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Panik: Thriller (German Edition)

Panik: Thriller (German Edition)

Titel: Panik: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Gordon Smith
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Zimmer zu gehen und ihre Mutter zu sehen, wie sie sich in die Plastikwanne übergab, wie ihr die Haare büschelweise ausgingen und ihre Haut die Farbe von Spülwasser annahm. Sie hatte Angst davor, dies alles noch einmal durchmachen zu müssen, obwohl sie ihr gesagt hatten, die Wahrscheinlichkeit, dass es erneut in ihrem Gehirn auftauchte, wäre sehr niedrig. Daisy hatte noch vor vielen anderen Dingen Angst– schlimmeren Dingen–, aber sie hatte gelernt, nicht an sie zu denken, denn wenn man daran dachte, wurden sie vielleicht wahr.
    Sie schluckte. Ihre Kehle war wie ausgedörrt. Dann klopfte sie an.
    Wieder ein Geräusch. Schließlich eine dünne, näselnde Stimme. Daisy konnte nichts verstehen und klopfte noch mal. Ihr Ohr berührte fast die Tür. Wieder die Stimme. Rief sie ihren Namen?
    Das Herz klopfte Daisy bis zum Hals, als sie die Klinke herunterdrückte und die Tür öffnete. Dunkelheit und ein staubiger, leicht saurer Geruch strömten in den Flur. Die Vorhänge waren zugezogen– dicke, seidene Doppelvorhänge, die ihr Vater angebracht hatte, damit ihre Mutter damals, als sie richtig krank gewesen war, gut hatte schlafen können. Da drin herrschte finsterste Nacht.
    » Hallo?«, sagte sie. Der Raum schien ihre Stimme zu verschlucken.
    » Daisy?«
    Sie trat einen Schritt vor. Ihre Augen brauchten einen Augenblick, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Ihre Eltern waren nur zwei Hügel unter der Decke, ihre Oberkörper nicht mehr als schwarze Flecken auf dem Kopfende des Bettes. Irgendwie erinnerte sie dieser Anblick an zwei Grabsteine, die nebeneinander auf dem Friedhof stehen. Sie schnappte erschrocken nach Luft.
    Ihr Dad bewegte sich, beugte sich vor und ließ sich wieder zurückfallen, sodass das Kopfende gegen die Wand schlug.
    » Dad, was ist denn?«, fragte sie und ging auf das Bett zu, ohne zu atmen. Es roch nach alten Leuten– nicht alt wie ihre Eltern, sondern richtig alt.
    » Komm her«, sagte ihre Mum. Ihre Stimme war wie ein Windhauch, der Herbstlaub die Straße hinunterweht. Daisy wartete auf das » Wir müssen reden«, aber es kam nicht. Bis auf Dads Atemgeräusche war nichts zu hören. Sie ging zu der Seite des Bettes hinüber, wo ihre Mutter lag, und legte eine Hand auf das Fußende, um ihre wackligen Beine zu stützen. Wie gerne hätte sie einfach die Vorhänge– und die Fenster– aufgerissen, aber sie traute sich nicht. Sie wollte lieber nicht wissen, wer da in diesem Bett lag.
    Meine Eltern natürlich, sagte sie sich. Wer denn sonst?
    Der Wolf, sagte eine Stimme in ihrem Gehirn. Der große böse Wolf, und er hat sich als deine Mum und dein Dad verkleidet. Daisy, sieh genau hin, dann erkennst du ihn. Sieh ganz genau hin, sonst wird der Wolf dich fressen.
    Sei ruhig, rief sie ihrem Gehirn zu. Wenn sie Angst hatte, spielte es ihr manchmal Streiche. Wie um sich ihre Tapferkeit zu beweisen, setzte sie sich auf die Matratze und ließ die Hand über die Bettdecke gleiten, bis sie die Hand ihrer Mutter fand. Sie nahm sie und hielt sie fest.
    » Alles in Ordnung?«, fragte sie. Die Finger ihrer Mutter fühlten sich wie feuchte Zweige an und machten keine Anstalten, sich um die Hand ihrer Tochter zu schließen. » Was ist denn los?«
    » Nichts«, sagte ihre Mutter. Im spärlichen Licht, das vom Flur hereinfiel, waren die Gesichter ihrer Eltern kaum zu erkennen. Nur die Augen funkelten hell. Daisy glaubte, auch die gefletschten Zähne ihres Vaters sehen zu können. Er richtete sich langsam auf, dann ließ er sich wieder zurückfallen, wobei das ganze Bett zitterte. Erst jetzt kam ihr die Idee, dass sie womöglich träumte. Ihre Mutter drehte den Kopf, bis die hellen Funken ihrer Augen direkt auf sie gerichtet waren. » Komm, leg dich zu uns.«
    Nicht, sagte ihr Gehirn. Erneut brachte sie es zum Schweigen, stieg auf das Bett, kroch vorsichtig um ihre Mutter herum und legte sich in die Mitte. Dies war der sicherste Ort, den sie sich nur vorstellen konnte, hier zwischen Mum und Dad in ihrem Schlafzimmer. Hier hatte sie schon tausend Albträume überstanden. Trotzdem wollte sie die Beine nicht unter die Decke stecken.
    » Was ist denn los?«, fragte sie und sah die beiden abwechselnd an. » Bist du wieder krank?«
    Ihre Mum lag völlig reglos da. Ihr Lächeln erinnerte an das einer Porzellanpuppe. » Mir geht’s gut«, sagte sie. » Ich bin kerngesund.«
    » Kerngesund«, wiederholte ihr Dad. Daisy zuckte zusammen. Sie sah ihn an, er starrte zurück. Er lächelte auch, doch mit einem Mal glitt

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