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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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nicht anders«, sagte er kalt. Er entsicherte die Waffe und trat einen Schritt näher, sodass er direkt vor ihr stand.
    Naomi ließ sich davon nicht beirren und rührte sich weiterhin nicht von der Stelle. Statt abzudrücken, packte er sie schließlich an der Schulter und schleuderte sie zur Seite. Naomi krachte gegen das Bücherregal an der Wand und fiel zu Boden.
    Dann wandte er sich Witter zu, dem es gelungen war, seinen Kopf ein wenig zu heben. Jimmy hielt die Waffe an seine Schläfe. Er hatte den Finger am Abzug. Jetzt musste er nur noch abdrücken.
    Witter schaffte es, den Kopf noch ein Stück weiter zu heben und Jimmy anzusehen. Nicht mitleidheischend oder flehend … Nein, es war der Blick eines Mannes, der ihn aufforderte: Tu es! Drück ab!
    Diesen Blick hatte Jimmy schon einmal gesehen. Damals bei seinem Vater. Alte Erinnerungen, die er verdrängt hatte, tauchten in diesem Moment wieder vor seinem geistigen Auge auf.
    Wie sein Vater ihn mit zwölf Jahren als Drogenkurier missbraucht und ihn kriminelle Geschäfte abwickeln lässt …
    Wie sein Vater ihn wegen einer Drogengeschichte an die Bullen liefert – ihn, den eigenen Sohn verrät, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen – und wie er deswegen für mehrere Jahre im Jugendknast landet …
    Wie er später die Pistole auf seinen Vater richtet, der vor ihm kniet und zu ihm hochschaut.
    Junge, ich bin stolz auf dich , sagt sein Vater da. Drück ab. Dann bist du so wie ich . Es liegt Selbstgefälligkeit in seiner Stimme. Genugtuung.
    Du wirst jetzt sterben, Vater , hört er sich sagen.
    Er ist der schwarze Engel, wie seine Kumpels ihn ehrfürchtig nennen. Mit seinem bleichen Babyface und den schulterlangen schwarzen Haaren sieht er unschuldig aus, obwohl sein Leben da schon längst ruiniert ist.
    Er zögert kurz, dann drückt er ab. Er hört den Knall, sieht, wie die Kugel durch den Schädel seines Vaters hindurch in die Wand dahinter kracht und wie Gehirnmasse auf die geblümte Tapete spritzt.
    In diesem Moment weiß er, dass sein Vater recht behalten hat.
    »Jimmy, tu das nicht!«, schrie Naomi, was ihn von einem Moment auf den anderen wieder in die Gegenwart zurückriss.
    Für den Bruchteil einer Sekunde folgte nichts als Schweigen. Dann stieß er einen lauten Schrei aus. Die Pistole in seiner Hand zitterte heftig. Er fiel auf die Knie und schaute Witter mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an – so, als wollte er ihn um Vergebung bitten.

27
    Karl Weinert drückte die Taste mit dem Cappuccino-Symbol. Die Bohnen wurden gemahlen, dann flossen Espresso und Milchschaum aus dem Auslauf des Vollautomaten in die Porzellantasse.
    Seine Parteikollegen hatten ihm dieses hochwertige Gerät zum letzten Wahlsieg mit dem augenzwinkernden Hinweis geschenkt, dass er es wie die Maschine auf Knopfdruck verstand, das gewünschte Ergebnis zu liefern. Weinert war ein richtiger Kampfhund, wenn es ums Siegen ging, und seine politischen Gegner räumte er bei Debatten schlagfertig und angriffslustig vom Spielfeld. Seit zwei Legislaturperioden war er Regierender Bürgermeister von Berlin und wollte es jetzt noch einmal wissen. Er war der festen Überzeugung, dass es keinen besseren als ihn gab, und laut den neuesten Umfragen wollten die Berliner auch dieses Mal keinen anderen.
    Weinert schaltete den LCD-Fernseher ein, der in seiner eleganten Designerküche unauffällig über dem Edelstahlkühlschrank mit Eiswürfelbereiter eingelassen war. Auf einem Berliner Lokalsender war eine aufgeregte Reporterin zu sehen, die einem Polizisten an der Absperrung zum Grundstück des Plattenbaus gerade ein Mikrofon unter die Nase hielt. Der Beamte gab keine Auskunft auf ihre Frage nach den Quarantänemaßnahmen. Daraufhin sprach sie von einer gut unterrichteten, anonymen Quelle aus der Senatsverwaltung, laut der es Befürchtungen über eine mögliche Ausbreitung des Virus in dem Plattenbau und darüber hinaus in der ganzen Stadt gab.
    Weinert knallte die Tasse wütend auf die Ablage. Kaffee schwappte über und lief an den Seiten herunter. Er hatte extra eine Nachrichtensperre bis zur Pressekonferenz verhängt. Aber es gab immer irgendwelche Lecks in der Verwaltung, durch die Informationen nach draußen sickerten. Weinert befand sich mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs, und da wollte er auf gar keinen Fall, dass eine hitzige Debatte über das Virus aufkam, die ihn möglicherweise am Ende gar den Sieg kostete. Er war ein abgebrühter Politprofi und wusste nur zu gut, dass ein Thema,

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