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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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gleichen Schusswunden auch an ihnen. Yan und Naiyong, die Kräftigeren, waren von hinten erschossen worden. Liya sah, dass auch die Kalmare durch einen gezielten Schuss getötet worden waren. Was immer auch passiert war, es war offenbar zu schnell gegangen, als dass es irgendeine Gegenwehr gegeben hätte. Möglicherweise waren die Mörder in der Überzahl gewesen und hatten in einem Hinterhalt gelauert. Liya tippte auf Wald-Ori. Aber die wagten sich nie so tief in die Wüste hinein. Und woher sollten sie von dieser kleinen Karawane wissen?
    Rätselhaft schien Liya auch immer noch, was mit Mingan geschehen war. Möglicherweise war sie von den Wald-Ori mitgenommen worden. Aber warum? Warum Mingan? Liya las immer wieder den Brief, den Yuanfen ihr mit Biao geschickt hatte, Wort für Wort, und fragte sich, ob Yuanfen alles geahnt hatte und sie hatte warnen wollen.
    Möglicherweise war es aber auch ganz anders.
    Möglicherweise war es wie meistens erschreckend einfach und gerade deshalb undenkbar.
    Liya konnte hier nichts mehr tun. Der schwarze, ölige Qualm des Leichenfeuers war noch meilenweit zu sehen und den Gestank würde sie ihr Leben lang nicht vergessen können.
    Den Geruch des Todes immer noch in der Nase und tausend Fragen im Kopf, ritt sie mit Biao nun das breite Tal entlang, das langsam, aber stetig anstieg, auf die fernen Steinernen Köpfe zu. Dahinter, so ahnte Liya, musste das Tal liegen, von dem sie geträumt hatte. Vielleicht fand sie dort Antworten.
    Oder den Sariel. Oder beides.
    Das war nun das Einzige, was zu tun blieb. Den Sariel zu finden und sich ihrer Aufgabe als Zhan Shi würdig zu erweisen. Für Yuanfen und die anderen Mädchen.
     

Überleben
    Die Lehrträume der Sari hatten Sariel nicht auf die Gegend vorbereitet, die er gerade durchquerte. Er wusste nicht, was er im Schlaf alles gelernt hatte. Sein Wissen war keine Bibliothek, deren Bestand man nach Belieben abrufen konnte. Das Wissen war irgendwo tief in seinem Inneren versteckt wie eine unterirdische Quelle, nach der man bohren musste. Ohne konkreten Anlass blieb das Wissen verborgen, vielleicht auf ewig unentdeckt. Erst ein unmittelbares Bedürfnis förderte die geträumten Kenntnisse zutage, dann aber in einer Fülle und Präzision, die Sariel nur erahnte. Seine eigene Reaktion in der Flugmaschine hatte ihm das vor Augen geführt.
    Wie er sich aber in dieser lebensfeindlichen, kargen Welt aus Stein und Geröll verhalten sollte, verriet ihm sein erträumter Wissensspeicher nicht. Weder, wie er Wasser finden, noch, wie er ein Feuer entzünden konnte. Weder, wie er sich orientieren sollte, noch, wie er Gefahren durch wilde Tiere begegnen sollte. Er hatte keine Ahnung, welche Pflanzen genießbar und welche giftig waren. Falls er überhaupt welche fand.
    Er wusste nichts. Er war ganz allein.
    Bislang war er ruhig geblieben, was ihn selbst erstaunte. Immer noch vertraute er darauf, dass das nötige Wissen schon noch kommen würde. Eine Art Stimme, die ihm raten würde, was zu tun sei. Aber keine Idee, kein Geistesblitz, nichts als blanke Hilflosigkeit. Als auch nach der ersten kalten Nacht immer noch keine innere Stimme zu ihm sprach, verfluchte er sich, bei Abenteuerromanen oder -filmen nicht besser aufgepasst zu haben. Doch selbst wenn er gewusst hätte, wie man Feuer macht - es hätte ringsum nichts Brennbares gegeben. Nichts als Steine und Geröll. Das machte ihn wütend, wütend auf die Sari. Denn seine Lage ließ nur einen einzigen Schluss zu: Die Sari hatten ihn nur auf das Erreichen seines Ziels vorbereitet. Ein Absturz mitten auf der Strecke war nicht einkalkuliert - oder er war nach Einschätzung der Sari dann ohnehin verloren und wertlos geworden! Sariel begriff allerdings irgendwann auch, dass die Sari ihm gar keine Information über die Wildnis hatten mitgeben können, weil sie ihre Stadt noch nie verlassen hatten. Sie wussten nichts über Pangea.
    Nach der Wut kam die Angst. Nackte, lähmende Angst und die unerschütterliche Erkenntnis, dass es keine Rettung gab. Es war einfach nur das Ende. Ein lächerliches Ende. Er, Sariel, der Held. Sariel, der Superstar. Sariel, der Retter der Sari. Und jetzt doch nichts weiter als ein verzweifelter Junge, zweihundert Millionen Jahre durch die Zeit getrudelt, um in einer vollkommenen Ödnis zu verrecken.
    Der Angst folgte Panik, als ihm klar wurde, dass er sterben würde. Die einzig offene Frage war, wie. Verdursten, verhungern, erfrieren oder Sonnenstich. Vielleicht auch alles zusammen.
    Die

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