Panther
Angst?«
»Ein bisschen schon«, antwortete sein Vater. »Aber vor allem wurmt es mich, dass ich deine Fußballsaison verpasse. Und vielleicht auch Lacrosse. Aber immerhin können wir da mailen.«
»Cool. Dann schicke ich dir immer die Ergebnisse.«
»Nicky – ich glaube, die große Rede kann ich mir sparen.«
»Ich soll auf sie aufpassen, meinst du das?«
»Genau.«
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Nick.
»Mach ich nicht.«
Nicks Vater holte wieder weit aus und warf die Angel aus. Im nächsten Moment blitzte an der Oberfläche etwas auf, und die Leine straffte sich. Fünf Minuten später schob der Fishing Guide das Netz unter einen kräftigen Snook, der vom sumpfigen Wasser eine dunkle Kupferfarbe hatte. Nicks Dad packte den glatten Fisch am Unterkiefer und hielt ihn hoch, damit Nick ein Foto schießen konnte.
Sein Vater strahlte. »Was glaubst du – zehn Pfund?«
»Mehr«, sagte Nick. »Mindestens zwölf.«
Am selben Abend, als seine Eltern schon schlafen gegangen waren, war Nick spät noch mal ins Internet gegangen und hatte »Irak« gegoogelt, um sich darüber zu informieren, worum es bei diesem Krieg eigentlich ging. Sieben Monate später begriff er es noch immer nicht ganz.
Die schrecklichen Massenvernichtungswaffen, die die irakische Regierung angeblich hortete, waren nirgends zu finden, aber viele der Terroristen, die amerikanische Truppen angriffen, waren, wie sich herausstellte, irakische Bürger. Nick hatte Mühe zu verstehen, warum gute Soldaten wie sein Dad von einigen der Menschen in die Luft gejagt wurden, denen sie zu helfen versuchten.
Nick war ein sanfter, ausgeglichener Junge, der nur selten die Beherrschung verlor, aber in letzter Zeit war er manchmal wütend geworden, wenn er an das dachte, was passiert war. Als er jetzt über den Parkplatz der Schule zu seiner Mutter rannte und die schrecklichste aller Nachrichten befürchtete, spürte er, wie die Wut wieder in ihm hochkochte. Vielleicht war es ja egoistisch, aber er wollte einfach seinen Vater nicht an einen Krieg verlieren, den ihm anscheinend kein Mensch erklären konnte.
Nick rannte auf seine Mutter zu und nahm sie in die Arme. Er zwinkerte heftig, um nicht weinen zu müssen, und als er sprechen wollte, brachte er fast kein Wort hervor.
»Ist ja gut, Nick«, sagte sie und klang dabei erstaunlich stark und gelassen.
»Ich hab im Krankenhaus angerufen, und sie haben gesagt, Dad ist nicht mehr da.«
»Ja, ich weiß.«
»Aber es ging ihm doch besser, habe ich gedacht! Was ist denn passiert?«, fragte Nick, und nun musste er doch weinen.
»Das fragst du ihn besser selbst.«
Seine Mutter fasste Nick an den Schultern und drehte ihn herum, sodass er zum Auto sah. Auf dem Beifahrersitz saß grinsend Hauptmann Gregory Waters und reckte den Daumen der linken Hand hoch.
Abend für Abend stellte Dr. Wendell Waxmo ein Dutzend Schalen mit Futter für streunende Katzen vor die Tür, sehr zum Ärger seiner Nachbarn, aber zur großen Freude von wilden Waschbären, Eichhörnchen und Opossums, die aus den Wäldern kamen, um sich an abgestandenem Kitekat vollzufressen.
Wendell Waxmo wohnte in einer kleinen Wohnung in einem Mietshaus, das nur fünf Blocks vom Strand von Naples entfernt lag. Wendell Waxmo ging allerdings nie an diesen herrlichen Ort, weil er sich vom Salzwasser doch nur eine Stirnhöhlenentzündung holen würde und seine Haut außerdem extrem empfindlich auf ultraviolette Strahlen reagierte. Wendell Waxmo hielt sich nach Möglichkeit in geschlossenen Räumen auf. Allerdings verbrachte er für einen Lehrer (auch wenn er nur Vertretungen machte) erstaunlich wenig Zeit damit, Bücher zu lesen oder seine Kenntnisse in Naturwissenschaften, Mathematik und Englisch aufzupolieren.
Stattdessen stopfte er sein Hirn lieber mit seichten Fernsehsendungen voll. Ganz besonders liebte er Teleshopping und Werbeprogramme. Er kaufte jeden blöden, wertlosen Mist, für den im Privatfernsehen geworben wurde – Käseröllchenschaber, Mayonnaisemixer, Ofenhandschuhe mit eingesticktem Namen, Ohrhaartrimmer, ein elektronisches Sockendeo, wiederverwendbare Zahnseide und sogar eine Taschenlampe, die drei Jahre am Stück brannte, Tag und Nacht.
Stets auf der Suche nach cleveren neuen Produkten, ging Wendell Waxmo so auf in diesem Sendersurfen, dass er alles, was es in seiner sonderbaren kleinen Welt sonst noch gab, völlig ausblendete, angefangen vom Tuba-Klingelton seines Handys bis zu den wilden Schreien der Katzen, denen hinter seinem
Weitere Kostenlose Bücher