Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Panik: Thriller (German Edition)

Panik: Thriller (German Edition)

Titel: Panik: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Gordon Smith
Vom Netzwerk:
gesagt hatte. Hoffentlich kam er trotzdem mit Cal aus. Auch Rilke war keine Fremde. War sie nie gewesen. Langsam entspannte sie sich. Ihre Hände bewegten sich auf Rilke zu.
    » Vertraust du mir?«, fragte Rilke. Daisy kaute auf ihrer Lippe herum. Schließlich nickte sie. Rilkes Lächeln wurde breiter, und sie entblößte eine Reihe perfekter kleiner Zähne. » Dann nimm meine Hände.«
    Diesmal zögerte Daisy nicht. Sie verschränkte die Finger mit Rilkes, deren Haut kalt wie Marmor war. Rilke hielt sie fest– aber nicht so fest, dass es wehgetan hätte. Die Berührung fühlte sich gut an. Daisy lächelte und wusste gar nicht mehr, weshalb sie sich Sorgen gemacht hatte.
    » Daisy, du bist etwas ganz Besonderes«, sagte Rilke. Ihre Stimme war kaum lauter als das Knistern der Kerzen. » Du bist zu erstaunlichen Dingen fähig. Wir alle sind das. Vielleicht jetzt noch nicht, aber bald. Ich glaube, dass wir alle eine Gabe haben.«
    » Was für eine Gabe?«, fragte Daisy. Die Eiswürfel konnte sie nicht damit meinen. Manchmal jagten sie ihr Angst ein oder machten sie traurig, und dann konnte sie gut darauf verzichten. Rilke drückte ihre Hände.
    » Denk doch mal nach, Daisy. Warum ist die ganze Welt gegen uns? Warum wollen uns alle umbringen?«
    » Weil sie uns hassen, nehme ich an«, sagte Daisy und zuckte mit den Schultern. Rilke schüttelte den Kopf.
    » Denk nach, Daisy. Warum hassen sie uns? Warum verhalten sie sich so?«
    Daisy runzelte die Stirn. Konnte Rilke ihr das nicht einfach verraten? Sie hasste Fragen, auf die sie keine Antwort hatte. » Weil sie Angst vor uns haben«, sagte sie ganz plötzlich.
    Rilke nickte zufrieden, und Daisy spürte Erleichterung in sich aufsteigen. Das klang einleuchtend. Wenn die Leute so richtig Angst hatten, machten sie manchmal ziemlich dumme Sachen. Aber sie fingen doch nicht gleich an, den anderen die Arme und Beine abzureißen. Oder den Kopf. Sie…
    Nein, wirklich nicht?, fragte Rilke und unterbrach ihre Gedanken. Daisy wusste nicht, ob sie es überhaupt laut ausgesprochen hatte. » Das ist in der Geschichte der Menschheit immer wieder passiert. Es gibt immer andere, die mehr als nur Menschen sind. Die Leute haben Angst vor ihnen und bringen sie um. Vielleicht sollen sie ja auch Angst vor uns haben? Vielleicht haben sie allen Grund, Angst vor uns zu haben.«
    » Aber warum?«, fragte Daisy und versuchte sich zu befreien. Rilke lockerte ihren Griff, ließ aber nicht los.
    » Ist schon gut. Ich tu dir nichts. Ich könnte dir nie etwas antun. Verstehst du denn nicht? Erinnerst du dich nicht an das Gefühl von gestern?«
    Schon beim Gedanken daran wurde es Daisy ganz anders. Eine Woge der Traurigkeit hatte sie draußen am Strand überrollt. Nein, eigentlich war es keine Traurigkeit gewesen. Viel schlimmer. Als ob alle Gefühle weggespült worden wären und nichts zurückblieb. Sie konnte es nicht so recht erklären– es war, wie in einem endlosen dunklen Raum zu stehen und zu wissen, dass man ganz allein im Universum war.
    » Das war ein Zeichen«, sagte Rilke. » Ein Zeichen dafür, dass sich alles ändern wird.«
    » Aber warum?«, fragte Daisy und spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. » Viele Menschen werden dabei leiden müssen, und das will ich nicht. Die Menschen sind doch nett.«
    » Wirklich, Daisy?«, sagte Rilke. » Denk noch mal drüber nach. Streng dich an.«
    Das tat Daisy auch– ob sie wollte oder nicht. Sie dachte an die vielen Male, bei denen man sie gehänselt hatte. Wie man sie an ihrer alten Schule wegen des Hautausschlags auf den Armen ausgelacht und beschimpft hatte. Sie dachte an den kleinen Jungen aus ihrer Stadt, der von dem bösen Mann ermordet worden war, der die Prospekte ausgetragen hatte. Seine Leiche war niemals gefunden worden. Sie dachte an all die Aufstände im Fernsehen, bei denen sich die Leute gegenseitig für Sachen erschlugen, die sie gar nicht brauchten. Sie dachte an ihre Mutter, an die gemeinen Dinge, die sie gesagt hatte, als der Krebs richtig schlimm geworden war. Eine weitere Erinnerung tauchte auf. Sie gehörte Rilke: ein Mann mit groben Fingern und langen, schmutzigen Nägeln und einem Atem, der nach Kaffee und Alkohol roch. Sein großes Gesicht war direkt vor ihr. Daisy zuckte zusammen und verscheuchte die Gedanken. Sie ertrug es nicht länger, den Hass und die Angst und die Verwirrung der anderen Menschen im Kopf zu haben. Lasst mich in Ruhe!, hätte sie am liebsten geschrien.
    » Nein«, sagte sie stattdessen mit brüchiger

Weitere Kostenlose Bücher