unterscheiden. Erst als sie näher herankam, konnte sie erkennen, dass es sich vermutlich um die Überreste eines Turmes handelte. Die Grundfläche war weder eckig noch rund, sondern irgendetwas dazwischen, ein Vieleck. Das Gebäude musste einst sehr merkwürdig ausgesehen haben.
    Vivana wusste selbst nicht, warum diese Ruinen eine solche Faszination auf sie ausübten. Lucien hatte gesagt, sie seien nicht von Dämonen erbaut worden. Wenn das zutraf, mussten im Pandæmonium einst noch andere Wesen gelebt haben. Was war aus ihnen geworden? Hatten die Dämonen sie vernichtet? Das riesige Knochenfeld, das sie gestern gesehen hatten, fiel
ihr wieder ein. Allmählich gewann sie den Eindruck, dass sich in dieser Einöde vor Urzeiten eine schreckliche Katastrophe ereignet hatte.
    Die Mauern bestanden aus schwarz gemaserten Steinblöcken, die Obsidian ähnelten, und reichten ihr höchstens bis zur Hüfte. Überall lagen Quader und Pfeiler herum, zerbrochen und halb in der Erde versunken. Nur an einer Stelle war die Wand ein klein wenig höher und bildete eine gezackte Spitze.
    Sie setzte Ruac ab und betrat vorsichtig die Turmruine. Roter Staub hatte sich in Ecken und Winkeln angesammelt, winzige Dünen, hereingeweht und geformt vom Wind. Sie entdeckte keine Spuren, nichts, das auf Leben hindeutete. Das Gemäuer war schon lange verlassen.
    In einer der zahllosen Ecken stand eine Tafel, eine Art Stele, die wie ein schiefer Grabstein aus dem Boden ragte. Ein Netz aus Rissen überzog die Platte, der Zahn der Zeit hatte ihre Ecken und Kanten abgeschliffen.
    Schriftzeichen und Symbole waren darauf abgebildet.
    Die Hieroglyphen ähnelten jenen auf Luciens Brandeisen. Hatten die Erbauer der Ruinen etwa auch das

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