Panik: Thriller (German Edition)
verreckt«, sagte Lisa. » Außerdem gibt’s hier bestimmt Vampire und so. Hier soll’s doch spuken, oder?«
» Hier spukt’s nicht«, sagte Brick. Er kam sich vor, als müsste er ein quengelndes Kind beruhigen. » Und hier gibt’s weder Vampire noch tote Hunde.«
» Killervampire«, sagte sie, als sie die Aua-Station erreichten. » Da wett ich. Lass uns wieder fahren, Brick. Hemsby ist doch hier gleich in der Nähe, oder? Komm, wir kaufen uns Zuckerwatte und spielen an den Automaten. Brick?«
» Ich hasse Hemsby«, sagte er. » Da ist es viel zu laut. Da kann man nicht in Ruhe denken. Außerdem hängen da nur Prolls rum. Nichts für ungut.«
» Schnauze«, sagte sie. Auf der Plaza herrschte Totenstille. Das Riesenrad ragte über ihnen auf, dahinter faulten die Holzbohlen der Achterbahn vor sich hin. Ein paar Möwen saßen auf der obersten Spitze. Stumm putzten sie sich mit ihren gelben Schnäbeln das Gefieder. Der Boden war fast vollständig von uraltem Müll überzogen– vergilbte Zeitungen, leere Getränkedosen, die schon vor Jahren ihre Farbe verloren hatten, Plastiktüten– und drüben, beim Haupteingang, waren rostende Autoscooter übereinandergestapelt wie Autowracks auf einem Schrottplatz.
» Gottverdammt, Brick, du weißt wirklich, wie man eine Lady beeindruckt.«
» Du bist keine Lady«, sagte er.
» Hey!« Sie wollte ihm auf den Kopf schlagen, aber er wich ihr aus und lief rückwärts, als sie ihn verfolgte. » Brick Thomas! Halt gefälligst still, wenn ich dich bestrafen will.«
Wieder ging sie auf ihn los. Als er sich diesmal wegduckte, lachte sie. Er rannte nach links, vorbei an einer vernagelten Bude mit einem großen Plastikhotdog darauf und auf das größte Gebäude des Vergnügungsparks zu– einen gedrungenen, hässlichen, kastenförmigen Bau ungefähr von der Größe der Sporthalle seiner ehemaligen Schule. Die türkisfarbene Plastikverkleidung auf dem Dach sollte wohl Wellen darstellen. Ein paar der drei Meter hohen Buchstaben über dem Haupteingang waren heruntergefallen, sodass nur noch ein zahnlückiges PAV LLO zu lesen war. Lisa holte ihn unter dem baufälligen Vordach ein, packte seinen Ellbogen und drehte ihn zu ihr herum.
» Wirst du dir wohl deine Strafe abholen?« Sie grinste, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Er schloss die Augen, öffnete den Mund und spürte, wie ihre Zunge gegen seine stieß. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten sie sich voneinander, und Brick brauchte einen Augenblick, bis er wieder wusste, wo er war. Der Kuss hatte auch gegen die Kopfschmerzen geholfen. Das unerbittliche dum-dum war jetzt so leise wie weit entfernte Wellen. Lisa trat einen Schritt zurück, und Brick sah, wie sie unter der dicken Make-up-Schicht errötete. » Aha, jetzt weiß ich, wieso du mich hierher gebracht hast«, sagte sie und grinste. » Du bist der Killervampir.«
Unwillkürlich musste er ebenfalls lächeln, obwohl er sich in ihrer Gegenwart komisch dabei vorkam.
» Hättest du wohl gerne«, sagte er, drehte sich um und ging am Gebäude entlang. Lisa lief neben ihn und nahm seine Hand.
» Kommst du echt ganz allein hierher?« fragte sie, als sie um die Ecke bogen. Der unebene Gehweg hatte Risse, die neun Löcher des Minigolfplatzes daneben waren fast völlig von Gestrüpp überwuchert. Ein großes Eichhörnchen aus Plastik, dem ein Auge fehlte, beobachtete sie aus einem Dornenbusch heraus.
» Ziemlich oft sogar«, sagte er. » Hier hab ich meine Ruhe. Sonst nirgends.«
» Hier ist’s doch voll gruslig.«
Auf dieser Seite des Pavillons befand sich ein Notausgang. Die Doppeltür wurde mit einer Kette von der Größe einer Boa Constrictor zusammengehalten. Brick packte einen der Griffe und öffnete die Tür einen Spalt weit, bis sie an die Kette stieß. Er duckte sich darunter durch und zwängte sich durch den Spalt.
» Kommt nicht infrage, Brick. Da drin ist doch alles dreckig«, sagte Lisa. Ihre Stimme wurde durch die gewaltige Stille um sie herum gedämpft. Dünne Lichtstrahlen drangen durch von einem grünen Algenteppich bedeckte Dachluken.
» Ist es nicht. Versprochen«, sagte Brick und hielt die Tür so weit wie möglich auf. Nach kurzem Zögern ging Lisa in die Hocke, zwängte sich durch den Spalt und achtete dabei sorgfältig darauf, nichts zu berühren. Schließlich stand sie im dunklen Korridor und wischte sich die Hände an der Jeans ab. Mehr als ein » Igitt« brachte sie nicht heraus.
» Ist alles ziemlich verfallen hier«,
Weitere Kostenlose Bücher