Papa ante Palma
Außerdem wollte ich wissen, wie die Probe gelaufen ist.«
Im Holzofen knacken die Scheite, als würde jemand im Dickicht auf Totholz treten. »Du wirst es nicht glauben, der Typ, der den Aushang gemacht hat, ist tatsächlich dieser Jaume.«
»Was, der nette Oberteufel?« Lucia legt das Buch weg, auf einmal hellwach. »Wieso ist der Bluessänger? Kann er denn singen?«
»Ja«, grummele ich. »Er hat eine essstarke espanissse Aksssent, aber er hat Leidenschaft, Wumms und einen Kühlschrank voller Bier. Er gehört eben zur seltenen Gattung der Ich-kann-alles-Männer. Sobald unser Programm steht, wollen wir mal hier im Theater spielen.«
»Schön«, flötet Lucia.
Die Art und Weise, wie sie flötet, gefällt mir nicht. Einerseits freut sie sich sicher, dass es gut gelaufen ist, aber in diesem »schön« schwingt ebenso mit, dass Jaume auf ihrer Aktraktivitätsskala noch ein paar Punkte gesammelt hat.
Ich setze mich zu ihr aufs Sofa. »Die gutaussehenden, interessanten und humorvollen Typen haben selten Kinder. Das ist mir schon oft aufgefallen. Irgendwie eigenartig. Vielleicht verhält es sich mit ihnen ja wie mit Zigaretten.«
Lucia sieht mich verwundert an.
»Ja, ganz richtig. Ich war als Junge felsenfest davon überzeugt, dass Rauchen die Menschen schön und humorvoll macht. Da auf allen Werbeplakaten nur gutaussehende, lachende Leute zu sehen waren. Jeden Morgen fuhr ich mit dem Linienbus an einem Plakat mit Zigarettenwerbung vorbei. Immer waren Typen wie Marlon Brando oder schlanke Frauen mit knallharten Brüsten darauf zu sehen. Da musste es zwangsläufig einen Zusammenhang geben. Dass es stimmte, konnte ich leicht an meiner kompletten Nachbarschaft sehen. Die rauchten alle nicht und sahen konsequenterweise auch nicht so gut aus wie die Leute auf den Plakaten.«
Lucia runzelt die Stirn.
»Als ich meine Mutter damals fragte, ob Rauchen schön mache, da lachte sie nur laut und sagte: ›Aber nein, mein Schatz! Das sind doch alles nur Schauspieler.‹ Doch so leicht war ich von meiner Entdeckung nicht abzubringen. Erst mein Onkel Wendel, den ich nach Jahren zufällig auf der Dorfkirmes traf, machte mich stutzig. Er rauchte Kette und sah aus wie eine Mischung aus Mickey Rourke und drei Kilo Mett. Da verstand ich, dass Rauchen zwar nicht schön macht, aber dass bis auf einige Ausnahmen nur schöne Menschen rauchten – was letztlich auf dasselbe hinauslief. Man wollte dazugehören.«
»Und was hat das jetzt mit Kindern zu tun?«, fragt Lucia.
»Ganz einfach: Genauso könnte es doch sein, dass man keine Kinder haben darf, will man weiterhin zu den gutaussehenden, interessanten Typen gehören. Oder anders gesagt: Während einige Väter den Kinderwagen noch in Zeitlupe durch die Fußgängerzonen und Zoos der Großstädte schieben oder stark emotionalisiert ihre Kinder wickeln, sitzt der George-Clooney-Typ schon wieder im Flieger, um sich in einem Schlauchboot die Angel Falls runterzustürzen.«
Lucia sieht mich mit großen Augen an. »Sag mal, du Thekenphilosoph, wie viel Bier hast du eigentlich getrunken?
»Mehr, als ich vertrage, aber weniger, als ich gebrauchen kann. Gute Nacht, cariño .«
Sechzehn
»Mmh, das duftet aber gut. Was hast du denn da auf dem Grill?« Lucia linst mir über die Schulter.
»Goldbrasse und Seeteufel in einer Marinade aus Rosmarin, Knoblauch und Olivenöl. Dazu gibt es einen schönen Teller piementos de padrón , eine ensalada con queso de cabra und einen blanco aus Katalonien. Es gibt was zu feiern.«
»So, was denn?«, fragt sie erstaunt und kramt allerlei Schlüssel und Handys aus der Tasche ihres Jacketts.
»Heute hat ein Vertreter des hiesigen Tourismusverbandes angerufen. Er hatte die Nummer von Magdalena, unserer Vermieterin. Ich soll ihnen eine komplette Kampagne vertonen. Spots, Messen, Präsentationen, Web, einfach alles.«
»Das ist ja großartig.« Lucia springt mir in die Arme und küsst mich so intensiv wie schon lange nicht mehr. Dann blickt sie sich erschrocken im Hof um. »Wo sind eigentlich die Kinder?«
»Ich habe sie bei Fußball-Xavier und seiner Frau Gemma geparkt. Damit wir wenigstens ein Mal in Ruhe essen können, ohne anschließende Vollreinigung. Gut, dass heißt natürlich, dass wir mit ihren Jungs auch bald mal dran sind.«
»Prima. Ich gehe schnell hoch und ziehe mich um, bin gleich wieder da, ja?«
Fünf Minuten später kommt Lucia in einem von meinen Labber-Sweatshirts, das ihr fast zu den Knien reicht, und einer alten Trainingshose wieder
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