Panik: Thriller (German Edition)
er Cals Trikot zu fassen. Er riss so fest daran, dass Cal das Gleichgewicht verlor, auf Knien dahinrutschte und sich schon fast wieder aufgerappelt hatte, als Nas in ihn hineinkrachte und sie gemeinsam zu Boden gingen. Nas rollte sich auf ihn und schlug zu. Seine Faust glitt von Cals Kiefer ab, der Schlag war nicht kräftig genug gewesen, um richtig wehzutun. Er hörte das unaufhörliche Stampfen der Füße, die Wutschreie steigerten sich zu einem grässlichen Crescendo.
Denk nach!, schrie sein Gehirn. Sein Körper bekam keine Luft mehr. Helle Punkte tanzten vor seinen Augen. Wo sie verblassten, hinterließen sie kohlschwarze Flecken. Tu was, sonst bringen sie dich um!
Er drückte den Rücken durch, spreizte die Beine und stellte die Füße fest auf den Boden. Dann schlug er mit beiden Armen Nas’ Hände beiseite und hielt sie mit seinen eigenen fest. Schließlich hob er grunzend das Becken, sodass Nas von ihm heruntergeschleudert wurde. Nach wie vor funkelte die Mordlust in seinen Augen. Cal schlug zu und traf ihn mitten im Sprung an der Kehle.
Da kam schon der Nächste auf ihn zu. Cal schubste den Schüler von sich weg, so fest er konnte, duckte sich unter einem weiteren Händepaar hinweg und konnte gerade noch verhindern, dass die Menge ihn umzingelte. Es war, als würde er durch einen Wald aus Gliedmaßen laufen: Füße wie Wurzeln, die ihn zu Fall bringen wollten, Körper wie Baumstämme, die seinen Weg blockierten.
Cal hechtete auf den letzten Sonnenstrahl zu, der noch sichtbar war, dann war er frei. Als er weiterrannte, war sein Körper wie betäubt. Er befand sich direkt vor dem Schulgebäude. Ein Fenster zerbrach, ein blutiges Gesicht schob sich durch die scharfen Splitter. Cal lief am Fahrradschuppen vorbei und über den schmalen Pfad, der am Schulgebäude entlangführte. Das Schultor war direkt vor ihm, dahinter folgte die vielbefahrene, belebte Rochester Street– der sichere Tod.
Neben ihm war ein Zaun, dahinter ein kurzes Waldstück. Die Bäume waren recht dürr und kaum als Versteck geeignet– doch blieb ihm eine andere Wahl?
Er kletterte den Zaun hinauf und dankte Gott, dass der obere Rand nicht mit Stacheldraht gesichert war. Ungeschickt stieg er darüber hinweg. Durch den Zaun sah er, wie die Menge auf den Pfad strömte und gegen den Maschendraht drückte, dass sich die Pfosten bogen. Megan war auch dabei– zumindest eine dämonische Kreatur, die einst Megan gewesen war. Ihre Hände waren zu Klauen erstarrt, die sie nach ihm ausstreckten.
Mit brennender Lunge stolperte Cal über den unebenen Boden. Irgendwie gelang es ihm weiterzurennen, sich an den Bäumen abzustoßen, bis er den Zaun erreichte, der den Wald von der Rochester Street trennte. Er kletterte hinauf, rutschte ab, versuchte es erneut und konnte sich endlich mit dem Kopf voraus darüberrollen.
Hände griffen durch den Draht, packten sein Trikot, seine Haut, rissen ihn wieder auf die Beine. Er hörte einen Motor aufheulen. Als er aufsah, schoss ein Auto quer über die Straße hinweg auf ihn zu. Die Sonne wurde von der Windschutzscheibe reflektiert, sodass er das Gesicht dahinter nur undeutlich erkennen konnte, aber es war der gleiche hasserfüllte Ausdruck, den jeder in der Menge hinter ihm zeigte, und dieser Anblick veranlasste ihn noch mehr als der zwei Tonnen schwere silberfarbene Geländewagen, zur Seite zu hüpfen.
Der Wagen krachte in den Zaun und direkt in die Menge dahinter. Cal hörte gedämpftes Knacken und sah sich um– Menschen kletterten über einen Berg aus verstümmelten Körpern, zuckenden Gliedmaßen und funkelnden Augen. Ein Mädchen kroch auf ihn zu, obwohl sein Arm nicht mehr richtig mit dem Körper verbunden war. Sie schleifte ihn hinter sich her wie ein Baby sein Spielzeug.
Cal humpelte weiter, er sah sich um, dachte fieberhaft nach. Seine Gliedmaßen waren schwer wie Blei. Weitere Leute stürmten aus dem Tesco-Supermarkt gegenüber der Schule. Autos beschleunigten in Schlangenlinien auf den Hügel zu. Eines prallte gegen eine Straßenlaterne, und der Pfosten knickte im 45-Grad-Winkel ab. Der Fahrer, ein Mann mittleren Alters, öffnete die Tür und lief strauchelnd und kreischend auf die Straße.
Das Auto. Das war seine einzige Chance.
Cal rannte auf den Mann zu, wartete, bis er nahe genug war, um einen wuchtigen Choy-Li-Fut-Tritt anzubringen. Die Stollen seiner Fußballschuhe gruben sich in das Gesicht des Mannes, die Wucht des Trittes hätte ihn beinahe einen Rückwärtssalto schlagen lassen. Cal
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