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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Wasserfälle, Schneegänse, Elchkälber, den Katalog für Jagdbedarf von Cabela, filterlose Pall-Mall-Zigaretten, starken Kaffee, Käseklöße, Ringkämpfe im Fernsehen und Bugs Bunny, den er weise nannte.
    Mitchells Mutter war eine Micmac-Indianerin gewesen, aus einem Dorf oben bei Cape Bretton in Nova Scotia. Als junge Frau hatte sie sich in einen Penobscot aus Old Town in Maine verliebt. Aus Liebe zu ihm war sie in den Süden gekommen und hatte bis zu ihrem Tod bei den Penobscot-Indianern gelebt. Ihrem ältesten Sohn Mitchell aber hatte sie vieles über die Weltsicht der Micmac-Indianer beigebracht. Seither wusste er, dass es nicht nur eine Daseinsebene gab, sondern sechs: die Welt unter der Erde, die Welt unter dem Wasser, die Erdenwelt, die Geisterwelt, die Welt über der Erde, die Welt über dem Himmel. Doch all diese Welten wurden von einer einzigen Quelle gespeist: der Großen Kraft. Mitchell glaubte, dass sich in allem, was er sah, tastete, schmeckte, roch und fühlte, diese Kraft manifestierte: Wir alle waren die Kraft. Genau wie die Bäume, die Sterne, das Moos und der Wind. Aus diesem Grund waren Birken und Fische und Wildtiere, sogar die Berge, Lebewesen wie wir.
    In der Sprache der Micmac war mein Großonkel Mitchell ein
Puoin
, ein Schamane. Mitchell war mein Babysitter und mein erster Lehrer gewesen.
    Ich für meinen Teil hatte mir das alles eher als geistiges Konzept erklärt, ähnlich wie manche Christen sich Gott erklären.
    Mitchell und mein Vater versuchten ihr Bestes, mir die Lehren der Micmac nahe zu bringen, doch bevor die eigentlichen Lektionen begonnen hätten, schlug das Schicksal zu, und ich verließ mein Zuhause für immer.
    Doch als ich noch klein war und hinter Mitchell her hopste, waren die Lektionen viel einfacher. Wir pflückten Brombeeren und Blaubeeren und sammelten Eicheln und Nüsse. Später dann durfte ich Katherine beim Ausnehmen der Fische helfen, damit ich sah, dass das Fleisch nicht wie durch Zauberhand in die Supermärkte geflogen kam. Die Gräten warfen wir nach alter Micmac-Sitte stets zurück ins Wasser, damit wir auch weiterhin Fische fingen.
    Ich durfte mich um Mitchells Gemüsegarten kümmern, den er in der Senke, nah am Forellenteich angelegt hatte. Dort lehrte er mich Pflanzen säen und pflegen, als seien sie Familienmitglieder. Was sie seiner Ansicht nach auch waren. Als ich sechs Jahre alt war, vergaß ich während einer Trockenphase einmal den Garten zu gießen. Ich hatte Mitchell noch nie so wütend erlebt; er zog so fest an seiner Zigarette, dass er sich die Lippen verbrannte.
    »Eine Pflanze ist ein Lebewesen wie du und ich, sie muss mit Respekt behandelt werden«, schimpfte er. »Heute gehst du ohne Abendessen zu Bett, damit du verstehst, was sie brauchen.«
    Ich vergaß das Gießen nie wieder.
    Im Herbst – ich war noch zu klein, um meinen Vater und Mitchell auf ihren Jagdausflügen zu begleiten – wurde Katherine meine Führerin. Jeden Abend, auch wenn ihr Terminkalender in Augusta noch so voll war, kam sie nach Hause, kochte mir Abendessen und erzählte mir Gutenachtgeschichten. Samstags unternahmen wir lange Morgenspaziergänge am Fluss. Dabei lernte ich, wie Biber ihre Dämme bauen, wie sich die Hasenpopulation im siebenjährigen Rhythmus erneuert und warum Eichhörnchen Vorräte für den Winter sammeln. Ich lernte, wie Nistkästen für Waldenten beschaffen sein müssen, damit ihre Jungen sicher vor Schnappschildkröten sind, und wo Otter im Winter am wahrscheinlichsten ihre Rutschpartien veranstalten.
    Im Oktober, als ich fünf wurde, fand ich auf einem unserer Spaziergänge ein Krähenei im Geäst einer Kiefer. Ich brachte es zu Katherine, die sich wunderte, dass das Ei den Sommer über heil geblieben war. Auf dem Heimweg fiel es mir dann aus der Hand und zerbrach, sodass das Innere auf die Steine tropfte. Ich weinte. Sie bettete mein Gesicht an ihre Brust und wiegte mich, bis ich in der warmen Herbstsonne eingeschlafen war. Wir kamen erst in der Dämmerung zurück zum Haus. Mein Vater und Mitchell erwarteten uns auf der Veranda. Als sie die Geschichte mit dem Vogelei hörten, waren sie stolz auf mich, aber nicht etwa, weil ich das Ei entdeckt hatte, sondern weil ich so traurig gewesen war, als es zerbrach.
    »Dieses Ei war ein Geschenk«, sagte mir Mitchell vor dem Einschlafen. »Die Krähe ist eine Seherin. Sie sieht vom Himmel aus Dinge, die andere nicht sehen. Sie weiß, was andere nicht wissen.«
    »Genau wie du, kleine Krähe«, sagte mein

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