Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
Gefährten so sehr betrauert, weißt du. So wie ich den Tod meiner lieben Olga. Aber sie hat mir auf ihre Weise Mut ge macht. Mit ihr zu sam men fühlte ich mich stark ge nug, mein Leben neu zu ordnen. Den Zirkus zu verkaufen, das Haus in Amerika zu kaufen, meine Tochter zu bitten, es mir zu führen, das große Gehege an zulegen. Verantwortung, Pantou fle, war es, die mir half weiterzuleben. Verantwortung für ein königliches Tier.«
Und nun ist sie tot, Pippin.
Ich drückte mich fest an ihn.
»Und nun ist sie tot, ja. Aber dennoch hat sie mir etwas geschenkt, mein Kleiner. Genau wie dir und deiner Janed. Wir beide wissen schon davon, aber dei ne Freundin wird es noch entdecken müssen.«
Du weißt davon, Pippin?
Verdutzt sah ich ihn an.
Er lachte leise.
»Ich weiß, dass sie dir Größe verliehen hat. Ich glaube, sie konnte das. Sie war eine sehr weise alte Königin, und ihren Namen trug sie nicht von ungefähr. Wie war das neulich mit: ›Der Löwe ist los!‹, was?«
Uups, na ja …
»Siehst du, und mir hat sie Vertrauen geschenkt. Das Vertrauen, dass ich mit mei nem Leben noch etwas anfangen kann. Dass ich noch im mer die Kraft und den
Mut habe, etwas Neues aufzubauen. Nicht nur Kraft, Pantoufle, ich habe auch das Geld. Etwas, das man nicht unterschätzen sollte.«
Das mit dem Geld verstehe ich nicht so ganz, aber es scheint die Unterschiede zwischen schäbigem Zwischendeck und grau en rauen Decken und Erster Klasse und Samtkissen auszumachen. Wobei sich Samtkissen eben schöner anfühlen. Also, dann ist Geld wichtig, und nicht jeder hat es.
»Geld, Pan tou fle, fliegt ei nem gewöhn lich nicht zu, außer man erbt es. Man verdient es sich mit harter Arbeit, und das habe ich mein Leben lang getan. Nun ist es an der Zeit, es auszugeben. Hah!«
Gut, aber was ist mit Janed? Was hat Maha Rishmi ihr mitgegeben?
Wieder kraulte Pippin mich höchst fachmännisch, und ohne dass er etwas sagte, spürte ich wieder Janeds Schmerz und Trauer. Und dann sah ich die bernsteinfarbenen Augen der Löwin vor mir. Ach ja, natürlich.
Danke, Majestät.
»Katerchen, ich brauche noch eine Weile für mich alleine, auch wenn deine Gesellschaft sehr angenehm ist. Aber lauf zu deiner Freundin. Ich bin sicher, sie wird sich vor dem Essen noch mal hier unten einfinden und sich bestimmt über deine Gesellschaft freuen.«
Das tat sie auch. Sie hatte sich mit Wasser gewaschen – na ja, jedem das seine -, und dann durfte ich zuschauen, wie sie aus ihrer Tasche ihr Sonntagskleid holte und es anlegte. Es war ganz neu, und sie hatte inzwischen die Stickerei auf dem Mieder fertiggestellt. Drei weiße
Unterröcke zog sie an, und ich wuselte ihr dazwischen durch die Beine, weil die gestärkten Spitzen und das Leinen so nett rochen und mein Fell angenehm streiften. Sie lachte leise und zog dann den schwarzen Wollrock darüber. Auch er hatte am Saum rote und gel be Streifen und kleine Blumen und Herzen aufgestickt. Ihre ebenfalls strahlend weiße Bluse hatte weite Ärmel, darüber zog sie das schwarze, bunt bestickte Mieder. Davor band sie eine weiße Schürze mit gerüschten Rändern. Dann drehte sie sich, dass die Röcke flogen, und ein paar Frauen klatschten begeistert. Eine von ihnen half Janed dann, die Haare aufzustecken und die hohe, aus durchbrochener Spitze bestehende Haube darauf zu befestigen. Eine breite Schleife hielt sie im Nacken, aber ich durfte leider nicht mit den Enden spielen.
Hätte ich aber gerne!
So durfte ich nur gucken, aber sie war so hübsch, meine Janed. Viel, viel hübscher als Adèle mit ihren glitschigen Seidenkleidern und dem Stroh auf dem Kopf. Janeds Wangen schimmerten rosig, ihre Haare glänzten gesund, ihre Augen leuchteten, sie duftete nach Rosen und Lavendel wie ein Sommertag im Garten.
Ich spürte es in meinen Schnurrhaaren – sie war stolz auf sich. Stolz da rauf, was sie in der Küche geleistet hatte, und darauf, dass sie das Seebegräbnis für die Löwin durchgesetzt hatte.
Und ich war stolz auf meine Menschenfreundin.
Pippin wartete an der Tür, und durch die Zwischendeckpassagiere ging ein leises Raunen. Er sah sehr nobel aus, und er verbeugte sich anmutig vor Janed. Ja, er zog sogar ihre Hand an seine Nase und schnüffelte daran.
Dann reichte er ihr den Arm und geleitete sie nach oben.
Ich hinterher wie nix!
Die Kübel mit den Palmen, die den Tisch verdeckt hatten, waren fortgeräumt, ein Steward geleitete die beiden zum Tisch des Kapitäns. Der Stoffel wollte mich rüde aus
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