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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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großen Eiche versammelt. Als Nickel sich näherte, standen sie stramm.
    »Guten Morgen, meine Herren!« sagte der Hauptmann, »heut gilts! Die Post kömmt um 4 Uhr 40 durch den Auchenauer Wald; mein Brudersohn, der Postillon, berichtet von drei gutsituierten Fahrgästen. Meine Herren! Das vorige Mal sind leider Ausschreitungen vorgekommen, die doch im Interesse unseres Standesansehens besser vermieden werden, nicht wahr? Ich bitte also, alles unnötige Lärmen zu unterlassen. Das wird ein heißer Nachmittag! Munition nehmts mit und ein Kartenspiel für den Waldesschatten.«
    Und unter Absingung des Liedes: »Zieh hinab ins stille, stille Tal« setzten sie sich in Bewegung, in den Wald hinein.
    Die Zweige schlagen über ihnen zusammen. Es ist ein sehr dichter Wald, und man sieht nur hier und da durch die Bäume ein kleines Stückchen blauen Himmels. Viele moosige Wege laufen an Gestrüpp und Baumstrünken vorbei, auf das Räuberdorf zu. Dort ist man unterdessen nicht müßig.
    »Julchen,« sagt die Gattin des Räuberhauptmanns, »geh üben, mein Kind! Du kannst deinen Kullack noch nicht. Wenn der Herr Mellini zur Stunde kommt, wird er schelten!« Und Julchen geht üben, und durch den Frieden des stillen Dorfes perlen die süßen Töne der F-Dur-Sonatine Satz 1-4, Opus 63.
    Derweilen schafft die Frau im Haus: sie putzt die Türschlösser, sie besprengt die Topfblumen am Fenster, sie staubt die Mordwaffen ab, sie frischt die grauslichen Blutflecken auf der Schwelle ein bißchen auf, dass sie nur so blinken.
    Sie ist tätig. Eine gute Frau und Mutter! »Adelgunde,« spricht sie zur Jüngsten, »lauf einmal hinüber zu Frau Räuber Voß und frag, ob sie uns ein wenig Milch ausleihen kann! Der Milchmann ist heut ausgeblieben.« Das folgsame Kind geht durch das Dorf, den schweren irdenen Topf in Händen haltend, und seine Augen sind überall.
    Es plaudert mit den Frauen, die auf den Bänken vor ihrem Häuschen sitzen, es grüßt den alten Räubervater, der heute seinen längsten Umhängebart angelegt hat und brummelnd dankt. Und holt schließlich bei Vossens seine Milch und macht sich auf den Heimweg. Unterwegs bleibts ein bißchen vor der Schule stehen und hört zu, wie die Klassen im Chor Gedichte aufsagen. Jede Silbe ist deutlich zu hören.
»Mor-den – und – Steh-len
ist – un-se-re – Lust…«
     
    Dann hüpfts nach Hause.
    Aber nun ist Mittag, und die schwere brütende Hitze lagert über dem Walddorf. Stille. Da rascheln Schritte im sandigen Laub des Weges. Es ist der Geldbriefträger. Er will zu Mausche Maynzer & Feibisch Pollack Räuber en gros. Haben sich selbständig gemacht; ein feines Haus! Der Briefbote geht durch den niedrigen Flur zum Bureau, gleich rechter Hand. Er klopft. »Herein! In Gottes Namen!« sagt jemand. Er tritt ein. Niemand ist im Zimmer. »Hier ist«, sagt er in die leere Stube, »ein Lösegeldbrief für Herrn Pollack, genannt der edle Jude!« – Nichts. Nur die alte Küchenuhr tickt pick, pack, pick, pack… »Heda!« Dem Boten wirds unheimlich.
    Da rührt sich wer hinterm Ofen. »Mei Sohn is nischt do«, sagt eine ganz, ganz alte Stimme, verrostet und brüchig, – so alt ist sie. »Legts derweil auf’n Tisch!« –
    »Oha!« sagt der Briefträger, »persönlich soll es sein, persönlich!«
    »Nu, ich bin so gut wie persönlich«, sagt die alte Stimme wieder. »Ich bin der Vater von den edeln Juden!« –
    »Nein, nein!« Der Pflichttreue weigert sich. Persönlich muß es sein, sonst gibt er ihn nicht her.
    »Dann sagt mir wenigstens«, bittet der unsichtbare Greis, »von wemmenen er kümmt!«
    Der Beamte sagts. Von Petersen aus Hamburg.
    »Zahlt der auch einmal wieder, sieh! sieh!« brummelt die Stimme am Ofen befriedigt. »Kommt am Abend noch einmal, da werd der edle Pollack junior schon dosein!«
    Der andere stapft schwer hinaus, und wieder pickt die Küchenuhr die Stille auf, und der Alte druselt langsam wieder ein…
    Um sechs Uhr nahen die Männer. Sie haben mitgebracht: Herrn Oberlehrer Kurlbaum aus Bielefeld, Herr J. J. Steenstrop aus Stockholm, einen himmellangen blonden Schweden, und Miß Lapsley aus London W. Die Gefangenen sind gefesselt. Miß Lapsley weint. Das Dorf tobt. Die Kinder bilden Spalier und machen einen Heidenspektakel. Da dreht sich Oberlehrer Kurlbaum um und spricht vernehmlich: »Was gibt es hier zu lachen?« – Crescendo. Die Frauen nehmen den rauhen Männern Rüstzeug und Waffen ab, laben sie und heißen sie sich waschen.
    Hauptmann Kernbeißer führt die

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