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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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zu helfen. So rätselhaft ihr Brief auch war, so schien doch klar, dass sie sich in Gefahr befand. Yuanfen hatte ihr geholfen, also fühlte Liya sich jetzt in ihrer Schuld. Mehr als das. Außerdem drängte es sie, mit Mingan abzurechnen.
    Damit tat sich für Liya ein schier unlösbares Dilemma auf. Als Zhan Shi war es ihre Pflicht, den Sariel zu finden und zu töten. Entweder folgte sie also ihrer Aufgabe als Zhan Shi und ließ dafür ihre Freundin im Stich - oder sie versuchte, ihre Freundin zu retten, und verletzte damit ihre Pflicht als Zhan Shi.
    Biao spürte Liyas Ratlosigkeit und ihren inneren Kampf und machte leise Schmatzgeräusche. Eine Welle von Zuversicht ging plötzlich von ihm aus und übertrug sich auf Liya. Ein Gefühl der Verbundenheit. Der Freundschaft.
    »Danke, Dicker«, sagte Liya und drückte den ausgestreckten Tentakel wieder. »Dachte ich mir, dass du auch so denkst. Also, dann wollen wir mal, was?«
    Die Sonne stand schon tief im Westen und beleuchtete die Gigamitenstadt, auf die Liya und Biao jetzt zuritten und die der Trupp Stunden zuvor ebenfalls passiert hatte. Der Gedanke, ihre oberste Pflicht als Zhan Shi zu verletzen, bedrückte Liya. Allerdings nicht so sehr, wie sie angenommen hatte. Die Entscheidung für Yuanfen war eindeutig. Liya hatte durch das Karawanenleben immer nur wenige Freunde gehabt und wusste daher, wie wertvoll sie waren. Freunde gingen vor.
    Immer.
    Liya schätzte, dass sie noch etwa drei Stunden hatte, bevor die Gigamiten aktiv wurden und an die Oberfläche kamen. Sie würde Biao bis zur Erschöpfung antreiben müssen, wenn sie eine Chance haben wollten. Außerdem hatte sie in der Gigamitenstadt noch etwas vor. Sie brauchte das Wasser, das unter den Hügeln der Gigamiten lagerte.
    »Wir müssen schnell sein, Biao! Der erste Versuch muss sitzen, und dann ab durch die Mitte.«
    Sie bemühte sich, zuversichtlich zu klingen, aber jedes Mal, wenn sie daran dachte, was sie vorhatte, erinnerte sie sich an den alten Kalmarführer und seine gellenden Schreie.
    Die Ansammlung von Hügeln, durch die sie jetzt ritt, war noch um ein Vielfaches größer als damals und verdiente wirklich den Ausdruck »Stadt«. Dicht an dicht erstreckten sich die Gigamitenbauten auf einer Länge von fast zwanzig Meilen entlang der Flanken der Bergkette, deren Morgenschatten sie besser vor dem Austrocknen schützte. Bizarre Gebilde, manche klobig und gedrungen, andere wieder mit gewundenen Türmen und zarten Vorsprüngen. Kein Bau glich dem anderen. Liya glaubte nicht, dass Gigamiten intelligent genug waren, um einen Sinn für Schönheit zu entwickeln, aber irgendwie schien es für sie wichtig zu sein, sich mit ihrem Bau von den anderen abzusetzen. Dabei wusste sie, dass die Bauten unterirdisch durchaus verbunden waren. Was man überirdisch sah, war nur eine Art Tor. Liya konnte die vielen Schlupflöcher in den Bauten erkennen. Hin und wieder sah sie auch ausgebleichte Gerippe von Gigamiten und anderen Tieren. Aber von lebenden Gigamiten bislang noch keine Spur.
    Liya lavierte ihren Kalmar umsichtig zwischen den Bauten hindurch, um möglichst keinen Hügel zu beschädigen und dadurch sofort einen unterirdischen Alarm auszulösen. Biao schien jedoch selbst zu wissen, wie er sich bewegen musste. Entgegen seiner Gewohnheit setzte er geradezu behutsam einen Tentakel vor den anderen, als ginge er auf Zehenspitzen. Dabei bewegte er sich noch nicht einmal viel langsamer als sonst. Liya war stolz auf ihren Kalmar, der beinahe geräuschlos durch die Stadt der Gigamiten glitt.
    Auf diese Weise durchquerten sie innerhalb der nächsten Stunde problemlos gut ein Drittel der Stadt. Liya hatte sich entschlossen, nicht zu früh nach Wasser zu graben, um vor der bevorstehenden Flucht schon möglichst weit gekommen zu sein. Außerdem hatte sie noch keinen geeigneten Hügel entdeckt. Ihr Vater hatte ihr einmal erklärt, dass runde Hügel die besten waren, da sie relativ neu waren und die Wasserreservoirs dichter unter der Oberfläche lagerten.
    Erst eine weitere Stunde später sah sie endlich einen neuen Hügel. Die Stelle war geradezu ideal. Die Hügel standen etwas weiter auseinander, was bedeutete, dass man schneller vorankam, und das Ende der Gigamitenstadt war bereits zu erkennen. Liya zögerte nicht länger. Sie ließ Biao halten und untersuchte den Hügel. Er wirkte tatsächlich frisch, fast ebenmäßig rund und glatt, mit nur wenigen Schlupflöchern. Er würde nicht sehr viel Wasser enthalten, aber für Liya

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