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Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See

Titel: Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schön warm, das Meer rauschte leise, und ich war schon seit dem Morgengrauen auf den Beinen. Erst musste ich mei ner Mutter in der Küche helfen, dann zur Schule gehen, dann den Abwasch machen – so war unser Tagesablauf. Aber den späten Nachmittag hatte ich oft frei. Lukian war munterer als ich; er tollte mit aufgekrempelten Hosenbeinen im Wasser herum und versuchte, irgendwelche Fischchen zu fangen. Als ich dann einmal nach oben sah, vielleicht weil ich ein Geräusch gehört hatte, da stand auf ein mal ein zweites Pferd an der Hütte. Auch das machte mich noch nicht besonders stutzig. Erst als ich die drei Menschen am Rand der Klippe erkannte, wurde ich richtig aufmerksam. Eine Frau und zwei Män ner waren es. Und so wie es den An schein hatte, stritten sie sich. Die beiden Männer gingen sich an die Jacken, es gab ein Gerangel. Die Frau stand daneben, händeringend. Und dann pas sierte es. Ja, dann. Die
beiden ließen für ei nen Mo ment voneinander ab. Große Gesten zeigten aber, dass sie sich weiter beschimpften. Verstehen konnte ich nichts, die Worte trug der Wind in die andere Richtung. Der eine Mann schlug den anderen plötzlich nieder. Der fiel rücklings zu Boden, sprang aber gleich wieder auf, ging auf sei nen Angreifer los. Die Frau warf sich dazwischen – und dann verschwand sie. Ich hörte sie schrei en – Pippin, ein entsetzlicher Schrei, der einfach abbrach. Lukian kam auf mich zugerannt und schrie ebenfalls. Als ich wieder nach oben sah, war keiner der Männer mehr zu sehen.
    Zusammen mit meinem Bruder kletterte ich die Felsen hoch, in der Hoffnung, oben jemanden zu finden, der helfen konnte.«
    »Zu der Abgestürzten sind Sie nicht gegangen?«
    »Nein, das war nicht mehr möglich. Die Flut war hereingekommen und das Wasser in dem Torbogen gestiegen. Es ist tückisch dort, sehr tückisch, denn die Felsen verursachen heftige Strömungen, und es hätte nichts genutzt, wenn Lukian oder ich dabei auch noch abgetrieben worden wären.«
    »Verstehe. Dann war Ihr Handeln vermutlich sehr sinnvoll.«
    »Ja, nur dass die Gegend eben sehr einsam ist. Es führt ein Karrenweg die Küste entlang, und zu dem eilten wir, weil ich die größte Hoffnung darauf setzte, hier ein Gefährt, einen Reiter oder Lastträger zu treffen. Wir begegneten auch einem Mann, einem Korbmacher aus dem Nachbarort, den ich kannte. Ich musste mehrmals anset zen, um ihm zu erzählen, was passiert war. Eine Bäuerin mit ihrem Karren kam dazu, zwei Netzflicker, und sie
alle machten sich sofort auf, den Leuten an der Klippe zu Hilfe zu eilen. Man ist hilfsbereit an der Küste, Pippin. Jedem kann dort etwas passieren. Lukian und mich aber schickten sie nach Hause. Und, ehrlich gesagt, war ich ganz dankbar dafür.«
    »Ein zwölfjähriges Mädchen und ein achtjähriger Junge hätten wohl auch nicht viel aus richten können. Aber nun erzählen Sie, was dieser Vorfall mit unserem Ron Cado zu tun hat.«
    »Ich hörte es am nächsten Tag. Da war der Vorfall das einzige Gespräch in unserer Gaststube. Die Frau, die von dem Felsen gestürzt war, war Mademoiselle de Lanneville. Sie war die Tochter eines Gutsherrn, eines ziemlich reichen Mannes, und entsprechend hochnäsig. Sie und ihre Familie wohnten in einem großen Landhaus, fast ein klei nes Schloss, besaßen schö ne Pferde, eine elegante Kutsche, und sie und ihre Mutter trugen immer feine Seidenkleider. Wir trafen sie eigentlich immer nur bei der kermesse und manchmal, wenn wir in die Kirche von Carnac gingen. Jedenfalls – den Sturz vom Felsen hatte sie nicht überlebt. Die Leute, die wir um Hilfe gebeten hatten, konnten nichts mehr ausrichten. Sie war mit dem Kopf auf die spit zen Steine geschlagen. Bei ihr war ihr Verlobter gewesen, Ronan Kercado. Von dem anderen Mann hatte niemand etwas gesehen.«
    »Welcher der bei den Män ner war zu Pferd ge kommen?«
    »Mademoiselle de Lannevilles Pferd stand vor der Hütte und das von Ronan Kercado, so sagte man.«
    »Weshalb wohl der andere das Boot benutzt haben musste.«

    »Ja, und das Boot war weg.«
    »Und die Leute beschuldigten den, den sie bei der Leiche vorfanden, diesen Unfall verursacht zu haben, richtig?«
    »Ja, so war es. Ich habe mich darum nicht besonders gekümmert, Pippin. Ich kannte Mademoiselle de Lanneville nur vom Sehen und Ronan Kercado nur vom Hö rensagen. Ich war ihm nie begegnet, oder wenn, dann wusste ich nicht, dass er es war. Es gab wohl noch einige offizielle Untersuchungen. Ich glaube, die lautesten Anschuldigungen

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