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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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und lasse sie wissen, dass es mir gutgeht und sie sich keine Sorgen um mich machen müssen. Ich konnte mich nicht mehr bei ihnen melden, bevor ich Atlanta verlassen habe. Scott werde ich bitten, sich um drei meiner Patienten besonders zu kümmern. Ich vertraue ihm, er wird aufpassen, dass es ihnen gutgeht.«
    »Und mehr erzählst du ihnen nicht.«
    »Selbstverständlich nicht. Sie würden das alles nicht verstehen – es würde sie verwirren. Zum Teufel, ich verstehe es ja selbst nicht.«
    Eins allerdings wusste sie: In wenigen Stunden musste sie sich auf den Weg zum Zirkus Carmegue machen, und ihre Angst wuchs von Minute zu Minute.
     
    Megan erlebte Dr. Jason Gardner als warmherzigen, offenen Mann, genau wie Grady ihn beschrieben hatte.
    »Ich habe den Befund Ihres Onkels gelesen und kann Ihnen gar nichts versprechen, aber ich werde mein Bestes tun, um ihn wieder zurückzuholen«, sagte er sanft. »Ich werde Sie nie anlügen, Dr. Blair. Man hat Ihnen gesagt, wie ernst sein Zustand ist, und viele neigen dazu, Komapatienten nicht allzu große Chancen einzuräumen.«
    »Natürlich. Die meisten Patienten bleiben nicht mehr als vier Wochen in tiefem Koma. Danach sterben sie entweder, oder sie kommen in einen vegetativen Zustand. Was können wir unternehmen, um die beiden Möglichkeiten auszuschließen?«
    »Bestimmt hat Ihnen Ihr Mr Grady von den Verfahren erzählt, mit denen ich meine Patienten behandle.«
    »Haben Sie Erfolg mit Ihren Therapien?«
    »Nicht so oft, wie ich es mir wünsche. Am liebsten wäre mir, ich könnte sie alle zurückholen«, meinte er betrübt. »Es ist ein ständiger Kampf zu verhindern, dass die Heimverwaltung meine Abteilung schließt, weil die Resultate die Kosten nicht rechtfertigen. Ich kann ihnen nicht begreiflich machen, dass schon ein einziges gerettetes Menschenleben all die Gelder wert ist. Aber ich verliere nie die Hoffnung. Und ich arbeite unermüdlich und versuche alles, um die Patienten wieder ins Leben zu rufen. Sie können sicher sein, dass Phillip Blair jede Chance erhält und dass wir, meine Kollegen und ich, alle Anstrengungen unternehmen werden.«
    »Was kann ich tun? Sollte ich bei ihm sein?«
    »Nicht, solange keine Besserung eingetreten ist. Manche Patienten reagieren, andere nicht. Und letzten Endes weiß ich nicht, ob der Erfolg auf meinen Bemühungen basiert oder auf Gottes Entscheidungen. Ist das ein wissenschaftlicher Ansatz?«
    »Zumindest ein aufrichtiger. Darf ich Sie morgen wieder anrufen?«
    »Jederzeit.«
    Als sie auflegte, bewegten sie unterschiedliche Gefühle. Gardner hatte sich nicht optimistisch gezeigt, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Es war nur gut zu wissen, dass sich ein Mann, der fest daran glaubte, dass man einen komatösen Zustand aufbrechen konnte, um Phillip kümmerte. Wie Grady gesagt hatte: Gardner besaß Leidenschaft, und diese Triebfeder konnte Berge versetzen … oder Phillip vielleicht aus der Dunkelheit befreien.
    »War das Gardner?« Grady stand in der Tür zu ihrem Zimmer.
    »Ja. Horchst du immer an den Türen anderer?«
    »Ich wollte dich nur bitten, das Telefonat kurz zu halten. Von jetzt an sollte kein Anruf länger als drei Minuten dauern. Handys sind wunderbare technische Geräte, aber sie können geortet werden.«
    »Ich werde daran denken.« Sie schaute auf ihre Uhr. Kurz nach Mitternacht. Noch drei Stunden, bis sie zum Zirkus aufbrechen würden. Gütiger Himmel, war sie nervös! Sie wünschte, das alles wäre schon vorbei. Am liebsten wäre sie sofort losgefahren.
    »Willst du eine Tasse Kaffee?«, wollte Grady wissen.
    Sie lehnte ab.
    »Wie wär’s mit einem Spaziergang?«
    Sie runzelte die Stirn. »Um Mitternacht? Was hast du vor?«
    »Warten ist immer schwer.«
    Und wie gewöhnlich spürte Grady, was in ihr vorging. »Ich werde es überstehen.« Sie setzte sich an ihren Computer. »Ich kann mich beschäftigen.«
    Sie fühlte Gradys Blick, und kurz darauf schloss er die Tür.
    Ablenkung war das Motto. Nur noch drei Stunden …
Zirkus Carmegue
    Die Fahnen auf dem Rummelplatz waren ein bisschen ausgebleicht, doch die rote Schrift wirkte frech und fröhlich; es war derselbe Farbton wie die Streifen des Zeltes, das in der Mitte des Platzes stand. Es war kurz vor drei Uhr morgens, die Jahrmarktbuden waren geschlossen, und alles wirkte verlassen.
    »Edmund Gillems Wohnwagen steht auf der anderen Seite«, raunte Grady. »Er wird von einem Zirkusarbeiter namens Pierre Jacminot bewohnt, aber Harley hat ihn bestochen, damit er

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