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Pandemonium

Pandemonium

Titel: Pandemonium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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die Panik baut sich immer weiter auf. Julian muss es auch spüren, denn er rutscht aus, stolpert und tritt mit einem lauten Platschen in eine der Wasserlachen.
    Wir erstarren beide.
    Die Schmarotzer erstarren ebenfalls. Ihre Schritte und ihre Stimmen verstummen.
    Und dann kriecht das Licht durch den Bogen: ein krabbelndes, schnüffelndes Tier, das ausgehungert über den Boden streift. Julian und ich rühren uns nicht. Er drückt einmal kurz meine Hand und lässt sie dann los. Es hat keinen Zweck mehr zu rennen. Es hat auch keinen Zweck zu kämpfen, aber vielleicht können wir wenigstens einen oder zwei Schmarotzer mit uns reißen.
    Mein Blickfeld verschwimmt plötzlich und ich erschrecke. Tränen steigen mir in die Augen und ich wische sie weg. Ich kann nichts weiter denken als: Nicht hier, nicht so, nicht unter der Erde, nicht bei den Ratten.
    Das Licht wird breiter und dehnt sich aus; ein zweiter Strahl kommt dazu. Die Schmarotzer bewegen sich jetzt langsam vorwärts, aber ich merke, wie sie sich Zeit lassen und es genießen, wie ein Jäger, der seinen Bogen die letzten Zentimeter spannt, bevor er einen Pfeil abschießt – diese letzten Augenblicke der Ruhe und Stille vor dem Töten. Ich kann den Albino spüren. Sogar in der Dunkelheit weiß ich, dass er lächelt. Meine Handflächen auf dem Messer sind nass. Julian neben mir atmet heftig.
    Nicht so. Nicht so. Mein Kopf ist jetzt voller bruchstückhafter, verzerrter Erinnerungen: der berauschende Duft von Geißblatt im Sommer; fette summende Bienen; Bäume, die sich unter dem Gewicht des Schnees beugen; Hana, die lachend vor mir herrennt, während ihre blonden Haare in einem Bogen hin- und herschwingen.
    Und was mir dann eigenartigerweise einfällt – genau in dieser Sekunde, in der ich mit absoluter Gewissheit weiß, dass ich sterben werde –, ist, dass all die Küsse, die ich je bekommen habe, hinter mir liegen. Die Deliria, der Schmerz, all die Probleme, die sie verursacht hat, alles, wofür wir gekämpft haben: Für mich ist es vorbei, von der Flut meines Lebens hinweg- und an mir vorbeigeschwemmt.
    Und dann, gerade als die Lichtstrahlen zu Lampen werden, sich riesig, blendend auf uns legen, und die Schatten dahinter sich entfalten und zu Menschen werden, ergreift mich eine verzweifelte Wut. Das Licht blendet mich und die Dunkelheit explodiert in Flecken aus schwebender Helligkeit, und als ich nach vorn stürze und blindlings mit dem Messer um mich steche, höre ich undeutliches Rufen und Brüllen und einen Schrei, der in meiner Brust aufhallt, zwischen meinen Zähnen hindurchheult wie das Echo einer metallenen Klinge.
    Alles ist Chaos: heiße Körper und Gekeuche. Ein Ellbogen trifft mich an der Brust und kräftige Arme umklammern mich und rauben mir den Atem. Ich spüre fettige Haare im Mund, einen stechenden Schmerz in der Seite, fauligen Atem im Gesicht und höre kehlige Schreie. Ich kann nicht erkennen, wie viele Schmarotzer es sind – drei? Vier? –, und ich weiß nicht, wo Julian ist. Ich schlage, ohne hinzusehen, um mich, schnappe nach Luft, und überall sind Körper – eine feste Umklammerung, keine Möglichkeit wegzurennen, keine Möglichkeit, mich loszureißen – und mein Messer mit der scharfen Klinge. Ich treffe Fleisch und Haut und dann wird mir das Messer entwunden, das Handgelenk verdreht, bis ich aufschreie.
    Riesige Hände packen meinen Hals und drücken zu, und die Luft verschwindet aus dem Tunnel und schrumpft zu einer Bleistiftspitze in meiner Lunge zusammen. Ich reiße den Mund auf, um Atem zu holen, doch es geht nicht. Über mir sehe ich eine winzige Blase aus Licht, aus Luft, die hoch über mir schwebt – ich strecke mich danach aus, kämpfe mich aus dichtem, verzehrendem Nebel hinaus –, aber in meiner Lunge ist nichts außer Schlamm und ich ertrinke.
    Ertrinke. Sterbe.
    Ganz entfernt höre ich ein winziges Trommeln, ein stetiges Tipp-Tapp ; der Regen. Dann flammen auf beiden Seiten von mir neue Lichter auf: tanzende, bewegliche Lichter, die lebhaft zucken. Feuer.
    Plötzlich zerbricht die Fessel um meinen Hals. Die Luft ist wie kaltes Wasser, das mich durchströmt und mich zum Japsen und Husten bringt. Ich sinke auf Hände und Knie, und einen verwirrenden Moment lang denke ich, das kann nicht sein – ich falle in einen Strom aus Fell, eine verschwommene Masse aus kleinen Körpern.
    Dann wird mein Kopf klar und mir wird bewusst, dass der Tunnel voller Ratten ist. Hunderte und Aberhunderte Ratten, die

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