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Pandaglueck

Pandaglueck

Titel: Pandaglueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Berg
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Brötchen. 
     
     
    „ Wie lange war ihre 8-Wochen-Selbstzweifelphase diesmal?“, höre ich meine Mutter flüstern.
    „ Eine Woche“, sagt meine Schwester in normaler Tonlage.
    „ Das Gewitter ist noch nicht vorüber“, mischt sich nun mein Vater ein. Ich stehe in der Küche, um uns allen einen Tee zu machen. Das Haus ist jedoch so hellhörig, dass ich jedes Wort meiner Familie verstehe. Wir spielen alle, wie es früher an einem Samstagabend Brauch war, Rommé.
    „ Wie hieß der Kerl nochmal?“, fragt nun meine Mutter.
    „ Alexander“, antworten meine Schwester und mein Vater unisono. Meine Eltern haben nach wie vor Probleme damit zu verstehen, dass Alex nicht der nette Mann von nebenan ist, aber stattdessen eine gewisse Berühmtheit besitzt. Zumal die erste Reaktion meiner Mutter, nicht die Empörung über das Leid war, dass ihrer Tochter angetan wurde, sondern eine Empörung über die Verschwiegenheit darüber, dass ich überhaupt einen Freund hatte, der mir das Leid antun konnte.
    „ Ich habe noch nie einen Alexander kennengelernt, der meiner Wunschvorstellung eines Schwiegersohnes entsprochen hat“, sagt meine Mutter. „Warum weint das Mädchen diesem Kerl hinterher?“, schiebt sie nach.
    „ Mama, sie weint ihm nicht mehr nach. Geben wir ihr einfach ein bisschen Zeit. Papa du bist dran.“ Mein Vater zieht eine Karte und ich höre, wie er über das Ergebnis nicht gerade erfreut ist.
    „ Sie ist aber nicht mehr sie selbst.“ Meine Schwester und mein Vater ignorieren diesen Kommentar. Wahrscheinlich hoffen sie, das leidige Thema endlich los zu sein.
    Bin ich nicht mehr ich selbst? Eine Mutter spü rt so etwas als Erste. Hat mich die Erfahrung mit Alex zu einem anderen Menschen gemacht? Ich rühre die Teetassen alle abwechselnd um. Es hat mich verändert, ja. Aber bin ich ein anderer Mensch? Normalerweise bringen einen Erfahrungen doch weiter?
    Ich starre die Dunstabzugshaube vor mir an. Zumindest weine ich nicht mehr und flü chte immer seltener in meine kleine Traumblase. Die Erinnerung an Alex scheint langsam zu verblassen, wie auch der Schmerz. Wahrscheinlich verschwendet er keinen einzigen Gedanken an mich und plant fröhlich mit seiner Verlobten die Hochzeit. Jetzt wo sie nach ihrem mehrwöchigen Aufenthalt aus Hongkong wieder im Lande ist. Ich kann nicht glauben, dass ich den Artikel gelesen habe. Ich hätte alle Zeitschriften, die mir in die Hände gelangt sind, in einem riesigen Lagerfeuer im Wohnzimmer verbrennen sollen.
    Off enes Feuer … bloß nicht dran denken Lara! Mit viel Mühe schlucke ich den aufkommenden Kloß im Hals hinunter und tupfe provisorisch meine Augenwinkel mit den Fingern ab. Ich will auf gar keinen Fall wie eine 14-Jährige in der Küche meiner Eltern heulen.
    „ Sie ist seltsam, weil sie ihre 8-Wochen-Selbstzweifelphase nicht abgeschlossen hat“, höre ich meinen Vater sagen. Mein Vater hat eher die sensible Elternrolle übernommen. Wohingegen meine Mutter die Dominante ist. Bei Liebeskummer war mein Vater immer hilfreich gewesen, wurde ich in der Schule geärgert sprang meine Mutter ein.
    „ Warum sollte sie sich deswegen seltsam verhalten?“, fragt meine Mutter.
    „ Sie hat das Erlebte noch nicht verarbeitet. Sie war schon immer die Königin der Verdrängung.“
    „ Was redest du da wieder, Alfons?“
    „ Sie unterdrückt alle Gefühle, die mit Alex zu tun haben. Sie ignoriert die Schreie ihres Unterbewusstseins, das Antworten auf ungeklärte Sachverhalte fordert“, erläutert meine Schwester fachmännisch. Wahrscheinlich hat sie wieder einen ihrer Beziehungsratgeber gelesen.
    „ So einen Unsinn habt ihr lange nicht mehr geredet“, sagt meine Mutter. Ich kann mir bildhaft vorstellen, wie sie, ihren Mann und ihre älteste Tochter mit großen Augen ungläubig anstarrt. Meine Mutter hat es eben nicht mit unangenehmen Emotionen. Wahrscheinlich ein Grund, warum sie immer so extrem peinlich ist.
    „ Marina, ich bin mit sechs Schwestern aufgewachsen. Mit sechs jüngeren Schwestern wohl gemerkt. Meine Mutter hat mir viel beigebracht was Frauen angeht. Glaube mir, ansonsten hätte ich meine Zeit in dem Haushalt nicht überlebt.“
    Hat mein Vater etwa Recht? Unterdrü cke ich irgendetwas, weil ich es nicht verarbeiten will? Ich starre die Dunstabzugshaube noch intensiver an, in der Hoffnung sie würde gleich anfangen mir irgendwelche Zeichen zu geben. Meine Gedanken kreisen über die Erlebnisse der letzten Tage. Jedes Mal, wenn mir Alex in den Kopf poppt,

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