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Panther

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Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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konstruiert, dass man sie mit der einen Hand hält und wirft, während die andere nach und nach die Schnur freigibt. Auf die Weise saust die Fliege wie eine Elritze durchs Wasser und lockt große Fische an.
    Die Chirurgen vom Militärkrankenhaus hatten Nicks Vater eine Armprothese mit einer bionischen Hand angepasst. Diese Hand, ein sogenanntes i-Limb, enthielt einen Computerchip, der von den Nerven in der verwundeten Schulter Impulse erhielt. Dadurch konnten sich alle fünf Finger der bionischen Hand unabhängig bewegen, und zwar fast so flink wie echte Finger.
    Jeden Nachmittag hatte Nicks Vater an einem Teich in der Nähe des Fußballplatzes der Truman School trainiert, mit links zu werfen. Inzwischen schaffte er es, eine Fliege gut zwanzig Meter weit zu werfen, sodass sie wie eine Gewehrkugel durch die Luft schoss.
    Was ihm dagegen Probleme bereitete, war das Rückholen der Angelschnur. Die Handprothese wurde von einem Spezialhandschuh aus Silikon geschützt, mit dem man leicht abrutschte. Außerdem war die Koordination der mechanischen Finger nicht so gut, dass sie fest zupacken konnten.
    »Das ist ja zum Auswachsen«, murmelte Nicks Vater nach einigen nervigen vergeblichen Versuchen.
    »Ach, mecker nicht rum, fang uns lieber einen Fisch«, sagte Nicks Mutter.
    Nick war es egal, ob sie etwas angelten oder nicht. Er war völlig zufrieden, wenn er seinem Vater zusehen konnte, wie er die schlanke Rute auswarf und wieder einholte und die Schnur in anmutigen Schwüngen durch die Luft flog. Die Snook-Fliege, ein weiß glitzernder Streamer, landete so leicht auf dem Wasser, dass sich die Oberfläche kaum kräuselte.
    Mehrmals biss ein Fisch an, doch Nicks Vater konnte den Haken nicht schnell genug setzen; die Reflexe seiner Handprothese waren zu langsam. Trotzdem – besser eine künstliche rechte Hand als gar keine.
    Es würden noch frustrierende Zeiten kommen, das wusste Nick, aber am Ende würde sein Vater doch gut klarkommen. Erst am Tag zuvor hatten sie im Garten einen Wurfwettbewerb veranstaltet. Nicks Mom hatte von einer Freundin, die in Naples bei der Polizei arbeitete, eine Radarpistole ausgeliehen und gemessen, dass einer von Greg Waters’ Fastballs eine Geschwindigkeit von einhundertdreißig Stundenkilometern hatte – nicht übel für einen Anfänger und Linkshänder. Nicks schnellster Wurf mit links lag bei dreiundneunzig Stundenkilometern, und dabei hatte er fast die Siamkatze der Nachbarn erwischt.
    »Du bist dran, Nicky. Ich brauch jetzt erst mal einen Kaffee.« Sein Vater trat aus dem Bug und reichte Nick die Rute.
    Nick versuchte immer wieder, einen gescheiten Wurf hinzubekommen, aber es klappte nie mit dem Timing. Der unförmige Gipsverband am rechten Arm machte die Sache nicht gerade besser, und wenn man seinen Ellbogen nicht abwinkeln konnte, war die uhrwerkähnliche Präzision, die eigentlich unverzichtbar war, wenn man die Leine freigab, einfach nicht erreichbar. Meistens lief es darauf hinaus, dass sich die Schnur so hoffnungslos verhedderte, dass es schon wieder komisch war, und so gab Nick nach zwanzig Minuten gut gelaunt die Rute wieder ab. Einen Baseball richtig zu werfen, sei tausend Mal leichter, erklärte er.
    Natürlich war es dann seine Mutter, die den ersten und einzigen Fisch dieses Vormittags fing, einen kräftigen Zehnpfünder, der ein halbes Dutzend Mal in die Luft sprang, bevor es dem Guide gelang, ihn ins Netz zu bekommen.
    »Das wird sie uns jetzt bis an unser Lebensende aufs Brot schmieren«, meinte Nicks Vater.
    Um die Mittagszeit frischte der Wind von Westen auf, und so stakte der Guide das Boot auf der windabgewandten Seite auf eine Insel namens Pavilion Key zu. Zum Lunch hatte Nicks Mom Avocadosalat und Sandwiches mit geräuchertem Putenfleisch vorbereitet, und Greg Waters erklärte, er habe noch nie so gut gegessen. Was er denn während seines Einsatzes im Irak zu essen bekommen habe, fragte Nick, und sein Vater lachte. »Es war völlig egal, was es da gab. Es schmeckte alles gleich, nämlich nach Sand.«
    Die Insel war ein wahres Vogelparadies – Fisch- und Silberreiher, Kormorane, Seeschwalben und Möwen tummelten sich dort, sogar eine kleine Schar weißer Pelikane konnten sie beobachten. Erst vergangene Woche habe er einen großen Rotfuchs gesehen, der im flachen Wasser geschwommen sei, erzählte der Guide.
    Aufmerksam suchte Nick die Küstenlinie ab. »Gibt es hier draußen auch Panther?«
    Der Guide schüttelte den Kopf. »Die halten sich meist oben in den

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