Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
ein kurzes Lachen aus, als ob der makabre Witz für einen Moment die Anspannung lindern könnte.
Schanz hingegen lief es eiskalt den Rücken hinunter. Doch er musste unbedingt vermeiden, dass Weinert ihm seine Nervosität anmerkte, und so versuchte er ruhig zu klingen, als er weiter nachbohrte: »Wie meinst du das?«
»Das Virus grassierte zunächst nur unter den Prostituierten in Bangkoks Rotlichtmilieu, bis es sich weiter in der Bevölkerung ausbreitete.«
Schanz nahm kurz den Telefonhörer vom Ohr.
Hatte der Ausbruch der Seuche in Bangkok etwas mit seiner Gruppe Death of a bitch! auf I Share Evil zu tun? Sein Herz begann wie wild zu pochen, und ihm wurde für einen Moment ganz schwindelig bei dem Gedanken. Er hatte schon einmal bei der I Share Evil -Gruppe seines Freundes Gustaf Gross eine schlimme Ahnung gehabt, sie aber am Ende natürlich als bloßes Hirngespinst abgetan. Doch …
12300 GEFÄLLT DAS.
So viele Freunde hatten mittlerweile den »Gefällt mir«-Button seiner eigenen I Share Evil -Gruppe gedrückt und sich über Prostituierte auf niederträchtigste Art und Weise ausgelassen, ihnen den Tod und die Pest an den Hals gewünscht. Die Zustimmung der anderen User hatte ihn in seinen Rachegelüsten bestärkt und ihm gleichzeitig ein Ventil verschafft, seine ganze Wut loszuwerden. War am Ende etwa aus seinen bösen Gedanken und denen der User grausame Wirklichkeit geworden?
»Peter, bist du noch dran?«, unterbrach die Stimme des Bürgermeisters, die leise aus dem Telefonhörer klang, seinen Gedankenfluss.
Seine Hände zitterten, als er den Hörer wieder ans Ohr hielt. »Ja.«
»Weswegen hast du mich denn überhaupt angerufen?«
»Du musst mir einen Gefallen tun.« Seine Stimme zitterte ein wenig. Er musste seine Nerven beruhigen, damit Weinert nicht misstrauisch wurde.
»Welchen denn?«
»Ich brauche von dir eine Genehmigung, in die Sperrzone fahren zu dürfen.«
»Wieso das denn?«
»Es geht um äußerst wichtige Geschäftspapiere«, log er.
»Peter, du weißt, das ist unmöglich. Ich bin nicht befugt, dir einen Passierschein ausstellen zu lassen. Das obliegt alleine dem Innenministerium –«
»Du hast die besten Kontakte, Karl«, schnitt Schanz ihm das Wort ab. »Hast du schon vergessen, wie ich dir damals, als ich noch Geschäftsführer bei dem Mobilfunkanbieter war, einen großen Gefallen damit getan habe, dass ich von den ursprünglich geplanten Standortschließungen in Berlin Abstand genommen habe? Auf diese Weise konntest du dich vor deiner Wiederwahl zum Bürgermeister als Retter von Arbeitsplätzen profilieren!« Er versuchte tatsächlich, den Regierenden Bürgermeister Berlins unter Druck zu setzen. Doch hatte er eine Wahl?
»Ja, das stimmt …«, antwortete Weinert nach einer kurzen Pause zurückhaltend. »Ich werde sehen, was ich machen kann.«
»Danke, mein Freund«, erwiderte Schanz und legte auf.
Er drehte sich zum Fenster hin und erschrak beim Anblick seines eigenen Spiegelbilds in der Scheibe. Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf: Wenn irgendein Verrückter aus dem Netzwerk auf die Idee gekommen war, als eine Art Biowaffen-Terrorist die Nutten in Bangkok anzustecken, wer hatte dann Berlin auf dem Gewissen?
52
König war mit dem Hubschrauber zurück ins Aufnahmezentrum geflogen, nachdem man den Angriff der Infizierten niedergeschlagen hatte. Seine eigenmächtige Aktion, Naomi und die anderen zu befreien, würde ihn mit Sicherheit den Job kosten, falls das herauskommen sollte. Aber der Pilot hatte ihm sein Wort gegeben, dass er dichthalten würde.
Die eigene innere Unruhe zu zeigen war eigentlich nicht Königs Art. Doch erst nachdem er eine Weile im Zelt auf und ab geschritten war, ohne dabei ein Wort zu verlieren, drehte er sich zu Naomi und den anderen um und sagte: »Ich kann meine Leute nicht da hineinschicken und ihr Leben aufs Spiel setzen!«
»Aber was ist, wenn ihre Mutter noch lebt!« Gabriela, die neben Paul stand, konnte Königs harte Haltung nicht verstehen.
»Glauben Sie mir, vielen Menschen hier geht es ähnlich. Sie wissen nicht, wie es ihren Familienangehörigen, ihren Verwandten und Freunden in der Zone geht, ob sie noch leben oder nicht. Es tut mir leid, ich kann nichts tun. Mir sind die Hände gebunden.« König drehte sich um und schloss kurz seine Augen. Wieso ging ihm das so nahe? Er wusste, dass er mit seinem Nein das Todesurteil von Naomis Mutter besiegelte, falls sie noch leben sollte. Aber genau das verlangte von ihm die professionelle
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