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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Vater.
     
    »Und so erhielt ich meinen Namen«, sagte ich auf der Veranda leise zu mir selbst. Unten am Steg bewegte sich ein Schatten, und ich fasste mir erschrocken an den Hals. Ich war allein, deutlich sichtbar, verletzlich. Da tönte ein Pfiff aus der Dunkelheit, und Grover kam auf mich zugeschlurft.
    »Hallo, Miss Diana«, sagte er sanft.
    Ich nahm die Hand vom Hals und lächelte ihm zu. »Hi, Grover.«
    »Miss Sheila kocht gutes Essen, nicht? Mr. Jimmy hat immer gesagt, wer jagt, der muss auch essen. Miss Theresa sagt das auch, aber sie hat es von Mr. Jimmy, stimmt’s?«
    »Vermisst du Mr. Jimmy?«, fragte ich.
    »Jeden Tag«, sagte er.
    Plötzlich war es mir wichtig zu wissen, wer sich auf Dauer um ihn kümmern würde.
    »Und seine Kinder, kommen die dich mal besuchen?«
    Grover kratzte sich an der Lippe. Meine Frage hatte ihn traurig gemacht. »Die können Grover nicht leiden, vor allem Ronny, das ist Mr. Jimmys richtiger Sohn.«
    »Bist du denn nicht sein richtiger Sohn?«
    Grover schüttelte den Kopf. »Nein, Miss. Er und meine Mama waren ja nicht verheiratet und so. Grover ist kein richtiger Sohn.«
    »Hat Mr. Jimmy das gesagt?«
    »Nein, Miss.«
    »Ronny?«
    Er scharrte im Schnee und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase. »Ronny ist ja schon ewig nicht mehr hier gewesen, dann ist es doch egal, oder? Ich geh jetzt was essen. War unten am Felsen, um den Seetauchern zuzuhören, hab aber keine gehört heute. Sind wahrscheinlich alle schon in den Süden geflogen. Aber Mama hat immer gesagt, ich soll nicht so viel Zeit auf dem Felsen vertrödeln, also ess ich jetzt, solang Miss Sheila noch in der Küche ist.«
    »Ich glaube, das ist sie.« Ich gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, als er vorbeiging. »Lass es dir schmecken und schlaf gut, Grover.«
    »Sie auch, Miss.«
    Ich wartete, bis er hineingegangen war, und eilte dann zu meiner Hütte. Ich verriegelte die Tür hinter mir und schob einen der Stühle unter den Knauf. Als ich dann noch die Vorhänge zugezogen hatte, kam ich mir vor wie im Käfig.
    Ich zog mich aus und nahm das Foto von Emily und Patrick mit ins Badezimmer und stellte es auf das Waschbecken, ehe ich in die Dusche stieg. Ich ließ den Duschvorhang einen Spalt offen, damit ich sie sehen konnte.
    Ich lehnte mich gegen die Kabinenwand und drehte das Wasser so heiß, wie ich es gerade noch aushalten konnte. Der Dampf erzeugte einen Schleier zwischen mir und dem Foto, aber ich konnte noch immer ihre Augen erkennen, mandelförmig und braun, Kevins Augen.
    Ich blieb unter der Dusche, bis das Wasser allmählich abkühlte, und redete mir ein, dass es richtig gewesen war, hierher zu kommen. Es waren Dinge passiert, die ich nicht beeinflussen konnte, die aber meine Beziehung zu Kevin unmöglich machten. Hier im Wald würde ich über alles nachdenken, was passiert war, ehe wir uns begegnet waren.
    Ich hatte Kevin geliebt. In gewisser Weise liebte ich ihn noch immer. Trotzdem gründete unsere Verbindung im Grunde darauf, dass ich einer Welt entfliehen wollte, von der er keine Vorstellung hatte. Kevin hatte sich von einem Märchenprinzen in einen Kinderdieb verwandelt, und ich, die verlässliche Partnerin an seiner Seite, galt als Spinnerin. Daran würde ich so schnell nichts ändern können.
    Und die Kinder? Vor drei Wochen hatte ich sie zuletzt umarmt. Mit Tränen in den Augen gelobte ich ihnen, dass ich einen Weg finden würde, der mich zu ihnen zurückführte.
    Da drängte sich mir noch einmal das Bild des ermordeten Patterson vor Augen, eines jungen toten Familienvaters, aufgehängt in einem Baum, und ich blieb unter der Dusche, bis die Wassertropfen zu eisigen Nadeln wurden.

Achtzehnter November
    »Der Wind muss seine Stiefeltritte ausgelöscht haben, außer der Kerl schwingt sich wie Tarzan von Baum zu Baum«, stellte Griff fest.
    Cantrell sah durch den Feldstecher, um die Seilspuren am Baumstamm zu untersuchen. »Man braucht ’ne Menge Kraft, um einen Burschen von Pattersons Größe ohne Flaschenzug da raufzuziehen.«
    Ich wechselte mein Gewehr auf die andere Schulterund bemerkte, wie das blasse Sonnenlicht durch das Dach der Baumwipfel auf die schneebeladenen Äste sickerte, die ihre Last in der leichten Brise abschüttelten. Zu meiner Linken flatterten drei Weidenschneehühner auf und verschwanden keckernd zwischen zwei hohen Fichten. Ich bückte mich, um die Konsistenz des Schnees zu prüfen, fand ihn feucht und schwer, stellenweise windgepresst und harschig. Wie

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