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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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zweistimmiges Kichern drang. »Nichts. Ich habe eine Schwäche für rührende Liebesgeschichten, das ist alles.«
    Vivana hatte noch nie gesehen, dass Lucien sich so schnell bewegte. Er sprang vor, fegte dem Dämon mit einem Tritt die Beine weg und stemmte ihm ein Knie auf die Brust, als das Geschöpf zu Boden fiel. Sein Messer lag am Hals des Wesens. »Und ich habe eine Schwäche dafür, wenn der Böse am Ende umgebracht wird. Du auch?«
    Der Dämon knurrte, aber er wehrte sich nicht.
    »Du weißt, was passiert, wenn du uns noch mal belauschst«, sagte Lucien barsch und ließ von ihm ab. »Jetzt steh auf, na los.«
    Umständlich erhob sich die Kreatur. Ihre Augen funkelten böse, bevor sie sich abwandte und weiterging.
    »War das wirklich nötig?«, fragte Vivana, als das Wesen wieder außer Hörweite war. »Er hat doch gar nichts getan.«
    »Er ist ein Dämon. Spar dir dein Mitleid für jemanden auf, der es verdient.« Lucien steckte sein Messer weg. »Jetzt komm weiter. Es ist noch ein langer Weg.«

13
Gefangene Erinnerungen
    V ivana vermochte nicht zu sagen, wie lange sie durch die Hügel wanderten. Fünf, sechs Stunden vielleicht, aber es hätten auch zwei Tage sein können. Als sie sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnte, suchte Lucien eine Stelle, wo sie rasten konnten. Unter einem überhängenden Felsen, der sie vor dem Wind und den Blicken geflügelter Wesen schützte, ließen sie sich nieder und ruhten sich aus.
    Obwohl Lucien dem Dämon befohlen hatte, stets in ihrer Nähe zu bleiben, fesselte er ihm zur Sicherheit Hände und Füße und band ihn an einem Felsen fest – nah genug bei ihrem Lager, dass sie ihn im Auge behalten konnten, aber weit genug weg, dass das Geschöpf nicht jedes ihrer Gespräche mitbekam. Die Art, wie Lucien mit ihrem Gefangenen umsprang, grenzte an Brutalität, und Vivana beschloss, mit ihm darüber zu reden, wenn sie nicht mehr so müde war. Vielleicht war es dumm, mit einer Ausgeburt des Bösen Mitgefühl zu haben, aber sie konnte nun einmal nicht anders.
    Laut Luciens Karte befand sich in der Nähe des Lagerplatzes eine Wasserstelle. Vivana und Lucien machten sich auf die Suche danach, konnten sie jedoch nicht finden – offenbar war die Karte zu ungenau oder die Quelle längst ausgetrocknet. Doch so schnell wollte Lucien nicht aufgeben. Da, wo die Quelle hätte sein müssen, grub er im Boden. In einer Tiefe von zwei Fuß stieß er schließlich auf feuchtes Erdreich.

    »Siehst du?«, sagte er triumphierend. »Ich wusste doch, dass ich mich auf meinen Riecher verlassen kann.« Mit bloßen Händen schaufelte er den Schlamm aus dem Loch.
    Skeptisch betrachtete Vivana die stinkende Brühe, die sich am Grund des Lochs sammelte. »Und du bist wirklich sicher, dass man das trinken kann?«
    »Es ist nicht gerade Tafelwasser, aber wenn wir es gut abkochen, wird es seinen Zweck erfüllen.«
    Sie schöpften die Schlammbrühe mit ihrem Topf aus der Grube, filterten sie, so gut es ging, mit einem Tuch und erhitzten sie über dem Gaskocher. Das Wasser, das sie auf diese Weise gewannen, hatte eine ungesunde Farbe und schmeckte scheußlich, und sie bekamen alle drei Bauchschmerzen davon, doch Vivana sagte sich, dass das immer noch besser war, als zu verdursten.
    Während sich ihr Vater und sie hinlegten, hielt der Alb Wache. Da er einen Körper aus Fleisch und Blut besaß, hatte er dieselben Bedürfnisse wie ein sterbliches Geschöpf – er musste essen, trinken und schlafen. Allerdings kam er mit weit weniger Schlaf als ein Mensch aus, weswegen er ihnen den Vortritt ließ. Vivana machte es sich so bequem, wie es der felsige Boden erlaubte, und ließ Ruac unter ihre Decke schlüpfen. Der Tatzelwurm schmiegte sich an sie; seine Schuppen verströmten behagliche Wärme. Wenig später fielen ihr die Augen zu.
    Der Schlaf war kurz und alles andere als erholsam. Mit schmerzenden Gliedern und pochenden Schläfen setzte sie sich auf und rieb sich das Gesicht. Lucien hatte sie darauf vorbereitet. Wenn ein Mensch schlief, verließ die Seele den Körper und zog sich in ihr Seelenhaus zurück, wo sie träumte und sich ausruhte, hatte er erklärt. Im Pandæmonium jedoch war dieser natürliche Vorgang gestört, denn die Mauern aus Licht verhinderten, dass die Seele ihre schützende Zuflucht aufsuchte.
Sie musste im Körper bleiben, konnte nicht träumen und sich folglich auch nicht erholen.
    Schattenwesen, die keine menschliche Seele besaßen, waren von alldem natürlich nicht

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